Der mutige „EU-Junior“

Kommentar von Prof. Hubert Wachter,
Publizist.

Die ohnehin ganz kurze TV-Sequenz war stark: Betroffen, aufgewühlt, entsetzt, mit zu Boden gesenkten irgendwie leeren Augen, fast hilf- und sprachlos wirkend.
All das spiegelte sich im vor Grimm noch kantiger wirkenden Gesicht von Bundeskanzler Karl Nehammer wider, als er Montag nachmittags die Residenz von Wladimir Putin in Nowo-Ogarjowo am Rande Moskaus verließ.
Später, in der Botschaft Österreichs, beschrieb Nehammer seinen 75-minütigen Diskurs mit Putin als „offen, direkt, kurz und hart”.
Was in der ansonsten üblich so weich gedrechselten Diplomatensprache im Klartext bedeutet, dass verbal die Fetzen geflogen sein müssen, quasi knapp vor Raufhändeln.
Fazit: Der „Junior” im Kreis der 27 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, eben Karl Nehammer, einst Bundesheer-Offizier und Rhetoriktrainer, ehe er in die Politik ging, hat riskiert und mutig gefightet.
Zum Neid mancher in Brüssel und zum Ingrimm seiner (innen)politischen Gegner.
Wenn es jetzt vielerorts heißt, sein Trip nach Moskau hätte „absolut enttäuschend” geendet, ist es Nehammer dennoch hoch anzurechnen, dass er die winzige Chance eines offenen Gesprächskanals mit Kriegsherrn Putin einfach ergriffen hat. Ob er tatsächlich bei diesem irgendetwas bewirken konnte, was etwa Fluchtkorridore mit dem Roten Kreuz oder Ähnliches in der Ukraine angeht, werden realistischer Weise erst die nächsten Tage und Wochen zeigen.
Übrigens: Dass Karl Nehammer ein bisschen in die Weltpolitik hineinschnuppern konnte, daran hatte auch Türkei-Präsident Redcep Erdogan seinen Anteil, wie es heißt…

wachter.hubert@aon.at

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