Mutterkuhhaltung und Rindermast gelten nicht nur im Berggebiet seit Jahrzehnten als Alternative zur zeit- und ressourcenintensiven Milchproduktion. Gerade Nebenerwerbsbetriebe und jene auf Grenzertragsstandorten haben sich in den vergangenen Jahren der Fleischproduktion zugewandt, um ihre Wiesen und Weiden offen zu halten. Eine an der Fakultät für Agrar-, Umwelt- und Lebensmittelwissenschaften der Universität Bozen in Südtirol durchgeführte Wirtschaftlichkeitsstudie belegt nun allerdings, dass eine kostendeckende Produktion – in Südtirol – derzeit kaum möglich sei.
Bis zu 3.800 Euro Minus je Rind
Die in der deutschen Fachzeitschrift „Züchtungskunde“ publizierte Arbeit legt die betrieblichen Kennzahlen von 33 für Südtirol typischen Rindfleischproduzenten anhand einer Vollkostenrechnung für das Jahr 2017 offen. 19 von ihnen betrieben damals Mutterkuhhaltung, 14 mästeten Ochsen oder Kalbinnen. Großteils grasten Fleckvieh und Grauvieh mit einem Viehbesatz von etwa einer Großvieheinheit je Hektar auf den hofeigenen Flächen. Die Mutterkuhhalter vermarkteten im Schnitt sechs Rinder pro Jahr (mit einem durchschnittlichen Schlachtgewicht von 230 kg), die Mäster lieferten im Durchschnitt 15 Tiere (mit einem Schlachtgewicht von 334 kg) ab. Damit erzielten erstere einen Jahresumsatz von rund 21.800 Euro, zweitere von gut 14.400 Euro, Subventionen inklusive. Zum Vergleich: Laut „Grünem Bericht“ erwirtschafteten Österreichs Futterbaubetriebe im selben Zeitraum 28.349 Euro, ein Bergbauer durchschnittlich 25.912 Euro.
Zanon: „Bis auf wenige Ausnahmen sind die Betriebe mit ihren Erträgen nicht imstande, ihre Vollkosten zu decken.“
Bei Weitem nicht genug, wie Studienautor Thomas Zanon erklärt: „Bis auf wenige Ausnahmen, die sich über Alleinstellungsmerkmale wie eine lokale Rasse oder Produktion nach Bio-Richtlinien im Marketing stark differenzieren können, sind die Betriebe mit ihren Erträgen nicht imstande, die Vollkosten zu decken.“
Diese betrugen bei den Mutterkuhhaltern inklusive Abschreibungen nämlich durchschnittlich 16.694 Euro, bei den Mästern sogar 19.214 Euro. Unterm Strich blieb den Südtiroler Rindfleischproduzenten damit ohne Förderungen ein Minus von 5.700 beziehungsweise 9.600 Euro. Je vermarktetem Rind entstanden Kosten von 3.500 bis 3.800 Euro. Den Förderungen sei Dank blieb den Mutterkuhhaltern Dozent Zanon zufolge ein Stundenlohn von 8,16 Euro. Den Mästern hingegen entstanden Kosten von 10,58 Euro je geleisteter Arbeitsstunde.
Handlungsspielraum vorhanden
Trotz der zunächst sehr ernüchternd anmutenden Bilanz bestehe aber durchaus noch Hoffnung auf verbesserte Kosteneffizienz, so der Wissenschafter. Denn „die besten Betriebe“ der untersuchten Stichprobe erreichten durch geringe Abschreibungen, bestmögliche Nutzung der Weidesaison, effizienten Arbeitseinsatz und einen hohen Anteil an Subventionen akzeptable Ergebnisse.
„Die größten Stellschrauben sind nach unserer Kalkulation bei den Fixkosten zu finden“ , erklärt Thomas Zanon und meint damit Maschinen und Gebäude. Stärkere Kooperationen zwischen Betrieben könnten hier Abhilfe schaffen. Denn derzeit seien „die kleinen Strukturen wohl das größte Hindernis, gewinnbringend zu arbeiten“, so der Südtiroler.
Eine „Absenkung der Stückkosten durch Produktionserweiterung“ sei aber nur begrenzt möglich, konstatiert Zanon, der deshalb vor allem zur „Vereinheitlichung der Qualitäten“ rät. Bisher sei die Produktqualität von Südtiroler Rindfleisch noch sehr heterogen und das Angebot saisonal begrenzt. „Um mehr Abnehmer und bessere Preise in der Gastronomie und im Handel realisieren zu können, braucht es mehr Konstanz in der Produktion und Produktqualität“, hält er fest.
Vergleiche schwierig
Diesbezüglich schielt das Forscherteam um Zanon auch nach Österreich, wo Qualitätsprogramme in Verbindung mit anderen Förderstrukturen die wirtschaftlichen Folgen für die Bauern abdämpfen. Nicht zuletzt aufgrund der hierzulande etwas größeren Betriebsstrukturen seien Vergleiche seiner Ergebnisse mit Österreich daher nur bedingt möglich. Belegen will er das mit einem verwandten Produktionssektor: „Nicht umsonst schaffen es Österreichs Bauern, mit einem weit geringeren Milchpreis weiterzuarbeiten als wir.“
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- Kalbinnen auf der Weide: Tunatura - stock.adobe.com