Kartoffelsaatgut wird an allen Ecken und Enden gesucht, so beschreibt Michael Buxbaum, Geschäftsführer der NÖ Saatbaugenossenschaft, die Situation am Pflanzkartoffelmarkt. Der Befund gilt heuer europaweit, denn attraktive Alternativen im Anbau von Konsumkartoffeln haben im Vorjahr die Vermehrungsflächen schrumpfen lassen.
Verknappung führt zu EU-Rekordpreisen
Laut Bericht der deutschen Agrarmarkt Informations GesmbH (AMI) sind die Vermehrungsflächen in Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Frankreich deutlich zurückgegangen. Zum Teil war es lukrativer, Pommesware anstelle von Saatgut zu produzieren. Weitere Rückschläge erfuhr die Produktion durch erhöhten Virusdruck. Laut AMI könnte dies sogar Vermehrungsprobleme für 2025 zur Folge haben. Weiters führte die Witterung im Vorjahr zu geringem Knollenansatz, was in der Vermehrung die Erträge minderte, bei erhöhtem Anteil von Unter- und Übergrößen. Fazit der AMI: Die Versorgung ist knapp, die Preise sind hoch.
Dazu NÖS-Geschäftsführer Buxbaum: „Wir bleiben im Rahmen.“ Zwar seien auch am heimischen Markt Preiserhöhungen erforderlich, schon alleine, um die Vermehrungsflächen zu sichern. Preise für Speiseware in der Größenordnung von über 40 Cent müssten auch beim Saatgut wirksam werden. Eine Saison wie diese zeige vor allem auch, wie wichtig die Versorgung mit Saatgut aus heimischer Züchtung ist. Denn der Engpass des laufenden Jahres könnte auch noch bis 2025 nachwirken, einfach weil auch Vorstufensaatgut EU-weit knapp ist. In Summe erwarte man, dass die verfügbaren Mengen von rund 21.000 t für eine Anbaufläche im Umfang des Vorjahres ausreichen werden.
Bei der NÖS habe man verschiedene Maßnahmen gesetzt, um das vorhandene Saatgut effizient zu nutzen. Buxbaum nennt hier vor allem die gebrochene Sortierung, die im Endeffekt auch die Ausbeute steigert. Die einheitlicheren Sortierungen kommen zudem einem gleichmäßigeren Feldaufgang zugute. Maßnahmen wie Eigennachbau oder dem Schneiden von Pflanzgut kann Buxbaum weniger abgewinnen. Für die heimische Speiseproduktion, mit dem Ziel einer gleichmäßigen mittelfallenden Ware, seien diese Maßnahmen weniger geeignet. Auch erweiterte Pflanzabstände wären eher kontraproduktiv. Man spare damit zwar etwas Pflanzgut, laufe aber Gefahr, verstärkt Übergrößen zu ernten.
Physiologisches Alter beim Legen beachten
Was man in der Praxis tun kann, um das Saatgut möglichst effizient zu nutzen, das erläuterte Steirersaat-Kartoffelfachmann Josef Krenn beim jüngsten Fachtag der IG Erdäpfelbau, der am 20. Februar in Stockerau abgehalten wurde. Krenn sprach dabei über die Pflanzgutqualität in Bezug auf physiologisches Alter, Lagerung, Beizung und Pflanzgutvorbereitung für das Legen. Kartoffelknollen durchlaufen nach der Ernte einen Alterungsprozess, der von einer absoluten Keimruhe übergeht in eine Keimstimmung und schließlich in den Austrieb samt Ansatz von Tochterknollen mündet. Wie schnell diese physiologische Alterung vor sich geht, ist von Sorte und Umweltbedingungen abhängig.
Laut Krenn erhöht jede Stresseinwirkung auf die Knollen die Alterung. Pflanzgut sollte deshalb bei erreichter Schalenfestigkeit und passenden Bodenbedingungen unverzüglich geerntet werden. Lagerung in Kisten samt rascher Abtrocknung ist dem Verbleiben im Damm jedenfalls vorzuziehen.
Bei physiologisch jungen Knollen, kurz nach dem Ende der Keimruhe, wachsen die Keime eher langsam, wobei der Hauptkeim dominiert (apikale Dominanz). Dadurch ist der Knollenansatz eher geringer, es entstehen mehr große Knollen.
Mit fortschreitender Alterung nimmt die apikale Dominanz ab. An physiologisch älteren Knollen erscheinen weitere, schneller wachsende Keime. Somit beeinflusst die Alterung die Zahl und das Wachstum der Sprossachsen und auch die Knollenbildung und die Anzahl der Knollen pro Pflanze. Der beste Pflanzzeitpunkt ist bei vielen, schnell wachsenden Keimen gegeben.
Bei stark gealterten Knollen sind die Stärkevorräte bereits so gering, dass es an Triebkraft mangelt und sich nur noch schwache, verzweigte Keime bilden. Auflauf und Ertrag sind eingeschränkt. Hohes physiologisches Alter ist ein Problem, wenn ungünstige Auflaufbedingungen vorherrschen (Kälte, Nässe) oder wenn das Saatgut bereits stärker angekeimt ist und beim Legen nochmals abgekeimt wird.
Vor dem Legen auf 8 bis 10 °C aufwärmen
Zur Pflanzgutvorbereitung stellte Krenn fest, dass man das Saatgut ab etwa drei Wochen vor dem Legetermin jedenfalls auf 8 bis 10 °C aufwärmen sollte. Ohne Aufwärmen gelegte Knollen sind durch Schwarzfleckigkeit und Trockenfäule gefährdet. Auch bei Frühjahrslieferungen des Saatguts ist Vorsicht geboten, wenn die Ware aus Kühllagerung kommt.
Bei der Pflanzgutvorbereitung ist auch zu entscheiden, ob insbesondere bei physiologisch jungen Knollen die Apikaldominanz durch Abkeimen des Haupttriebs gebrochen werden sollte. In diesem Fall benötigen die Knollen zwei bis sechs Wochen mit Licht und etwas Wärme, um legefertig zu werden.
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- 2409 W02 MarioLars Pommes: Mario Lars