Österreichs Bundesbäuerin Irene Neumann-Hartberger über Kindererziehung und warum Frauen in guten Zeiten bewusst vorsorgen sollten.
BAUERNZEITUNG: Wussten Sie vor Ihrer eigenen Hochzeit, was rechtlich auf Sie zukommt?
NEUMANN-HARTBERGER: Ich war in der glücklichen Situation, dass ich immer am Betrieb meiner Eltern als hauptberuflich beschäftigtes Kind angemeldet war. Etwas später habe ich dann den Betrieb übernommen und war Betriebsführerin.
Das ist vielfach aber anders.
Stimmt, deshalb ist es grundsätzlich wichtig zu wissen, dass bis zum 26. Lebensjahr die SV-Beiträge von hauptberuflich beschäftigten Kindern auf einem Betrieb vom Staat in hohem Maße unterstützt werden. Auch sollte man sich frühzeitig über alle Möglichkeiten informieren. Das machen viele leider noch nicht oder oft zu spät.
Fehlt Frauen das Selbstbewusstsein, finanzielle Angelegenheiten frühzeitig mit dem Partner zu besprechen?
Ohne Beratung würde ich nicht in einen Betrieb einsteigen. Junge Frauen müssen sich in guten Zeiten um die schlechten kümmern. Sie sollten sich bei den Bauernkammern informieren und beraten lassen. Denn trotz all der schönen Dinge tritt leider oft die traurige Situation ein, etwa eine Trennung oder Schicksalsschläge, dass Frauen erkennen, dass sie eigentlich nur mitversichert waren und keine Pensionsansprüche haben. In schwierigen Situationen sind viele Dinge dann aber plötzlich nicht mehr lösbar. Unser Sozialsystem ist ein gutes und vielseitig. Man muss sich aber frühzeitig einzelbetrieblich beraten lassen. Das ist ein dringender Appell meinerseits. Und ja, mit Sicherheit stellen die Beiträge für die Sozialversicherung eine Belastung für den Betrieb dar. Hier muss man aber das Gesamte sehen. Mit 50 Jahren ist es für Frauen zu spät. Da hat man schon viele Möglichkeiten versäumt.
Sind Frauen heute benachteiligt?
Die Situation der Frauen ist eine besondere, weil sie einfach für die Kinderbetreuung eine gewisse Zeit aufwenden müssen. Die Kinderbetreuungszeit ist eine Zeit, wo die Frau sehr belastet und finanziell schwächer aufgestellt ist.
Sollen Männer 50 Prozent der Erziehung übernehmen?
Vereinbarkeit von Familie und Beruf sagt eigentlich, dass Kinderbetreuung die Familie gesamt und nicht nur die Frauen angeht. Es ist ein Elternthema. Es gibt berufliche Situationen, die eine 50:50-Lösung befürworten, aber die Bereitschaft der Männer ist nicht da.
Was, wenn Frauen die Pflege der (Schwieger-)Eltern am Betrieb nicht übernehmen wollen oder können?
Verabschieden wir uns bitte endlich davon, dass Pflege Frauensache ist. Die Pflege ist unter Einbezug der ganzen Familie zu thematisieren. Welche Lösungen gibt es, damit ich daran selber nicht zugrunde gehe. Auch die Partnerschaft kann darunter leiden. Wenn ich in ein Burnout schlittere, hat niemand was davon. Man soll als Frau nicht glauben, dass man dazu verpflichtet ist und man soll sich vor der Meinung der Nachbarn nicht fürchten. Man kann so eine Situation nie mit einer anderen vergleichen. Deshalb gilt: Rechtzeitig Unterstützung holen.
Danke für das Gespräch.
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- Irene Neumann Hartberger Bundesbaeuerin Und Landesbaeuerin NOE(1): ZVG