Vom 18. bis zum 20. Mai 2021 wählen die Studierenden an Österreichs Universitäten, Privatuniversitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen ihr neues Studierendenparlament. Die Besonderheit der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (ÖH) ist einerseits, eine politische Vertretung für alle Studentinnen und Studenten gegenüber den Universitäten, den Professoren aber auch der Ministerien zu sein und andererseits, ihnen auch den Alltag abseits des Studiums zu erleichtern. Denn das echte Studentenleben hat herzlich wenig mit der Vorstellung vieler junger Menschen vor dem ersten Semester gemein: Zu Prüfungsdruck, langen Wartezeiten oder Platzmangel kommen seit einem Jahr auch noch die Corona-bedingen Einschränkungen in der Präsenzlehre dazu.
Die Studierenden müssen in der ÖH im Vordergrund stehen
Zudem ist Studieren aber vor allem eines: teuer. Für rund ein Drittel aller Studierenden ist es daher unerlässlich, nebenbei arbeiten zu gehen. Und in Zeiten wie diesen ist das keine einfache Sache, weil durch den Lockdown auch viele typische Studenten-Jobs in der Gastronomie oder im Handel weggefallen sind. Die Anfragen bei der ÖH zeigen deutlich, dass die Probleme der Studentinnen und Studenten gerade seit Auftreten des Coronavirus existenzieller geworden sind. „Die ÖH-Vertretungen sind häufig die ersten Anlaufstellen für Studierende in Not, wenn sie kein Geld mehr haben, wenn sie rechtliche Unterstützung brauchen oder nicht mehr wissen, wie sie Kinderbetreuung und digitales Studium unter einen Hut bekommen sollen“, sagt Sabine Hanger.
Die AG steht für konstruktive Studierendenvertretung
Die 26-jährige Jus-Studentin aus Ybbsitz (NÖ) ist die Bundesobfrau der AktionsGemeinschaft (AG) und gibt seit einem halben Jahr auch innerhalb der ÖH den Ton an, nachdem sie im vergangenen Herbst die Leitung der Bundeshochschülervertretung übernommen hat.
Zwar verfügt die AktionsGemeinschaft in der 55-köpfigen ÖH-Bundesvertretung als stärkste Fraktion über 15 Sitze, allerdings hatte sich nach der ÖH-Wahl im Frühjahr 2019 zunächst eine linke Koalition aus Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS), Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) und Fachschaftslisten (FLÖ) gebildet. Mit der Zeit sind aber alle Vorsitzenden dieser drei Gruppierungen zurückgetreten, die Dreier-Koalition ist in der Folge geplatzt. Also wurde Hanger zur obersten Chefin des österreichweiten Studentenparlaments gewählt. „Es ist eine Minderheitenexekutive mit fliegenden Mehrheiten während der Sitzungen, im Alltag aber eine stabile Interessenvertretung,“ betont die engagierte ÖH-Chefin.
Hanger ist eine Frau der Tat
In der laufenden Funktionsperiode konnte sich die AG auch schon einige Erfolge auf ihre Fahnen heften, allen voran etwa die die Aufstockung des Corona-Härtefonds für Studierende um 450.000 Euro (auf insgesamt mehr als 1 Mio. €) oder auch die Steigerung der Planstellen für die kostenlose psychologische Studierendenberatung um fast 40 Prozent. Weiters hat die AktionsGemeinschaft in den Verhandlungen um die Universitätsgesetz-Novelle dafür gesorgt, dass die gesetzlich vorgeschriebenen drei Prüfungstermine pro Semester nicht – wie ursprünglich geplant – reduziert werden. Erstritten wurde auch, dass nach der ersten Herabsetzung der Mindeststudienleistung auf 24 ECTS-Leistungspunkte in den ersten beiden Studienjahren nun eine weitere Reduktion auf 16 ECTS ausverhandelt wurde. „Dass wir uns hier auf eine Mindestleistung von vier ECTS pro Semester einigen konnten, ist definitiv ein Sieg für die Studierenden”, betont ÖH-Vorsitzende Hanger.
Momentan setzt sie sich mit dem AG-Team besonders dafür ein, dass die Hochschulen in naher Zukunft wieder aufsperren können, um den Studierenden die Nutzung der örtlichen Infrastruktur zu ermöglichen.
Ein Herzensanliegen sind Hanger auch die Auslandssemester, weil diese „im Lebenslauf immer noch als fetter Pluspunkt gelten“. Mit dem Brexit endet das Erasmusprogramm in Großbritannien. Die AG-Obfrau fordert eine bilaterale Lösung: „Österreich muss ein Ersatzprogramm verhandeln.” Federführend ist die AG auch bei der Forcierung eines breiteren Angebots regionaler Lebensmittel in den Mensen oder beim „365-Euro-Jahres-Ticket“ für alle öffentlichen Verkehrsmittel in Österreich. www.aktionsgemeinschaft.at
Wie funktioniert die ÖH-Wahl?
Bundes-, Hochschul- und Studienvertretung: Von 18. bis 20. Mai wird bei der ÖH-Wahl auf drei Ebenen gewählt. Während man bei den beiden Erstgenannten eine Fraktion wählt, ist die Studienvertretung eine direkte Personenwahl. Wegen dieser organisatorischen Unterschiede ist die Wahl der Studienvertretung nicht per Briefwahl möglich. Wählen dürfen alle ordentlichen Studentinnen und Studenten mit gültigem Studierendenausweis. Voraussetzung dafür ist die fristgerechte Überweisung des ÖH- und des Studienbeitrags bis 30. März. Dieser Stichtag liegt genau sieben Wochen vor dem ersten Wahltag. Diese Frist deckt sich jedoch nicht mit der sonstigen Nachfrist für die Inskription. Ansonsten ist es egal, ob man gerade auf Auslandssemester ist oder als ausländischer Student sein Auslandssemester gerade in Österreich macht.
Da in absehbarer Zeit keine großen Vorlesungen in Präsenzform stattfinden, könnte jenen, die nicht gerade zufällig am Studienort wohnen oder jobben, der Weg ins Wahllokal zu weit sein. Um ihnen die Teilnahme zu erleichtern, wurden rund 30.000 Briefwahlkarten gedruckt – so viele, wie noch nie zuvor. Die Wahlkarten für die Briefwahl können ab 31. März bis 11. Mai beantragt werden. An Bildungseinrichtungen mit berufsbegleitenden oder dualen Studiengängen können ein oder zwei Wahltage auf den 14. oder 15. Mai vorgezogen werden, weil dort Lehrveranstaltungen nur am Wochenende abgehalten werden. Das Endergebnis muss bis 27. Mai verlautbart werden. Bis Ende Juni erfolgt die konstituierende Sitzung der Bundesvertretung, damit die neue Funktionsperiode ab 1. Juli beginnen kann. Alle Wahlvorschläge und Kandidaten stehen spätestens bis 27. April fest.
Artur Riegler