Ohne Begeisterung ist noch nie etwas Großes entstanden“, betonte Heidi Zehetner bei ihrem Vortrag im Rahmen des LFI-Seminars „Ideen-Reich Landwirtschaft“. Nun gut, aber alleine durch Begeisterung werden keine Ideen für Innovationen geboren. Wo also bekommen Bäuerinnen und Bauern Ideen her?
Ideenfindung – viele Wege führen zur Innovation
„Zukunftstrends sind ein Ausgangspunkt“, meint die Unternehmensberaterin und erklärt weiter: „Trends sind Ausdruck von neuen Bedürfnissen und Veränderungen in unserer Gesellschaft.“ Den Weg weisen können laut Expertin vor allem die Megatrends wie Urbanisierung, Digitalisierung, Überalterung der Gesellschaft und häufig auch die daraus resultierenden Gegentrends, zum Beispiel die Regionalität. Jemand, der einen Trend sehr gut genutzt habe, sei die Firma Neuburger. Sie haben erkannt, dass immer mehr Menschen sich vegetarisch oder vegan ernähren. Mit Würstchen hergestellt aus Kräuterseitlingen, bekannt unter der Marke „Hermann Fleischlos“, haben sie den Trend proaktiv in eine neue Produktlinie verwandelt. „Eine Innovation als Reaktion auf eine Frage der Zeit“, schlussfolgert Zehetner.
Ein weiterer Ideenquell kann das unmittelbare Umfeld, also Familie, Freunde, Mitbewerber und natürlich die Kunden, sein. Bezüglich letzterer erklärt Zehetner: „Trends sind oft was Generelles. Wichtig ist aber auch, dass ich mir meine eigenen Kunden genau anschaue. Es kann nämlich sein, dass ein gezielter Trend für meine Zielgruppe besonders wichtig ist.“ Um sich in den Kunden hineinzudenken und seine Wünsche zu erahnen, rät die Referentin sich Leitfragen wie diese zu stellen: Welchen Nutzen erwartet der Kunde? Wovon träumt er? Hat er ein Problem, eine Herausforderung, Befürchtungen? Welche Aufgabe hat meine Zielgruppe (z. B. berufstätige Mütter) zu erfüllen?
Das allerwichtigste, um Inspiration zu finden, sei neugierig zu sein und in die Welt hinauszuschauen. Zehetners Appell: „Redet mit Menschen. Was beschäftigt sie? Was lesen sie in der Zeitung, in den Sozialen Medien? Schaut auch über den Tellerrand hinaus – was gibt es in anderen Ländern, dass ihr adaptieren könnt? Und vergesst nicht, immer wieder aus der Vogelperspektive auf den eigenen Betrieb oder das eigene Produkt zu schauen.“
Kreativmethode und Innovationskultur
Eine spannende Methode, um zu Ideen zu kommen, ist das sogenannte „Design Thinking.“ Der wissenschaftliche Ansatz wird von vielen großen Unternehmen angewandt, um Probleme zu lösen und neue Ideen zu entwickeln. Dabei werden insgesamt sechs Schritte durchlaufen, die in zwei Räume (Problem und Lösung) unterteilt sind. Im obenstehenden Bild ist die Innovationsmethode als Grafik dargestellt.
„Um Innovation zu schaffen, braucht es aber nicht nur eine gute Idee, sondern auch eine entsprechende Fehlerkultur“, gibt Zehetner zu bedenken. Neuerungen seien immer mit Risiko behaftet, selbst wenn sie umfassend im Rahmen der Marktforschung getestet wurden. Um sich die Freude am Experimentieren zu erhalten, sei es daher wichtig nicht gleich frustriert zu sein. Fehlerkultur bedeutet im Fall des Scheiterns, einfach weiter zu machen. „Scheitern ist in unserem Kulturkreis nicht hoch angesehen. Amerikaner dagegen gehen viel lockerer damit um. Henry Ford etwa: ‚Ein Fehlschlag ist die Möglichkeit, noch einmal neu und klüger anzufangen‘“, versucht die Expertin heimische Landwirte mehr zum Experimentieren zu motivieren.
Auch ein österreichisches Beispiel, das zeigt, dass Scheitern zum Erfolg dazugehört, bringt sie vor – die Schokoladenmanufaktur Zotter. Nachdem Josef Zotter mit seinen Konditoreien in Graz in Konkurs gegangen ist – er nennt dies seine prägendste Lebenserfahrung – hat er mit der Schokoladenproduktion begonnen. Heute ist seine Riegersburger Manufaktur ein Vorzeigeunternehmen und weit über die Grenzen Österreichs bekannt.
Dass nicht immer alles glatt läuft, haben auch die vier landwirtschaftlichen Betriebe bestätigt, die im Rahmen des Vortrages als Paradebeispiele für innovative Betriebe vorgestellt wurden. Ihre spannenden Betriebskonzepte sind nachfolgend zusammengefasst.
Quelle: Oliver Wagner
Jura-Schafzucht
Oliver Wagner und Romana Hager aus Waizenkirchen sind 2016 auf das Jura-Schaf gekommen. Ihr Ziel ist es hochwertige und robuste Tiere mit genetischer Vielfalt zu züchten. Die Idee wurde aus dem Umstand heraus geboren, dass sie den Betrieb wieder nebenberuflich bewirtschaften wollten. Durch die Besichtigung diverser Betriebe konkretisierte sich die Idee.
Quelle: Christoph Rott
Indoor-Fischzucht
Christoph Rott und Kathrin Mair aus Pötting direktvermarkten „Hoffisch“. Die selbst gebaute Kreislaufanlage bestehend aus 20 Behältern steht im ehemaligen Schweinestall der Schwiegereltern. Auf einer Fläche von 300 m² werden jährlich 7,5 Tonnen Afrikanische Welse produziert. Für die Zukunft ist ein schrittweises Wachstum geplant.
Quelle: Humer; Biohof Thomabauer
Fleisch ohne Zusatzstoffe
Simon Humer hat die Landwirtschaft mit seinem Lehrberuf Koch vereint. Am „Biohof Thomabauer“ werden Schweine und Geflügel zur Herstellung von Bio-Fleischwaren gemästet. Das Besondere an den Produkten: Sie sind frei von Ge-
schmacksverstärkern, Phosphaten und Nitritpökelsalzen. Seit dem Vorjahr vermarktet er zudem unter der Marke „Naked Pig“ Premium-Prosciutto, Guanciale etc.
Quelle: Volker Weihbold
Exotenanbau
Gerhard Uttenthaler aus Eferding beschäftigt sich seit zwei Jahren mit dem Anbau von Exoten. Sein Kredo dabei: Aus Erfahrungen lernt man. Zuvor bewirtschaftete er seinen Hof mit 30 Hektar Ackerfläche als einen reinen Marktfruchtbetrieb. Sein Wunsch ist es, den Betrieb in Richtung Vollerwerb zu entwickeln. Nischenprodukte wie die Artischocke oder Reis sollen dies ermöglichen.
In Teil 1 der Innovationsserie wird erklärt was Innovationen überhaupt sind und warum es sich lohnt Neuerungen am Betrieb voranzutreiben.
- Bildquellen -
- Jura Schafe: Oliver Wagner
- Fisch Und Christoph: Christoph Rott
- Cool (70 Von 72): Humer; Biohof Thomabauer
- Bild 1 Artischocken: Volker Weihbold
- Grafik Designthinking: Bauernzeitung/jank