Für Getreide gibt es noch kein staatlich anerkanntes Qualitätssiegel, somit auch keinen geprüften Herkunftsnachweis für Brot- und Backwaren in und aus Österreich. Vielfach wird Getreide zwar in Österreich vermahlen und somit mit „Hergestellt in Österreich“ gekennzeichnet. Laut Zollkodex ist der Ort der Vermahlung ausschlaggebend für die Herkunft des Mehls. Er gibt Auskunft über den Ort der Vermahlung des angelieferten Getreides, nicht aber über den Ort des Getreideanbaus und die Bewirtschaftungsform.
„Weizen, egal woher dieser kommt, wird mit AT deklariert, wenn er hier gemahlen ist“, sagt Lorenz Mayr, Ackerbauer und Aufsichtsratsvorsitzender der AMA-Marketing bei einem Gespräch in Wien. Diese Unschärfe bei der Kennzeichnung sei zwar seit Jahren bekannt, vielen Konsumenten wie auch Landwirten und auch den Bäckern nicht bewusst.
Seit heuer ist auch der Getreide- und Ackerbau in das Aufgabenfeld der AMA-Marketing eingebunden. Seit 1. Jänner werden flächendeckend AMA-Beiträge eingehoben, die unter anderem für Marketingmaßnahmen und eine Weiterentwicklung der AMA-Programme eingesetzt werden. Ermöglicht hat diesen aus AMA-Sicht wichtigen Schritt eine im Vorjahr beschlossene Novelle im AMA-Gesetz. „Es gibt uns die Möglichkeit, die weiße Leinwand mit rot-weiß-rot zu befüllen“, weiß Mayr. Denn „eine Backbox ist heute eine Blackbox“, und das wolle man mit dem AMA-Siegel ändern.
Antwort auf Ukraine-Importe
Für die Landwirte bedeutet dieser Schritt, dass sie mit dem nächsten Anbau an der Gütesiegel-Richtlinie für Ackerfrüchte teilnehmen können, wodurch für AMA-Getreide im besten Fall mehr Wertschöpfung erzielt werden kann und Lieferanten durch das geprüfte Qualitäts- und Herkunftssiegel weniger bis nicht mehr austauschbar sind. Darüber hinaus würden aktuelle geopolitische Entwicklungen, welche den Getreidemarkt in Europa und Österreich beeinflussen, zeigen, dass auch bei Ackerfrüchten mehr Transparenz Gebot der Stunde ist.
Als Beispiel nennt Mayr die teils nicht nachvollziehbaren Mengenströme bei Getreide aus der Ukraine. 2022 wurden laut Informationen der AMA-Marketing 6.000 Tonnen Weizen aus der Ukraine importiert, Dunkelziffer unbekannt. Importe aus der Ukraine kämen etwa auch über Ungarn nach Österreich. Der Preisunterschied zum heimischen Weizen betrage teilweise bis zu 60 Euro pro Tonne.
In der Dresdnerstraße, Sitz der AMA-Marketing, sieht man diese Entwicklung bei gleichzeitig großer Loyalität mit der Ukraine kritisch. „Ich gehe davon aus, dass dieses Problem größer wird“, meint Martin Greßl, Leiter des AMA-Qualitätsmanagements. Mit dem Siegel gebe man auf das Import-Problem eine Antwort. Oberstes Ziel muss es laut Mayr sein, „den Landwirten den Einstieg in das Gütesiegel-Programm leicht zu machen“. Das sei in seinen Augen auch gelungen.
Niedrige Hürden für den Einstieg
Für die Teilnahme am Programm müssen zumindest drei Öpul-Maßnahmen erfüllt werden. „Sind Landwirte Bio oder UBB, erfüllen sie bereits die Voraussetzungen für das AMA-Gütesiegel“, erläutert Mayr. Von den insgesamt 42.622 heimischen Betrieben mit Ackerfläche nehmen 38.070 am Öpul-Programm teil. Von diesen Öpul-Betrieben würden bereits jetzt 78,6 Prozent die Voraussetzungen für das Gütesiegel erfüllen. Betrachtet man die Getreidefläche der Öpul-Betriebe, so könnte man bereits jetzt auf fast 85 Prozent dieser Fläche oder knapp 420.000 Hektar AMA-Gütesiegel-Getreide anbauen. In der AMA-Marketing setzt man sich indes ambitionierte Ziele. Mehr als 80 Prozent der heimischen Betriebe sollen am Programm teilnehmen und von den Vorteilen profitieren können.
„Wir wollen ein Breitenprogramm“, betont Greßl. Auch was die Abwicklung der Teilnahme betrifft, setzt man überwiegend auf Bewährtes. Der Einstieg erfolgt über das AMA-Portal „Mein Gütesiegel“ mit dem eAMA-Login. Nach Anmeldung und Dateneingabe bekommt der Landwirt eine elektronische Bestätigung. Möglich sei eine Anmeldung vom Herbstanbau bis zum Abgabetermin des Mehrfachantrages. Das erste Brot mit dem neuen AMA-Gütesiegel wird es voraussichtlich erst nach der Getreideernte im Sommer nächsten Jahres zu verkosten geben. Beworben wird es aber jetzt schon.
Brettljause jetzt auch mit Brot
Für ein solches Siegel spricht jedenfalls, dass die Leistungen der Ackerbauern beim Erhalt der Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität sowie beim Klimaschutz erstmalig über die Werbung sichtbar gemacht werden können. „In den Werbekampagnen wird man künftig auch Brot auf der Brettljause sehen, was bis dato nicht möglich war“, erklärt Christina Mutenthaler-Sipek, Geschäftsführerin der AMA-Marketing.
Ein Schwerpunkt zu Getreide und Ackerbau ist ab dem nächsten Jahr geplant. Die Kampagne „Das hat einen Wert“ soll jedoch schon ab Oktober die Vielfalt der heimischen Ackerkulturen abbilden. Woher das Marketinggeld für den Ackerbau kommt, wenn doch noch keine Ernte eingefahren ist? „Diese Werbung wird vorfinanziert“, sagt Mutenthaler-Sipek.
Marketing-Euros für digitale Kampagnen
Verändern wird sich neben den Inhalten auch der Ort der Bewerbung von AMA-Produkten. Seien früher viele Kampagnen über Print- und Plakatwerbung gelaufen, so sollen künftig mehr Marketing-Euros in digitale Werbeformen investiert werden. „Etwa ein Drittel der Mittel sollen in digitale Werbeformen fließen“, so die AMA-Marketing-Chefin. Verbraucherrelevante Themen könnten mit diesem Schritt künftig ganzheitlich kommuniziert werden. Den Konsumenten werde damit garantiert, dass sich in Brot- und Backwaren, die mit dem AMA-Gütesiegel gekennzeichnet sind, ausschließlich österreichisches Getreide befindet. Die AMA-Marketing will mit diesem Siegel den Konsumenten auch garantieren, dass nur jene landwirtschaftlichen Betriebe AMA-Getreide liefern dürfen, die nachweislich ihren Teil zur Erreichung von Umwelt- und Klimazielen in der Landwirtschaft beitragen.
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- Timeline: AMA-Marketing
- Brot und Gebäck: ZVG von AMA Marketing
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