Gebannt richten sich derzeit alle Blicke auf die Ukraine, wo der Krieg seit zwei Wochen sehr viel Leid und Not unter den Menschen vor Ort anrichtet. Das Land Niederösterreich hat daher rasche Hilfsmaßnahmen gestartet. Gleichzeitig ist die nationale und internationale Politik wie seit Jahrzehnten nicht mehr gefordert, die Auswirkungen der kriegerischen Auseinandersetzung im Osten Europas auf das eigene Land im Auge zu behalten.
Rasche und unbürokratische Nachbarschaftshilfe gestartet
„Wichtig ist jetzt, dass Europa und die gesamte westliche Welt geeint auftreten und dass wir jetzt rasch und unbürokratisch Nachbarschaftshilfe für die wirklich Betroffenen vor Ort leisten“, betonte Niederösterreichs Landeshauptfrau Mikl-Leitner.
Bereits am Samstag sind zwei Sattelzüge mit Hilfsgütern Richtung Moldau aufgebrochen. Weitere sollen folgen.
Unter dem Leitsatz „Niederösterreich hilft“ wurde von der Landesregierung eine Koordinationsplattform eingerichtet, die weitere Hilfsangebote vernetzen soll. Erreichbar ist diese unter Telefon 02742/9005-15000 oder per E-Mail an noe-hilft@noel.gv.at. Zudem hat das Land Niederösterreich seine Bereitschaft erklärt, Flüchtlinge aufzunehmen.
Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln und Energie hierzulande standen auch im Mittelpunkt einer Lagebesprechung, zu der LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf wenige Tage nach Kriegsausbruch hochrangige Vertreter der Wirtschaft und Landwirtschaft eingeladen hatte. „Der Krieg in der Ukraine macht uns alle tief betroffen“, betonte Pernkopf.
Zum einen sei die Ukraine Europas Kornkammer. „Zum anderen hängen unsere Energievorräte zu großen Teilen von russischen Gaslieferungen ab.” Deshalb habe er sofort die wichtigsten Vertreter und Experten zusammengezogen, um Informationen auszutauschen, Liefer- und Lagerbestände zu überprüfen und für mögliche Ernstfälle und Ausfälle gerüstet zu sein. „Die gute Nachricht: Hamsterkäufe sind absolut nicht notwendig. Unsere Wirtschaft und Bauern sichern die Versorgung kurz- und mittelfristig ab“, erklärte Pernkopf. Klar sei aber auch: „Wir müssen in allen Bereichen unsere Unabhängigkeit sichern.“ Das erfordere den konsequenten Ausbau der Versorgung mit Erneuerbaren Energien, schnellere Verfahren und eine verpflichtende Speicherbevorratung im Energiebereich, „also eine strategische, staatliche Gasreserve“.
Vorrang für die bäuerliche Produktion im eigenen Land
Ebenso forderte Pernkopf „Vorrang für bäuerliche Produktion im eigenen Land, am eigenen Kontinent“, statt Agrarflächen still zu legen „oder gar Lebensmittel aus anderen Erdteilen zu importieren. „Wir spüren einmal mehr, dass eine sichere Versorgung nicht selbstverständlich ist und von vielen Faktoren abhängt“, hielt dazu auch Präsident Johannes Schmuckenschlager für die LK Niederösterreich fest. Das gelte für die Versorgung der Bürger, der Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft und Industrie sowie der land- und forstwirtschaftlichen Produktion und ihrer Märkte gleichermaßen. „Auf unsere Bäuerinnen und Bauern ist Verlass, sie arbeiten tagtäglich dafür, die Menschen mit Lebensmitteln und Rohstoffen zu versorgen.“ Um die Versorgung auch in Zukunft gewährleisten zu können, gehe es nun darum, einen Plan zur „strategischen Versorgungssicherung im Sinne der wirtschaftlichen Landesverteidigung zu erarbeiten“, mit kurz- wie auch mittelfristigen Maßnahmen. Das Ziel dieses Plans ist für den Kammerpräsidenten „ganz klar die Versorgungssicherung in allen Bereichen. Weil regionale Versorgungssicherheit führt zu mehr Unabhängigkeit von Importwaren und erhöht generell die Krisenstabilität eines Landes.“
Zur aktuellen Versorgungslage im Energiebereich gab EVN-Vorstandsdirektor Franz Mittermayer Entwarnung: „Aus heutiger Sicht ist für diesen Winter die Versorgung gesichert.“ In einer gemeinsamen Kraftanstrengung gelte es nun, mit Augenmaß die Sicherheit für den nächsten Winter herzustellen.
Die erwähnte Expertenrunde setzte sich zusammen aus RWA-Boss Reinhard Wolf, den Molkereimanagern Josef Braunshofer (Berglandmilch) und Josef Simon (NÖM), dem Landesobmann der Agrarhändler Herbert Gutscher, NÖ-Genetik-Geschäftsführer Karl Zottl, Franz Rauscher und Werner Habermann von der Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf sowie Bauernbunddirektor Paul Nemecek.
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- 09 02 10 22 NO: ZVG