Franz Reisecker ist Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ und Vizepräsident des europäischen Bauernverbandes COPA. Im österreichischen Bauernbund leitet er eine Arbeitsgruppe zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020.
Wofür werden sich Österreichs Agrarvertreter in der GAP nach 2020 einsetzen?
REISECKER: Das wichtigste ist die finanzielle Ausstattung. Es muss gleich viel Geld wie bisher geben. Dann brauchen wir Vereinfachungen – und zwar nicht nur in der Verwaltung, sondern auf den Höfen. Die Landwirte müssen spüren, dass die GAP einfacher wird.Der dritte Bereich umfasst Regeln für die Märkte: Wir brauchen Steuerungsmöglichkeiten, um flexibel und rasch auf Schwankungen zu reagieren.
Über Vereinfachungen wird immer gesprochen. Gibt es konkrete Ansätze?
REISECKER: Das System der Zahlungsansprüche kann man streichen. Der Landwirt, der die Flächen bewirtschaftet, soll die Ausgleichszahlungen bekommen. Bei den Flächen brauchen wir keine m²-Vermessungen, sondern ein System, das Toleranzen vorsieht. Dem Landwirt muss auch mehr Eigenverantwortung zugetraut werden. Wegen eines falschen Beistrichs braucht es keine Sanktion. Bei kleinen Fehlern soll “Beratung statt Strafe” gelten.
Thema Märkte: Wäre eine Einkommensversicherung sinnvoll?
REISECKER: Ich spreche mich klar für die Beibehaltung des Zwei-Säulen- Modells aus: Die Erste Säule soll eine stabile Grundabsicherung darstellen. Dort ist kein Platz für Versicherungen. In der Zweiten Säule wäre es denkbar, allerdings wird es schwierig, für pauschalierte Landwirte ein vernünftiges System aufzubauen. Die Versicherung von Schäden wie Hagel, Hochwasser oder Dürre soll auch künftig außerhalb der GAP geregelt werden.
Gesellschaft und NGOs pochen auf mehr Umwelt- und Tierschutz. Kommen mehr Auflagen fürs gleiche Geld?
REISECKER: Diese Gefahr besteht. Wir müssen daher das Bewusstsein stärken, dass für die Landwirte eine Grundabsicherung ohne zusätzliche Auflagen notwendig ist. Dafür ist die Säule eins da. In der Zweiten Säule sollen wie bisher Naturschutz und Tierwohl eine wichtige Rolle spielen. Die Landwirte sind bereit, bei solchen Programmen mitzumachen, es braucht aber eine entsprechende Abgeltung. Eine starke Säule zwei stärkt auch die gesellschaftliche Akzeptanz. Diese Akzeptanz brauchen wir europaweit, um die finanziellen Mittel zu sichern.
Diskutiert wird ein Tierhaltungszuschlag. Macht eine Trennung in tierhaltende und nicht tierhaltende Betriebe Sinn?
REISECKER: Besonders in benachteiligten Gebieten ist es entscheidend, die Bewirtschaftung mit Tierhaltung finanziell abzusichern. Dazu sind Maßnahmen vor allem in Säule zwei zu forcieren.
Wird das nicht zu Differenzen innerhalb der Bauernschaft führen?
REISECKER: Jetzt geht es um einen europäischen Rahmen für die EU- Agrarpolitik nach 2020. Da macht es Sinn, dass man die Tierhaltung mit einem Flächenbezug belegt. Es geht auch um den Erhalt von Arbeitsplätzen – also jene Produktionen zu unterstützen, wo eine entsprechende Arbeitsplatzschaffung dahintersteht. Das wird ein wichtiges Argument, um im EU-Haushalt das entsprechende Geld für die Landwirtschaft zu bekommen.
Wie kann der einzelne Landwirt seine Anliegen einbringen?
REISECKER: Indem er den Fragebogen zur EU-Konsultation ausfüllt. Die Landwirte müssen sich da einbringen. Viele Nicht-Landwirte haben es nämlich schon gemacht. Hinweis: Der Fragebogen ist auf der Homepage der Kommission zu finden: http://ec.europa.eu/agriculture/consultations/cap-modernising/2017_de
Interview: Anni Pichler