Während in Deutschland, Tschechien oder Polen die Getreideernte heuer witterungsbedingt nur schleppend angelaufen ist, haben Österreichs Bauern ihr Brot- und Futtergetreide früh wie selten eingebracht. Die Erntemenge lag zudem über dem Durchschnitt. Auch der Bioanteil hat markant zugelegt.

Einzig im Wald- und Mühlviertel ziehen noch vereinzelt Mähdrescher über die Felder. Günter Griesmayr und Lorenz Mayr, der Vorstandsvorsitzender und der neue Verwaltungsratschef der Agrarmarkt Austria (AMA), zogen dennoch bereits Bilanz über die heimische Getreideproduktion 2023 (ohne Mais). Sie übertraf mit rund 3,2 Mio. Tonnen dank höherer Hektarerträge und Ausweitung Anbaufläche das Vorjahresniveau um 5,5 Mio. Tonnen beziehungsweise 23.000 Hektar (+ 2,2 %). Wetterkapriolen und verschiedenste Auswirkungen des Klimawandels waren heuer weniger bei Getreide als bei Hackfrüchten wie Raps, Mais oder Zuckerrüben auf Österreichs Feldern ein Problem.

Mehr Weizen- und Roggenfelder

Angesichts des Ukraine-Krieges und dessen prekäre Auswirkungen auf die Agrarmärkte haben auch hierzulande die Bauern um beinahe 3.000 Hektar mehr Weichweizen angebaut, insgesamt 247.400 Hektar. Das Allzeit-Preishoch für besten Qualitätsweizen im vergangenen Jahr (438 Euro/t) an der Börse Paris dürfte mit ein Grund dafür gewesen sein. Nach einem Absacken der Weizenpreise seit November (auf 218 Euro/t Ende Mai) zogen die Dotierungen zuletzt angesichts der Kriegshandlungen und der gezielten Bombardierung von Getreidelagern und ukrainischen Häfen auch im Donaudelta wieder leicht an (auf aktuell fast 234 Euro/t).

Auch kräftig mehr Roggen wurde für die heurige Ernte angebaut, um knapp 4.100 Hektar mehr, insgesamt 38.400 Hektar. Um 3.000 Hektar zugelegt hat der Anbau von Wintergerste (auf knapp 100.000 ha), zu Lasten der Sommergerste (- 2.800 ha, insgesamt knapp 23.000 ha). Darin bestätige sich auch der Trend, dass Landwirte, um etwa die Winterfeuchtigkeit besser ausnützen zu können, mittlerweile auch die Sommerungen, ebenso Hartweizen, bereits im Herbst aussäen, so Mayr, selbst praktizierender Ackerbauer nahe Korneuburg und Vizepräsident der LK Niederösterreich.

So ging der Anbau von Sommergerste, vornehmlich zu Brauzwecken, erneut kräftig (-11 %) zurück, in den vergangen zehn Jahren sogar um fast zwei Drittel (-64,3 % oder 41.096 ha). Auch Hafer verlor in Österreich einmal mehr deutlich an Bedeutung (-13,1%, insgesamt 17.600 ha).

Bio-Flächen legten markant zu

Quelle: BZ/Weber
Günter Griesmayr, Christian Gessl und Lorenz Mayr

Betont wurde von AMA-Chef Griesmayr auch die zuletzt augenfällige Ausdehnung von Bio-Ackerflächen. „Sie liegt mit plus 7.365 Hektar über den Bio-Zuwächsen der drei Vorjahre.“ Damit betrage der Bio-Anteil an der Ackerfläche nun 21 Prozent. Das neue ÖPUL habe offenbar doch „die richtigen Anreize gesetzt“, konterte Griesmayr in Richtung der Kritiker an der Neuregelung der Agrar-Umweltauflagen.

Weitere Erhebungen und Prognosen der beiden Agrarmarktexperten betrafen  wenige Tage und Wochen vor dem Einbringen weiterer Feldfrüchte wie (Körner-)Mais, dessen Anbau wie Weizen kräftig zugelegt hat (+ 5.700 ha, insgesamt 211.300 ha), was indes einen Flächenrückgang von Kürbis, Sojabohnen und bewirkt hat. Der kräftige Anstieg der Sojabohnenfläche aus dem Vorjahr (+17.100 ha) wurde heuer teilweise zurückgenommen (-5.800 ha).

