Für 8 Prozent der Bauernschaft kommt eine außerfamiliäre Hofnachfolge „potenziell in Frage“. Bestehende Beratungsangebote gilt es zu nutzen.

Vergangene Woche lud der Verein „Perspektive Landwirtschaft“, gut zehn Jahre nach seiner Gründung, an die Universität für Bodenkultur in Wien, um dort über außerfamiliäre Hofnachfolge zu diskutieren. Ein Thema, das in der bäuerlich geprägten österreichischen Landwirtschaft durchaus Relevanz hat, wie der Leiter der Sektion Landwirtschaft im Agrarministerium, Johannes Fankhauser, eingangs erklärt: „Eine Telefonumfrage mit 1.500 Betriebsführern im Zuge unseres Strategieprozesses Vision 2028+ ergab, dass nicht einmal vier Fünftel der über fünfzigjährigen Betriebsführer ihre Nachfolge bereits geregelt haben.“ Auch eine im Jahr 2015 im Auftrag der Landjugend erstellte Studie der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen (BAB) belegt den Bedarf. Demnach sei auf jedem dritten Bauernhof im Land die Nachfolge nicht geklärt.

Quelle: Perspektive Landwirtschaft
Symposium zum zehnjährigen Bestehen der Perspektive Landwirtschaft.

„Dabei ist es keine Schande, wenn niemand aus der Familie den Hof übernehmen will“, betont der Obmann der Perspektive Landwirtschaft, Manuel Bornbaum. Der studierte Agrarwissenschafter und Betreiber einer Pilzzucht in Wien hatte 2013 gemeinsam mit Studienkollegen die Idee einer Plattform, um Neueinsteigern den Weg in die Landwirtschaft zu ebnen. „Wir wollten als weichende Erben und Quereinsteiger Landwirte werden und haben uns gefragt: Wie geht das eigentlich?“, erinnert sich Bornbaum. „Unser Ziel war es das Thema Hofnachfolge zu entstigmatisieren.“ Denn dieses sei „nach wie vor schambehaftet“. Gesagt, getan. Zunächst unter dem Namen „Netzwerk Existenzgründung Landwirtschaft“, kurze Zeit später als Perspektive Landwirtschaft, ging mit finanzieller Unterstützung der LK Österreich eine Hofbörse online. Dort können sich sowohl Betriebe, die einen Übernehmer suchen, als auch Interessierte, die gerne in Höfe einsteigen wollen, per Steckbrief vorstellen.

Fischer: „In der Wahrnehmung der Bauern war es ein Aha-Effekt, dass es junge Leute gibt, die sich für Landwirtschaft interessieren und dort ihr Geld verdienen wollen.“

„In der Wahrnehmung der Bauern war es ein Aha-Effekt, dass es zahlreiche junge Leute gibt, die sich für Landwirtschaft interessieren und dort ihr Geld verdienen wollen“, weiß Margit Fischer, die als Geschäftsführerin die operativen Geschäfte des Vereins samt vierköpfigem Büroteam leitet. Mittlerweile organisiert der Verein Infoveranstaltungen, mehrtägige Foren, Online-Stammtische und kooperiert bei Veranstaltungen unter anderem mit dem Österreichischen Kuratorium für Landtechnik und Landentwicklung. Finanziert wird all dies aus Sponsoring, LE-Projektförderungen und aus Mitgliedsbeiträgen der gut 800 Mitglieder. Für den Betrieb der Hofbörse erhält der Verein keine Unterstützungen der öffentlichen Hand.

400 Suchende im Web

Zwar habe man aufgrund begrenzter Ressourcen keine absoluten Zahlen, wie viele Höfe man tatsächlich pro Jahr vermittelt, merkt Bornbaum an. Aber von den aktuell 800 Mitgliedern seien „300 Unterstützer, 100 sind Betriebe die einen Übernehmer suchen und 400 Hofsuchende. 15 bis 30 Betriebe werden jährlich über die Plattform jedenfalls vermittelt“, berichtet der Vereinsobmann.

Das deckt sich auch gut mit den Studienergebnissen der BAB aus 2015. Die repräsentative Umfrage unter Bauern ergab damals, dass für knapp 8 Prozent eine außerfamiliäre Übergabe potenziell in Frage komme. 2 Prozent der Generationenwechsel erfolgten 2015 laut BAB bereits abseits des klassischen innerfamiliären Modells. „Ich wünsche mir dass mein Hof, der seit zig Generationen besteht, nicht mit mir ausläuft, sondern dass es weitergeht mit guten und fähigen Leuten. So oder so ähnlich haben sich Interessierte in den vergangenen Jahren an Perspektive Landwirtschaft gewandt“, erzählt Bornbaum.

Neo-Landwirte erzählen

Um den Übernehmern bei der Veranstaltung in Wien ein Gesicht zu geben und zu zeigen wie erfolgreiche außerfamiliäre Übergaben ablaufen können, berichteten drei Jungbauern über ihre Erfahrungen. Alle drei haben über die Perspektive eine neue Heimat auf einem Betrieb gefunden und in der Landwirtschaft Fuß gefasst. Die Familie Hager etwa hat bereits vor zehn Jahren als Pionier in Oberösterreich einen Hof übernommen und betreibt dort heute erfolgreich Biolandwirtschaft mit den Schwerpunkten Ackerbau, Putenmast und Mutterkuhhaltung.

Quelle: Perspektive Landwirtschaft
Außerfamiliäre Übernehmer: Sabine Gruber, Johannes Proßegger.

