Milchwirtschaft ein Jahr nach der Quote

Das erste Jahr nach dem Auslaufen der Milchquote war für die Milchwirtschaft ein äußerst schwieriges Jahr. Das Ende der Milchmengenbegrenzung führte in vielen Mitgliedsstaaten der EU zu einer höheren Produktion, während gleichzeitig die Folgen des Russland-Embargos andauerten und konjunkturelle Einbrüche bzw. mangelnde Kaufkraft infolge niedriger Rohstoffpreise die Exportnachfrage belasten. Diese sehr schwierige Situation auf dem weltweiten Milchmarkt erfasste die gesamte EU und auch Österreich. Erst durch verschiedene Marktentlastungsmaßnahmen auf EU-Ebene (z. B. Intervention), gesteigerten Exportmengen und einer geringeren Milchanlieferung infolge von Preisrückgängen kam es zu einer Trendumkehr bei den internationalen Notierungen.

“Den heimischen Molkereien ist es gelungen, die Preisrückgänge für die heimischen Landwirte abzufedern”, erklärte der Präsident der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM), Dir. Helmut Petschar, heute, Donnerstag, im Rahmen der Milchwirtschaftlichen Tagung im Schlosshotel Mondsse (OÖ). Dennoch mussten auch in Österreich die Erzeugerpreise zurückgenommen werden. Sie gingen im Vergleichszeitraum des Vorjahres um 6,7 % zurück und kamen in den ersten sieben Monaten des heurigen Jahres bei 35,25 Cent je kg zu liegen (Milch mit natürlichen Inhaltsstoffen, Durchschnitt aller Qualitäten, ab Hof, brutto; 28,64 Cent netto für konventionelle Milch, ohne Zuschläge), was eine weitere Verschärfung der Einkommenssituation auf den Höfen brachte. Umso wichtiger ist, dass durch entsprechende Maßnahmen eine baldige Erholung der Preise kommt.

Trotz struktureller Nachteile Österreichs im Vergleich zu vielen anderen Ländern liegt Österreich laut VÖM bei den Erzeugerpreisen EU-weit im Spitzenfeld, vor allem als Land mit einem deutlichen Exportbedarf an Milch. So zeigt ein Vergleich mit Deutschland für das vergangene und heurige Jahr einen deutlichen Preisabstand von mehreren Cent je kg, was einen Mehrerlös beim Milchgeld von über 100 Millionen Euro pro Jahr bedeutet. Die Preisrückgänge waren nicht nur am Heimmarkt, sondern vor allem auch auf den Exportmärkten zu verzeichnen. Trotz dieser anspruchsvollen Situation auf den Exportmärkten sind Exporte für die heimische Milchwirtschaft äußerst wichtig, schließlich werden ca. 50 % der Umsätze im Export erlöst, ebenfalls werden 30 % der Milchprodukte importiert, was den hohen internationalen Wettbewerbsdruck auf die heimische Milchwirtschaft deutlich macht.

Österreichs Qualitätsstrategie zeigt Erfolge

Gerade in dieser schwierigen Zeit für die Milchwirtschaft konnte Österreich mit einer konsequenten Qualitätsstrategie deutlich punkten, der hohe Qualitätsstandard der Produkte und die erfolgten Qualitätsdifferenzierungen sind ein wichtiger Baustein der heimischen Qualitätsstrategie, sie schaffen einen Mehrwert für die heimische Milchwirtschaft und kommen den Bauern und Konsumenten zu Gute.

“Die österreichische Milchwirtschaft ist überzeugt, dass nur mit hoher Qualität den Anforderungen der heimischen Konsumenten und beim Export bestmöglich entsprochen wird, wir erwarten dafür allerdings auch eine entsprechende Abgeltung und Wertschätzung durch Handel, Gastronomie und Konsumenten”, so Petschar. Dies hat auch bei den Milchpreisen für die heimischen Bauern Erfolge gebracht, allerdings stehen dem auch höhere Kosten gegenüber. Dennoch sind sich die heimischen Molkereien bewusst, dass die aktuelle Situation äußerst angespannt ist, umso mehr sind der österreichische Handel, die Gastronomie und Konsumenten gefordert, diese heimische Qualitätsstrategie entsprechend mitzutragen. “Nur wenn Qualität entsprechend entlohnt wird, wird es diese auch in Zukunft geben”, so Petschar, hängt doch an der Milchwirtschaft weit mehr als die Milchproduktion selbst, es geht um die Aufrechterhaltung und Pflege der heimischen Kulturlandschaft.

