Für Interessenten, die vielerlei Funktionen des Cebis-Terminals nicht benötigen, sondern einen relativ einfach fahr- und einstellbaren Stufenlostraktor im mittleren Leistungssegment von Claas bevorzugen, ist die Variante CIS+ eine neue, interessante Option. Wir haben sie an dem Claas Arion 550 getestet, den wir dabei auch abseits von CIS+ gründlich auf den Zahn fühlen konnten.
Otto Krönigsberger, Landwirt
Schon ab 115 PS Nennleistung bringt Claas in der Arion 500-Modellreihe einen 4,5 Liter DPS-Motor mit zwei in Serie geschalteten Turboladern in Kombination mit dem hauseigenen Cmatic-Getriebe ins Spiel. Dank dieser Konfiguration zieht der Motor vom Standgas weg mit viel Drehmoment los, der Vierzylinder wirkt im Sieben-Tonnen-Traktor keineswegs träge oder lahm, im Gegenteil: In der getesteten, stärksten Vierzylinderversion mit 165 PS Maximalleistung strebt der Arion 550 äußerst beherzt zur optimalen Drehzahl für die jeweilige Arbeit. Da mit Einführung der neuen Abgasnorm ein 12,5 Liter AdBlue-Tank zu integrieren war, fasst der modifizierte Tank des im französischen Werk in Le Mans produzierten Modells nur mehr 169 Liter Diesel. In Österreich gehört deshalb der 47 Liter Zusatztank zur Standardausstattung. Der AdBlue-Verbrauch hält sich mit ca. zwei Prozent in Grenzen.
Wohlfühl-Kabine
Sehr gut entkoppelt die serienmäßige (mechanische) Vierpunkt-Kabinenfederung die Kabine von der Bodengruppe, man fährt besonders vibrationsarm und leise, bei schwerer Zugbelastung dominiert das Arbeitsgeräusch des Stufenlosgetriebes, die Motorgeräusche sind exzellent gedämmt.
Generell sind die seit unserem ersten Claas Arion-Test im Jahr 2015 erarbeiteten Detailänderungen in der relativ großen und breiten Kabine mit ordentlichem Platz für den Beifahrer fast durchgehend positiv zu bewerten – bis auf einige Ausnahmen wie den jüngst geänderten Aufstieg links: Er wurde durch neu positionierte Kraftstofffilter verschmälert, um AdBlue-Abgasreinigungskomponenten unterzubringen; wobei die zugehörige Wasserabscheider-Sensorleitung in schwierigem Terrain von unten her durchaus gefährdet erscheint.
Die mächtige, eher breit als lang gehaltene Motorhaube begünstigt den möglichen Lenkeinschlag durch eine Taillierung (wobei die Kotflügel ab der Geradeausstellung nicht zur Motorhaube mitschwenken), die Rundumsicht liegt „auf zeitgemäßem Mother Regulation-Niveau“. Leider wurde die Sicht schräg nach vorne gegenüber dem Vorgängermodell nicht wirklich verbessert: Nach wie vor schmälern die Wiederhol- bzw. Zusatzscheinwerfer „in Augenhöhe“ plus die grundsätzlich sehr guten, aber eben auch großen Rückspiegel den Blick auf Links- und Rechtskurven.
Ein extra Lob wert ist das klimatisierte große Staufach unter dem gepolsterten und im Zulassungsschein eingetragenen Beifahrersitz, dessen
Lehne vorgeklappt auch als Schreibunterlage taugt.
Der Heckanbauraum wurde für mehr Anschlussmöglichkeiten adaptiert, wobei die Sicht auf die Unterlenker in Ordnung ist. Für den Blick auf die Anhängevorrichtung ist ein Spiegel links unten am Heckfenster angebracht.
Dank neuer Motorhaube mit geänderter Luftführung und besserer Abdichtung gegen Kühlerverschmutzung wird die Motorabwärme an der Kabine weitgehend vorbeigeführt, was der Klimaanlage die Arbeit wesentlich erleichtert.
Hinter dem rechten Aufstieg zur Kabine findet sich ein versperrbarer Seitenkasten für Batterie und Werkzeug, darüber, in einem Gehäuse gut geschützt, die Zentralelektronik.
Die Lichtmaschine wurde auf 240 Ampere Leistung verstärkt, um den steigenden Strombedarf rund um den Traktor versorgen zu können.