Öl- und Speisekürbis verlor knapp ein Viertel der Anbaufläche (-23,7%). Auch knapp 1.800 Hektar weniger Ölraps (-6,3 %) und gut 5.800 Hektar weniger Sojabohne (-6,3 %) wurden angebaut, während die Ölsonnenblumenfläche nahezu unverändert (-193 ha, insgesamt 24.220 ha) blieb. Den Zuckerrüben haben wie dem Kürbis aufgrund verbotener Beizmittel heuer Schädlinge zugesetzt, berichtete Mayr. Zwar wurden um gut 4.000 Hektar mehr Zuckerrüben angebaut, Insektenfraß dezimierte die Flächenausweitung letztlich aber um beinahe 2.200 auf knapp 36.000 Hektar. Auch der Anbau von Speisekartoffeln war rückläufig

Im Bioanbau zählte heuer Dinkel mit -11.542 ha und damit einem Rückgang um zwei Drittel zu den Verlierern zu Gunsten von Wintergerste (+3.372 ha), Weichweizen (+1.934 ha) und Roggen (+1.878 ha). Wie für konventionell erzeugtes Getreide gilt auch hier: die Bio- Getreidelager sind gut gefüllt, sogar um ein Viertel (+25,4%) höher als im Vorjahr.

Versorgungslage weiterhin komfortabel

Laut AMA verbessere die heuer überdurchschnittliche Ernte von Brotgetreide – auch dank 5,4 Prozent mehr Weichweizen ­– die ohnehin gute Versorgung der heimischen Mühlenindustrie und damit aller Bäcker.  Mit 1,4 Mio. t Brotgetreide könne deren Bedarf von rund 810.000 t „gut gedeckt werden.“, so Günther Griesmayr.  Ohnehin sei das Getreidewirtschaftsjahr 2022/2023 durch abnehmende Verarbeitungsmengen in allen nachgelagerten Sparten, also Mühle, Mischfutterwerke und Lebensmittelindustrie gekennzeichnet. Österreichs Mühlen hätten zuletzt laut AMA um drei Prozent weniger Getreide vermahlen, die Mischfutterwerke um -1,4 Prozent weniger Futtergetreide abgenommen. In der Herstellung etwa für Zitronensäure wurde Mais zu knapp 18 Prozent durch Importe ersetzt.

Heuer und in den kommenden Monaten werden die Exporte von Getreide und Mais von der AMA auf 1,6 Mio. t und die Importe auf 2,2 Mio. t geschätzt und liegen damit im Mittel oder üblichem Ausmaß der vergangenen Jahre. Die Importe stammen laut Mayr vorwiegend aus Ungarn, Tschechien und der Slowakei.

Überdurchschnittlich bei Weizen war heuer mit 6,4 t/ha auch der Hektarertrag (+14,7%). Nahezu die gesamte heimische Weizenernte ist mahlfähig und weise „hervorragende Qualitäten hinsichtlich Hektolitergewichte“ (wichtig für die Mehlausbeute) als auch „ideale Knet- und Backeigenschaften“ auf, so Mayr.

Keine Alternative zur Agrar-Korridorexporten

Das Thema Getreideernte beherrscht derzeit durch den Ukraine-Krieg auch die Schlagzeilen in aller Welt. Nach dem Ausstieg Russlands aus dem Getreideabkommen, über einen Schwarzmeerkorridor Getreideexporte aus der Ukraine für Afrika, den Nahen Osten oder auch China zuzulassen sowie der gezielten Zerstörung von Getreidelagern und Häfen im angegriffenen Land fehlen laut Christian Gessl, Marktexperte der AMA, rund die Hälfte der bisherigen Ukraine-Getreide-Exporte am Weltmarkt. Noch 2020 betrug der Anteil der Ukraine am Weizenexport weltweit 9,4 Prozent, aktuell nur noch fünf Prozent. Demgegenüber konnte Russland seine Weizenausfuhren von früher knapp 19 auf mehr als 22,4 Prozent erhöhen. Generell sei die Weizenproduktion in der Ukraine seit Kriegsbeginn um ein Drittel eingebrochen, die Weizenernte in Russland wurde um rund sieben Prozent gesteigert. Österreich sei von dem von der EU erlaubten zollfreien Getreide-Transfer über den Landweg per Bahn oder LKW mengenmäßig nur marginal betroffen, so AMA-Chef Griesmayr. Nicht bis zu den eigentlich avisierten Zielländern vor allem in Afrika durchgeschleusten, sondern in der EU verbliebene Waggons und Getreidecontainer, würden aber die bereits seit Beginn der Coronapandemie vorherrschende „Achterbahnfahrt der Preise“ weiter forcieren.

Allerdings, so AMA-Marktexperte Gessl, seien die Ausfuhrmöglichkeiten von Agrarprodukten aus der Ukraine, neben Getreide oder Mais auch Pflanzenöle und anderes, über „Solidaritätskorridore“ aus seiner Sicht alternativlos – und würden mengenmäßig wohl noch weiter verstärkt werden müssen, „um die Belieferung der Zuschussgebiete auf anderen Wegen zu gewährleisten.“

- Bildquellen -

  • Getreidebilanz 2023 Griesmayr Gessl Mayr: BZ/Weber
  • Mähdrescher: BlazingDesigns – stock.adobe.com
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AUTORBERNHARD WEBER
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