Durch die Qualitätsstrategie ist es auch möglich natur- und strukturell bedingte Nachteile der heimischen Milchproduktion in Vorteile umzuwandeln, schließlich will auch der Konsument eine möglichst naturnahe Produktion, er will eine Produktion mit Landschaftspflege und Tierschutz, eine Produktion bei der nicht die letzten technologischen Möglichkeiten ausgereizt werden, weiters will er eine sozial verträgliche Produktion und regionale Produkte. Die Molkereien sehen sich als wichtiger Akteur dieser Qualitätsstrategie, es geht darum diese hohe Qualität beginnend in der Landwirtschaft zu organisieren und abzusichern, in der Verarbeitung darauf besonders zu achten, den Handel und die Konsumenten dazu zu gewinnen, dass die Qualität über die gesamte Lebensmittelkette erfolgt und letztlich auch zum Konsument kommt. Wichtig ist, dass sich alle in der Lebensmittelkette ihrer Verantwortung bewusst sind.

Von besonderer Bedeutung ist hier die Rolle des Lebensmitteleinzelhandels, der eine wichtige Rolle bei der Auswahl der Produkte hat, wenn es darum geht, die österreichische Qualitätsstrategie zu unterstützen und nicht Importware ohne diese hohen Standards ins Regal zu stellen, weiters, dass es gelingt, die Identität der regional definierten Produkte aufrecht zu erhalten und diese nicht mit Eigenmarken des Handels austauschbar zu machen. Die heimische Milchwirtschaft sieht auch im Export der Milchprodukte mit der Qualitätsstrategie verbesserte Chancen.

Die Preisentwicklung bei den Milchprodukten hat dazu geführt, dass Milchprodukte billiger wurden, dadurch werden die Konsumenten entlastet, dies trotz der hohen Qualität der heimischen Produkte. Milch und Milchprodukte sind zudem äußerst hochwertige Lebensmittel in der Ernährung, Milch hat so viele positive Eigenschaften, die durch Imitate nicht erreicht werden können.


Politische Hilfsmaßnahmen erforderlich

Die bisher auf den Weg gebrachten politischen Hilfsmaßnahmen müssten weiter forciert werden. Zunächst seien die Zahlungen aus dem “7 Mio. Euro-Paket” für die Milchbauern sehr bescheiden ausgefallen, so die VÖM. Für die nunmehr feststellbare Trendumkehr am Milchmarkt hätten die EU-Marktentlastungsmaßnahmen in Form von Intervention und privater Lagerhaltung viel größeren Effekt gehabt, über 350.000 Tonnen Magermilchpulver wurden aus dem Markt genommen. Hier sei es wichtig, dass diese Mengen nicht vorschnell auf den Markt gebracht werden und die derzeitigen Preisentwicklungen gefährden. Für eine künftige Stabilisierung des Milchmarktes sei es ebenfalls wichtig, dass Marktentlastungmaßnahmen weiterhin attraktiv gestaltet werden.

Das zuletzt beschlossene Maßnahmenpaket mit der EU-weit einheitlichen Milchreduktionsmaßnahme und den zusätzlichen national gestaltenden “außergewöhnlichen Anpassungsmaßnahmen” können bei entsprechender Inanspruchnahme eine weitere Stabilisierung des Marktes unterstützen. Beide Maßnahmen stehen derzeit in der Antragsphase und die Landwirte werden auch von den Molkereien über die Bedingungen zur Teilnahme an diesen Maßnahmen informiert. Wichtig ist aus Sicht der Milchwirtschaft dabei, dass eine nachhaltige Verbesserung für den Milchstandort Österreich erfolgt und die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Michwirtschaft verbessert wird, die heimischen Milchbauern dürfen nicht weniger erhalten als ihre Berufskollegen in anderen Mitgliedsstaaten, zumal sie schon jetzt unter schwierigeren Verhältnissen produzieren müssen. Schließlich gelte es politische Signale im Absatz zu setzen – eine breite politische Initiative zur Beendigung des Russland-Embargos, Maßnahmen zur Unterstützung einer verbesserten Exportmöglichkeit heimischer Milchprodukte in verschiedene Länder und ebenfalls Maßnahmen zur Belebung des Binnenabsatzes. Notwendig sei weiters eine Unterstützung der Qualitätsstrategie, eine Ausdehnung des Bestbieter-Prinzips auf Joghurt und Käse in der öffentlichen Beschaffung, verbesserte Fördermöglichkeiten für Investitionen im Be- und Verarbeitungsbereich und eine Entlastung bei den naturbedingten höheren Ausfuhrkosten.

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