Die (maximal) 14 LED-Arbeitsscheinwerfer und vier LED-Fahrleuchten erhellen die Umgebung nächtens wirklich nahezu taghell. Das ist spitze – aber dazu ein Tipp: Nach dem Arbeitseinsatz empfiehlt es sich, derart starke Arbeitsscheinwerfer schon eine Weile vor Erreichen einer öffentlichen Straße abgestuft wegzuschalten, denn wenn von einer Sekunde auf die andere nur mehr das Halogen-Abblendlicht verbleibt, erscheint einem dieses, als ob man plötzlich von der Mittagssonne direkt in ein abgedunkeltes Zimmer käme – die Augen brauchen einfach Zeit, sich auf STVO-konforme Leuchten umzustellen. Ebenso besteht bei Arbeiten mit voller Leuchtengalerie entlang von Straßen durchaus Gefahr, andere Verkehrsteilnehmer zu blenden.
System CIS+
Als Anzeige diente im getesteten Arion 550 neben einem überarbeiteten Armaturenbrett das farbige CIS-Display an der rechten A-Säule. CIS steht dabei für „Claas Information System“. Das Display des Landmaschinenkonzerns mit Hauptsitz in Harsewinkel (D) ist mittels Dreh/Drückschalter plus einer ESC („Escape“)-Taste rechts an der Lenksäule zu bedienen. Im Normalbetrieb zeigt es im oberen Bereich Informationen zu den Fahrbereichen und Zielgeschwindigkeiten, im mittleren zu Hydraulikventileinstellungen und Hubwerk und im unteren die Belegung der Funktionstasten.
Rechts vom Fahrer befinden sich bei CIS+ relativ viele, auch im Dunkeln gut erkennbare Tasten, Drehregler und Schalter, die zum Teil „nur“ der Sicherheit dienen – manch Praktiker formuliert dazu ab dem Modelljahr 2018 vielleicht den Seufzer: „Mother Regulation sei Dank…“. In Summe kommen so etwa 80 Bedienelemente für den Direktzugriff auf diverse Funktionen zusammen, auf die man jedoch mit ein wenig Übung erstaunlich treffsicher und überraschend effizient bei Tag und Nacht gezielt zugreift. Und letztlich verhindert die eine oder andere zu quittierende Sicherheitssperre irgendwann ja doch einen Flüchtigkeitsunfall.
Neue Vorderachse
Für die Vorderachsfederung des Arion hat sich Claas von der bisherigen Einzelradaufhängung verabschiedet und unter der Bezeichnung „Proactiv- Vorderachse mit Niveauausgleich“ eine Dana-740-Starrachse selbst weiterentwickelt. Das Resultat ist eine fast in der Traktormitte, beim Getriebe angelenkte Schwingenkonstruktion mit zehn Zentimetern Federweg, die zwei weit außen, direkt über der durchgehenden Achse sitzende, doppeltwirkende Hydraulikzylinder abstützen. Neben der Federung ermöglichen diese Zylinder auch die Links/Rechts-Pendelung der Achse (max. 8,5 Grad) und tragen so wohldosiert („aktive Wankstabilisierung“) zu einer sehr guten Fahrstabilität des Traktors bei hohen Geschwindigkeiten bei. Dazu kommt ein drastischer Wartungsvorteil: nur wenige Schmiernippel anstatt über zwanzig sind alle 50 Stunden mit Fett zu versorgen.
Neue Möglichkeiten bietet die dynamische Ansteuerung der Lenkung: Einerseits kann die lineare Übersetzung der Lenkraddrehung in den Lenkwinkel der Vorderräder in vier Stufen angepasst werden, andererseits sind zwei weitere Modi abrufbar: Erstens: feinfühlig für den Geradeauslauf und überproportional mehr Lenkwinkel bei stärkeren Lenkbewegungen. Zweitens: der geschwindigkeitsabhängige Modus mit reduzierter Lenkübersetzung über zehn km/h. Beide Modi gibt es in zwei Intensitätsstufen.
Klare Getriebebedienung
Drei virtuelle Geschwindigkeitsbereiche und ebenso drei Tempomatgeschwindigkeiten sind beim aktuellen Cmatic-Getriebe für jede Fahrtrichtung wählbar. Dafür ist bei CIS+ die Zielgeschwindigkeit durch längeren Tastendruck am „Drivestick“ während der Fahrt „einfrierbar“, um sie auch später wieder durch kurzen Tastendruck abzurufen. Alternativ ist sie auch während der Fahrt mit aktiviertem Tempomat durch Bewegen des Drivesticks anpassbar (solche Einstellungen bleiben auch nach Motorneustart gespeichert). Das geht in der Praxis wirklich intuitiv einfach, so wie ein Großteil der nutzbaren Funktionen durch Tastendruck. Trotzdem wäre es schade, keinen Blick in die rund 700-seitige Bedienungsanleitung zu werfen, die es gut strukturiert schafft, Unmengen nützlicher Detailinfos zum Traktor leicht auffindbar bereit zu stellen.
