EU-Pflanzenschutz-Pläne würden Betriebe vernichten

In den EU-Pflanzenschutz-Plänen ist "der Wurm drin".

Um die Hälfte weniger Einkommen auf den besten Standorten – zu diesem vernichtenden Befund über den Verordnungsvorschlag der EU-Kommission zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) kommt ein am 9. Mai 2023 vorgestelltes Gutachten der Hochschule Soest (FH Südwestfalen), Deutschland. Würden die von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge umgesetzt, dann würde in den beabsichtigten großflächigen Schutzgebieten der klassische Acker-, Obst-, Gemüse- und Weinbau unmöglich. Massive Ertragseinbußen sowie Einkommensminderungen der landwirtschaftlichen Betriebe wären die Folge. In Deutschland betroffen wären 31 % der Ackerfläche und 36 % der Obst- und Weinbaufläche.

Ackerbau nicht mehr tragfähig

Das im Auftrag des Deutschen Bauernverbandes erstellte Gutachten hat die möglichen Auswirkungen des SUR-Entwurfs ermittelt. Im Fokus der Arbeit standen die betrieblichen Ergebnisse von Acker-, Futter- und Gemüsebaubetrieben sowie die Folgen für das Anbauspektrum in den betroffenen Gebietskulissen.
Im Ergebnis sind auf Standorten mit hohem Ertragspotenzial Einkommensminderungen von rund 50 Prozent zu erwarten. Auf schwächeren Standorten wäre Ackerbau mittelfristig nicht mehr wirtschaftlich tragfähig. Insbesondere der Anbau von Kartoffeln und Raps sowie der Gemüseanbau müssten infolgedessen vielfach eingestellt werden. Der ohnehin bereits geringe Selbstversorgungsgrad beim Gemüse würde demnach weiter sinken. Auch Futterbaubetriebe müssten je nach Flächenausstattung und Pflanzenschutzintensität mit Ertragsminderungen und somit Grundfutterknappheit rechnen, welche die Betriebe innerbetrieblich nicht vollständig kompensieren könnten.

Anbaurisiko durch Schädlinge und Schadpilze steigt

Der Verfasser des Gutachtens, Professor Dr. Friedrich Kerkhof von der Hochschule Soest, betont die Deutlichkeit der Ergebnisse: „Auf den guten Ackerbaustandorten sind die Einkommensminderungen bei den wirtschaftlich starken Früchten Kartoffeln, Raps, Zuckerrüben und Weizen am höchsten. Der Anbau von Kartoffeln ist nicht mehr wirtschaftlich, die relative Wettbewerbsfähigkeit von Mais nimmt dagegen zu. Im Ackerbau auf Standorten mit einem niedrigen Ertragspotenzial ist ein Verzicht auf den chemischen Pflanzenschutz wirtschaftlich nicht tragfähig. Im Gemüseanbau steigt das Anbaurisiko durch Schädlinge und Schadpilze erheblich an. Bei Verzicht auf den chemischen Pflanzenschutz wird der Anbau vieler Gemüsearten aufgegeben oder lohnt sich nur bei sehr hohem Preisniveau.“

Weltfremde Pläne setzen die Nahrungsmittelversorgung aufs Spiel

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, betont, dass vor dem Hintergrund der Studie eine grundlegende Überarbeitung der Vorschläge dringender denn je ist. „Das Gutachten macht deutlich, dass die EU-Kommission mit ihren weltfremden Plänen zur Pflanzenschutzmittelreduktion nicht nur die Existenz zahlreicher landwirtschaftlicher Betriebe massiv gefährdet, sondern auch die sichere Nahrungsmittelversorgung in Europa leichtfertig aufs Spiel setzt. Die deutschen Bauern stehen zu dem Ziel, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln so weit wie praktisch möglich zu reduzieren und haben in den vergangenen Jahren bereits erhebliche Fortschritte erzielt. Es braucht dafür jedoch intelligente und vor allem umsetzbare Lösungen, mit denen die EU auch ihrer Verantwortung bei der Ernährungssicherung gerecht werden kann. Pauschale Reduktionsziele und Komplettverbote sind der gänzlich falsche Ansatz“, so Bauernpräsident Rukwied.

Download: Gutachten SUR – Kurzfassung

Hintergrund:
Die EU-Kommission hat daher am 22. Juni 2022 den Entwurf einer Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln veröffentlicht – die „Sustainable Use Regulation“ (SUR). Diese neue Pflanzenschutzmittel-Verordnung soll die bisherige Pflanzenschutzrahmenrichtlinie 2009/128/EG ablösen und Ziele der „Farm-to-Fork“-Strategie und der Biodiversitäts-Strategie rechtlich verankern.
Mit dieser Verordnung strebt die EU-Kommission eine landwirtschaftliche Praxis an, die gleichermaßen für eine langfristige Ernährungssicherheit sorgt, die öffentliche Gesundheit und die Umwelt schützt sowie die Artenvielfalt erhält. Die neue Verordnung wird in allen Mitgliedsstaaten direkt verbindlich sein, ohne dass sie durch nationale Gesetze umgesetzt werden muss. 
Der Abstimmungsprozess auf EU-Ebene ist derzeit im Gang. Der Rat der EU und das Europäische Parlament erörtern ihre Positionen, eine finale Festlegung soll im Trilog-Verfahren zwischen EU-Kommission, Europäischem Parlament und Rat folgen.

- Bildquellen -

  • 2319 3 Kartoffel Drahtwurm Agrarfoto: agrarfoto.com
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QuelleH.M.
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