Wenn die ganze Kuh an einer Zitze hängt

Ist der Strichkanal noch intakt, so ist die Verletzung gut operierbar. Vernäht wird in mehreren Schichten. Rechts die fertig operierte Zitze.

Zitzenverletzungen wecken oft schlimmste Befürchtungen. Bei sachgerechter Behandlung bestehen meist aber gute Chancen auf Heilung. Richtiges Vorgehen führt zum Erfolg. Wichtig für die Behandlung und Genesungsaussichten ist die Unterscheidung, ob der Strichkanal betroffen ist oder nicht.
Ist der Strichkanal nicht betroffen, dann gilt es zu entscheiden, ob eine Zitzennaht notwendig ist. Viele, auch spektakulär aussehende Verletzungen haben bei intaktem Strichkanal und sorgfältiger Operation eine gute Prognose. Die normale Melkbarkeit kann häufig wieder hergestellt werden.

Gründliche Wundreinigung ist wesentlich

Der wesentlichste Punkt bei jeder Zitzenoperation ist die gründliche chirurgische Wundreinigung. Damit die Naht nicht nach einigen Tagen wieder aufgeht, müssen alle verschmutzen und veränderten Gewebeteile vollständig entfernt werden. Wichtig ist daher, dem Tierarzt einen Kippstand zur Verfügung zu stellen. Nur so kann die Wundreinigung gut durchgeführt werden.
Ein Verband sollte nicht angelegt werden, da nur eine trockene Wunde gut heilt. Eine verbundene Naht wird dagegen fast immer eitrig. Um eine ungestörte Wundheilung zu ermöglichen, darf natürlich auch nicht gemolken werden. Trockenstellen für einige Tage oder das Anbringen eines Dauerkatheters sind die Möglichkeiten, um das zu gewährleisten.

Verletzter Strichkanal erfordert schonende Methoden

Eine Zitzenverletzung mit Beteiligung des Strichkanals ist als viel schwerwiegender anzusehen. Der Strichkanal hat Bedeutung für die Melkbarkeit sowie für den Zitzenverschluss. Ist die Funktion des Strichkanals gestört, so kommt es zu Problemen bei der Melkarbeit und beim Schutz des Euters vor eindringenden Keimen. Mastitis ist die unausweichliche Folge.
Nur eine Therapie mit schonenden Methoden kann die Funktion des Strichkanals erhalten. Auch hier gilt, dass Aussicht auf Erfolg nur besteht, wenn das betroffene Euterviertel für einige Tage trocken gestellt wird oder wenn ein Dauerkatheter gesetzt wird.
Zur Verhinderung von Strichkanalverwachsungen werden beim temporären Trockenstellen diverse Stifte eingeführt. Werden Zitzen mit verletztem Strichkanal weitergemolken, so entwickelt sich eine äußerst schmerzhafte Entzündung des Strichkanals und der Zitzenspitze. Bei solchen Veränderungen besteht für die weitere Heilung eine sehr schlechte Prognose. Kommt es aufgrund einer Verletzung des Strichkanals zu einer Schwermelkbarkeit einer Zitze, dann ist es besser, das betroffene Viertel eher frühzeitig trockenzustellen, als den Strichkanal aufzuschneiden oder zu erweitern.

Zitzenglöckchen sind „Mörderinstrumente“

Der Einsatz von Instrumente wie Zitzenmesser oder Zitzenglöckchen ist wegen ihrer massiv zerstörerischen Wirkung auf den Strichkanal aus eigener Erfahrung völlig abzulehnen! .
Ebenso kritisch anzusehen sind rein innere und damit äußerlich nicht erkennbare Strichkanalverletzungen.
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| Dr. Franz Kritzinger, Tierarzt, Vöcklamarkt (OÖ) |

Der vollständige Beitrag samt Fotos ist in der BauernZeitung, Nr. 05/2022 enthalten.

- Bildquellen -

  • W 2205 Zitzenoperation: Dr. Kritzinger
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AUTORH.M.
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