Enteignet, vertrieben: Gedenktafel zur Erinnerung

Bis 1938 betrieben Jakob Rosenfeld und sein Schwiegervater Alexander Löffler in Neusiedl/See die Kunstmühle Rosenfeld & Co. Heute ist in dem Gebäude das Bezirksreferat der LK untergebracht. Eine neue Gedenktafel erinnert seit Kurzem an die früheren Eigentümer.

Enthüllung der Gedenktafel im Beisein der Nachkommen.

Die Getreidemühle war von großer wirtschaftlicher Bedeutung für die Region und technologisch auf dem neuesten Stand. Das dazugehörige Wohnhaus ließ Jakob Rosenfeld 1936 nach den Entwürfen seines Neffen Aladar Somlai, der Architekt in Sopron war, errichten.

Zu den Kunden der Getreidemühle zählte etwa die „Großeinkaufsgesellschaft für Österreichische Consumvereine“ (GöC), die auch das Hotel Sacher in Wien belieferte. Darauf war vor allem Rosa Rosenfeld besonders stolz: „Die Frau Sacher kaufte nur unser Mehl, da sie mit diesem Strudelteig bis zum Stephansdom ziehen konnte, ohne dass er riss.“ 

Quelle: Bgld. Forschungsgesellschaft
Die Kunstmühle Rosenfeld & Co prägte einst das Stadtbild von Neusiedl.

Enteignung unter den Nationalsozialisten

Nach der Machtübernahme der Nazis in Österreich wurden die jüdischen Mühlenbesitzer enteignet, die Rosenfelds und Löfflers flohen nach Sopron. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Ungarn 1944 wurden fast alle Mitglieder der Familien in das KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Alexander Löffler und seine Frau Julie wurden dort sofort nach ihrer Ankunft ermordet. Aladar Somlai wurde in ein Zwangsarbeitsbataillon der ungarischen Armee eingezogen und gilt seit 1944 als vermisst. Jakob Rosenfeld starb 1945, nur wenige Wochen vor der Befreiung, im KZ Dachau-Kaufering. Auch Rosa Rosenfeld und ihre Tochter Eva wurden zur Zwangsarbeit in ein Arbeitslager bei Allendorf verschleppt. Nach ihrer Befreiung lebte Rosa Rosenfeld bis zu ihrem Tod im Jahr 2004 in Wien. 

Quelle: Bgld. Forschungsgesellschaft
Ein Bild aus glücklichen Tagen der Familie Rosenfeld.

1941 wurde die Mühle vermutlich durch Brandstiftung beschädigt und musste stillgelegt werden. Von 1945 bis 1947 war das ehemalige Wohnhaus der Rosenfelds Sitz der sowjetischen Kommandantur. Nach einem zehnjährigen Rechtsstreit wurde das Haus 1956 restituiert und an die Burgenländische Landwirtschaftskammer verkauft. 

Am 11. September 2023 wurde auf Initiative von John Dutton-Rosenfeld, dem Enkel der früheren Hausbesitzer, in Gedenken an seine Familie am Gebäude eine Gedenktafel enthüllt. Die Anbringung der Tafel wurde von der Burgenländischen Forschungsgesellschaft gemeinsam mit dem Verein Neusiedler Stadtarchiv organisiert. 

LK-Präsident und Bauernbundobmann Nikolaus Berlakovich sagte bei der Enthüllung: „Es ist wichtig, dass wir uns an die Geschichte und die traurigen Schicksale der jüdischen Familien erinnern. Mit dieser Tafel wollen wir nicht nur der Familie Rosenfeld gedenken, sondern auch dazu beitragen, dass deren tragische Vergangenheit und die abscheulichen Taten der Nationalsozialisten nicht vergessen werden.“

- Bildquellen -

  • Lkw: Bgld. Forschungsgesellschaft
  • Dutton: Bgld. Forschungsgesellschaft
  • Gedenktafel: Tesch-Wessely/LK Bgld.
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AUTORRed. SN
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