Mögliche Fahrstrategien sind vollautomatischer Betrieb, in dem der Traktor selbst die Parameter laufend optimiert, Drivestick-/Pedalbetrieb und manueller Modus, der es z. B. für Zapfwellenarbeiten ermöglicht, bei konstanter Motordrehzahl mittels Fahrpedal laufend die Geschwindigkeit anzupassen. Das unterstützen zwei separate Motordrehzahlspeicher.
Für problemlose Arbeiten in hängigem Gelände bietet Cmatic eine automatische Stillstandsregelung.
Beschleunigungsaggressivität und Motordrückung sind via Menü einstellbar – wenngleich die graphische Darstellung nicht so schön wie in der teureren Cebis-Variante ist, bleibt der Effekt gleich. Separate Power- und Ecomodi (z. B. für Transport) sind hinsichtlich mehrerer Parameter programmierbar und über F-Funktionstasten aufrufbar.
Der Sicherheit im Anhängerbetrieb dient die Streckbremsfunktion, die, richtig eingesetzt, verhindert, dass Anhänger den Traktor schieben und im Extremfall aus der Spur drücken. Alternativ dazu kann ein versierter Fahrer genauso eine teilautomatisch dosierte Motor-Getriebe-Bremsfunktion für Bergabfahrten nutzen.
In Summe hat man so schon in der Variante CIS+ ein Stufenlosgetriebe, das einerseits mit vielen Sicherheitsfeatures ausgestattet ist, andererseits aber interessierten Fahrern weite Optimierungsmöglichkeiten bietet. Vorwärts erreicht der Claas Arion schon mit 1500 Motor-UpM über 50 km/h, rückwärts maximal 21 km/h.
Steuergeräte
Die elektronischen Hydrauliksteuergeräte sind dezidiert ihren jeweiligen Bedienelementen Einzelhebel bzw. Joystick („Electropilot“) zugewiesen bzw. können zusätzlich über F-Tasten bedient werden, wobei CIS+ in Summe vier frei belegbare F-Tasten hat (Cebis mit Touchscreen hat zehn).
Ohne Umgreifen kann man nun direkt am Hydraulikjoystick Electropilot die Fahrtrichtung umkehren – das ist ideal für den Laderbetrieb.
Bei der Ausführung CIS+ ist neben Zapfwelle und Hubwerk auch ein Hydrauliksteuergerät extern bedienbar, wobei dieses den Kotflügeltasten fix zugeteilt und nicht wie bei Cebis nach Belieben zuweisbar ist.
Die Steuergerätebeschriftung ist vorbildlich.
An Vorgewendesequenzen kann CIS+ bis zu vier Sequenzen zeitabhängig speichern, Cebis hingegen je vier für bis zu 20 Arbeitsgeräte zeit- und wegabhängig sowie nachträglich editierbar: CIS+ ist eben einfacher, Cebis bietet mehr Möglichkeiten.
• Tipp: Alle Bilder zum Traktortest finden Sie in der Fotogalerie.
Wartung/Reparatur: Deutsche Gründlichkeit
Bei der Wartung ist Claas ein Musterbeispiel für deutsche Gründlichkeit, penibel sind umfangreiche Wartungsdaten in der Anleitung aufgelistet, mit Piktogrammen und Fotos unterstützt. Die Schmierintervalle für Hubwerke und Vorderachse liegen bei 50 Stunden, die Wechselintervalle, insbesondere für Filter, aber auch Öle, sind mit 500er-Schritten vorsichtig gewählt.
Vom Kühlerpaket lassen sich alle Kühler einzeln vorklappen, vor den Kühlern hat Claas kein Sieb, sondern setzt rundum an der Motorhaube auf ein großzügiges engmaschiges Gitter. Für Extremeinsätze, z. B. Mulcher in der Fronthydraulik, empfiehlt Claas einen kostengünstig realisierbaren Umkehrlüfter, der bei Bedarf leichte Pflanzenteile oder Stroh vom Inneren der Motorhaube heraus wieder wegbläst.
Zwar gab es während unseres Tests (Transportarbeiten, Leichtgrubber) einige Fehlermeldungen. Sie verschwanden allerdings allesamt spätestens nach Motorneustart. Ernsthaften mechanischen Defekt oder eine Fehlfunktion einer Komponente gab es keinen.
Fazit Arion 550: Universeller und unkompliziert bedienbarer Stufenlostraktor
Mit dem Arion in der Ausstattung CIS+ bietet Claas einen relativ unkompliziert und durchdacht bedienbaren, universell einsetzbaren Stufenlostraktor, der leicht auf unterschiedliche Einsätze optimierbar ist. Ein starker Motor und das hauseigene Cmatic-Getriebe sind mithilfe eines praxistauglichen Motor-Getriebemanagements im Arion 550 kombiniert. Der Fahrer genießt eine Komfortkabine, die diesem Begriff mehr als gerecht wird. Lediglich übervorsichtige Fehlermeldungen und Sicherheitshinweise können etwas nerven. Summa summarum ist der Traktor eine gelungene Symbiose aus deutscher Gründlichkeit und französischem Esprit.