Hingegen neu im Geschäft ist Johannes Proßegger, der sich mit seiner Frau nun einen Bioziegenmilchbetrieb, ebenfalls in Oberösterreich sein Eigen nennt: „Bei uns ist zwischen der Anmeldung bei der Hofbörse und der Übergabe nicht einmal ein Jahr vergangen.“ Die Perspektive Landwirtschaft empfahl zwar eine Übergabephase von zwei Jahren, doch der gebürtige Tiroler war schneller: „Wir hatten großes Glück und einen umsichtigen Berater bei der Kammer.“ Nun bezahlt das Paar den Altbauern monatlich einen auf 20 Jahren festgeschriebenen Betrag, ein sogenannter „Kauf auf Zeitrente“. Damit seien auch Ansprüche der bei ihnen am Hof lebenden Tochter der Übergeber abgegolten.

Deutlich länger suchte Sabine Gruber, die sich mit Mann und Kind in Salzburg ihren Traum vom eigenen Hof erfüllen konnte. Neun Jahre lang hatte das Ehepaar Gruber Betriebe besichtigt, sowohl Übergaben als auch ein klassischer Kauf am Immobilienmarkt standen im Raum. „Gescheitert ist es letztlich immer an der Finanzierung“, so Gruber. In direkter Konkurrenz zu Großinvestoren sei es für Neueinsteiger auf diesem Wege fast unmöglich Bauer zu werden. Nach der Anmeldung bei der Hofbörse wurden aber auch Grubers rasch fündig, auf einem Grünlandbetrieb mit Milchviehhaltung und Forstwirtschaft, den sie wie bisher fortführen. „Wir haben vertraglich vereinbart, dass wir den Betrieb vorerst nicht komplett umstrukturieren.“ Familie Gruber lebt heute mit den Altbauern in zwei getrennten Wohneinheiten am Hof, auch ein Fruchtgenussrecht wurde im Vertrag festgeschrieben. „Die zwischenmenschliche Komponente muss als Erstes passen“, gibt Gruber potenziell Interessierten noch mit und ergänzt „auch die Bürokratie ist nicht ohne“.

Juristisch und steuerlich einiges zu beachten

Tatsächlich ist bei der außerfamiliären Hofübergabe einiges zu beachten. „Die Ausgangssituation ist hier von Hof zu Hof sehr verschieden. Eine Planpause die auf jeden Betrieb passt, gibt es nicht“, weiß Perspektive- Obmann Bornbaum. Als Verein pflegt man deshalb gute Beziehungen zu den bestehenden Beratungseinrichtungen „vom Sorgentelefon bis zur steuerlichen und juristischen Beratung in den Landeslandwirtschaftskammern“ und vermittelt Übergeber und Übernehmer an kompetente Personen.

Bornbaum: „Das Problem der Übergabe sollte man nicht hinausschieben bis es körperlich nicht mehr anders geht.“

Einen Abriss der komplexen juristischen Situation gab auf der Tagung Angela Dengg. Sie ist Rechtsberaterin in der LK Salzburg und führt als mögliche Übergabekonstrukte Pacht, Kauf sowie Leib- und Zeitrente an. Zu beachten sei dabei, dass sogar für Pacht bei Nicht-Landwirten eine grundverkehrsbehördliche Bewilligung einzuholen sei. Auch eine facheinschlägige Ausbildung ist Pflicht. Bei Übergaben außerhalb der Familie entfallen außerdem Vergünstigungen bei Eintragungsgebühren und Steuern. „Das zuziehen eines Steuerberaters wird dringend empfohlen“, mahnt Dengg. Um als externer Übernehmer in den begünstigten Kreis zu gelangen, bestehe außerdem die Möglichkeit sich von den Altbauern adoptieren zu lassen. „Aber Achtung, auch hier entstehen Kosten“, so die Rechtsberaterin. Auch die Frage wie potenzielle Erben abzugelten sind, müsse betriebsindividuell geklärt werden.

Faktor Zeit

In Richtung jener Landwirte die bald das Pensionsantrittsalter erreichen, hat Manuel Bornbaum einige Tipps auf Lager: „Für mich ist der wichtigste Faktor Zeit. Das ‚Problem‘ der Übergabe sollte man nicht hinausschieben bis es körperlich nicht mehr anders geht, denn dann läuten alle Alarmglocken und Stress kommt auf.“ Eine rechtzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema kann dabei niederschwellig erfolgen. Bornbaum: „Ein kostenloser Anruf bei uns genügt, wenn man sich unsicher ist wie es weitergeht.“ Perspektive Landwirtschaft will künftig übrigens den Übergabeprozess noch intensiver begleiten. Vor allem in sozialen Aspekten bestehe „noch Ausbaupotenzial.“

Und so geht’s: Um auf der Hofbörse der Perspektive Landwirtschaft einen Steckbrief schalten zu können, ist eine Vereinsmitgliedschaft erforderlich. Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt 60 Euro. Damit sind alle anfallenden Kosten abgedeckt. Als künftige Übernehmer dürfen auf der Website nur jene Personen inserieren, die entsprechende facheinschlägige Kenntnisse vorweisen können. Für Bauern als auch für Interessierte steht auf der Website des Vereins ein „Selbstcheck“ zur Verfügung.

perspektive-landwirtschaft.at

Weiterführende Informationen: Broschüre des Ökosozialen Forums, Broschüre der LJ

- Bildquellen -

  • Podiumsdiskussion: Perspektive Landwirtschaft
  • Hofnachfolger im Gespräch: Perspektive Landwirtschaft
  • Alt und Jung im Gespräch: agrarfoto.com
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AUTORClemens Wieltsch
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