Arion 550 (2018/TIER 4FINAL): Technische Daten im Überblick
Motor und Wartung
• 4-Zylinder „Claas Power Systems“ (DPS, John Deere Power Systems) mit 4525 cm³ Hubraum, 16 Ventilen und Claas spezifischer Motorkennlinie
• Hochdruck CommonRail-Einspritzung, zwei in Reihe geschaltete Turbolader
• Abgasnorm Tier 4final mit externer Abgasrückführung, Dieseloxidationskatalysator, Dieselpartikelfilter und mit AdBlue
• Nennleistung laut Zulassungsschein: 117 kW/159 PS
• Maximalleistung (nach „ECE R120“): 121 kW/165 PS
• Maximalleistung an der Zapfwelle: 106 kW/144 PS
• Maximales Drehmoment (bei 1500 UpM): 660 Nm
• Konstantleistungsbereich 1800 – 2100 UpM
• Nenndrehzahl: 2200 UpM, Leerlaufdrehzahl: 800 UpM
• Treibstofftank: Standard in Österreich: 168,7 Liter plus 45,8 Liter Zusatztank = 214,5 Liter, plus 12,5 Liter AdBlue-Tank
• Lichtmaschine mit 240 A Leistung, 180 Ah Starterbatterie
• Übliche Schmierstellen am Hubgestänge und an der (auch der gefederten) Vorderachse alle 50 Stunden
• Motorölwechsel: 16 Liter alle 500 Std. mit ACEA E9 /API CJ-4-Öl
• Kraftstoff- und Vorfilterwechsel alle 500 Std. (250 Std. bei Betrieb mit maximal 20 % Biokraftstoffanteil)
• Hydraulik- und Getriebeölwechsel alle 1000 Std., wobei Getriebeölfilter und zwei Hydraulikfilter alle 500 Std. zu erneuern sind
Cmatic-Getriebe
• CIT (Claas Industrie Technik) EQ200: hydrostatisch-mechanisches leistungsverzweigtes Stufenlosgetriebe mit zwei automatisch wechselnden Fahrbereichen
• Flexibel programmierbare Automatikfunktionen
• 40- oder 50 km/h-Ausführungen mit ca. 43 bzw. 53 km/h-Endgeschwindigkeit bei stark reduzierter Motordrehzahl
• max. Anhängelast 32.000 kg, maximaler Kippwinkel bei der Arbeit: 10 Grad
Zapfwelle/Hydraulik
•Mehrscheiben-Kupplung im Ölbad elektrohydraulisch angesteuert mit Sanftanlauf
• Vier Geschwindigkeiten Standard: 540, 540E, 1000 und 1000E bei 1980, 1533, 2030 und 1572 Motor-UpM
• Bedienung auch beidseitig am Kotflügel
• Heckkraftheber Gima, gesteuert via Bosch Heck-EHR (Cat III)
• Schlupfregelung optional verfügbar
• In Österreich Standard: maximal 8000 kg Hubkraft im Heck, durchgehend 7100 kg in den Koppelpunkten mit 110 Liter/min-LoadSensing- Hydraulikpumpe (optional: 150 Liter/min), wobei max. Hinterachslast der GPA23-Achse: 9000 kg
• Fronthubwerk (Cat. IIIN), zwei Zylinderdurchmesser wählbar mit durchgehend max. 3249 oder 2587 kg Hubkraft, wobei max. Vorderachslast: 5200 kg, wobei max. zulässiges Gesamtgewicht 11.000 kg
• Maximal sechs elektronisch gesteuerte Steuergeräte (vier im Heck plus zwei im Frontbereich), via CIS zeit- und mengenprogrammierbar, in der Bedienarmlehne integrierter Proportional-Joystick
Electropilot mit Reversiermöglichkeit am Hebel
• Ein fix zugeordnetes Steuergerät über Tasten im Heck bedienbar
• Vorbildliche Druckentlastungshebel an den Steckkupplungen im Heck
• Gemeinsamer Ölhaushalt Getriebe und Hydraulik, Füllmenge: 110 Liter
• Entnehmbare Ölmenge: ca. 40 Liter
- Bildquellen -
- Claas Arion 550 2018 Sehr Helle Ausleuchtung Der Umgebung Dank LED Scheinwerferpaket: Krönigsberger
- Claas Arion 550 2018 Kuehler Wartungsfreundlich Vorklappbar: Krönigsberger
- Masze Graphik Claas Arion 550 2018: Krönigsberger
- Claas Arion 550 2018 Titelbildvorschlag: Krönigsberger