„Wie weiter?“ beim Wolf und in der Landwirtschaft

Am Montag fand die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Tirol in Innsbruck statt. Die Anträge des Tiroler Bauernbundes enthielten unter anderem Themen wie Versorgungssicherheit oder die Unterstützung bei Stallumbauten und Energieaufwendungen. Im Vorfeld der Sitzung hielten Prof. Dr. Roland Norer, Dipl.-Ing. Norbert Gleirscher und Dr. Gernot Gallor Vorträge zum Thema „Wolf und Weidewirtschaft – wie weiter?“.

Prof. Dr. Roland Norer sprach im Vorfeld der LK-Vollversammlung über die rechtlichen Voraussetzungen rund um den Umgang mit dem Wolf in Tirol.

Die Kammerräte des Tiroler Bauernbundes stellten bei der Vollversammlung der LK Tirol ein Bündel an Anträgen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der heimischen Landwirtschaft vor. 

Unter dem Titel „Antrag zur Absicherung der Versorgungssicherheit“ forderte Regina Norz eine gesetzliche Verankerung der Versorgung mit Lebensmitteln unter Berücksichtigung der Regionalität. Weiters solle Bürokratie abgebaut werden. Bodenschutz und das „Nein zu Mercosur“ sind weitere Punkte, die die heimische Lebensmittelproduktion absichern sollen. Für die wirtschaftliche Planbarkeit der Betriebe soll sich die Bundesregierung bei den zuständigen Stellen für den erforderlichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Notfallzulassungen einsetzen und für passende gesetzliche Rahmenbedingungen im Bereich des Einsatzes von betriebsfremden, saisonalen Arbeitskräften sorgen.

Alexander Woertz brachte einen Antrag zur klaren Absage an eigentumsfeindlichen Besteuerungen ein. Diese Linie fordern die Kammerräte nicht nur von der aktuellen, sondern auch von der kommenden Bundesregierung.

Finanzielle Unterstützung für aktuelle politische Forderungen der Gesellschaft und des Handels an die Landwirtschaft forderte Andrea Lechleitner  mit ihrem Antrag zur Ausweitung der Investitionsförderung bei Stallumbauten zur Umsetzung von Vorgaben bei Tierwohl und Tierhaltung. 

Im Antrag zur Unterstützung des Energieeinsatzes am Hof von Thomas Schweigl wird nicht nur die Attraktivierung von PV am Hof behandelt, sondern auch die Wiedereinführung des Agrardiesels.

Eine Stärkung und Weiterentwicklung des Einheitswertmodells forderte Michael Jäger in seinem Antrag.

Einen Antrag auch Indexanpassung bei den Beitragswerten brachte Christian Angerer ein.

LK-Vizepräsidentin Helga Brunschmid widmete zwei Anträge dem Laborfleisch: Darin forderte sie den Verbot von künstlich produziertem Laborfleisch von internationalen Lebensmittelkonzernen und die Stärkung von regional produziertem Fleisch heimischer Bauern sowie die Durchsetzung des Verbots von Fleisch- und Milchbegriffen für Fleischersatz- und Veggieprodukte.

Josef Fuchs forderte die Überarbeitung des „Green Deals“ und Kurskorrektur bei der EU-Entwaldungsverordnung. Zusätzlich soll der Antrag „Forstförderung Tirol“ für die Erhöhung der forstlichen Förderung und das Aussetzen der Valorisierung der Waldaufseherumlage sorgen.

Bilanz: Großraubtiere in Tirol 2023

Einen Überblick über die Wolfssituation in Tirol im Jahr 2023 gab Norbert Gleirscher vom Land Tirol in seinen Vortrag: 26 Wölfe wurden nachweislich festgestellt, 11 davon im Bezirk Lienz. Hinzu kamen drei Bären. Im Vergleich wurden 2023 in Südtirol 29 Wölfe nachgewiesen. 19 Maßnahmenverordnungen wurden erlassen, welche zu vier erlegten Schad- und Problemwölfen führten (drei im Bezirk Lienz, einer im Bezirk Innsbruck-Land). Ein weiterer Wolf wurde überfahren im Gemeindegebiet von Pfunds aufgefunden. Im vergangenen Jahr wurden 540 Nutztiere gerissen bzw. vermisst. Erstmals befanden sich unter den getöteten Nutztieren auch mehrere Rinder, insgesamt 15 Stück.

Rechtsfragen um den Wolf

Prof. Dr. Roland Norer  von der Universität Luzern nutzte die Versammlung, um  Einblicke in die aktuelle rechtliche Lage im Wolfsmanagement zu geben. Hierzu verwies er auch auf sein im April erschienenes Buch „Wolfsmanagement im Alpenraum – Rechtsfragen zwischen Artenschutz und Weidehaltung“. Der in der Schweiz lebende Experte sieht am Beispiel seiner Heimat die Notwendigkeit der Bestandsregulierung beim Wolf. Für eine  Senkung des Schutzstatus in der Berner Konvention und der FFH-Richtlinie auf EU-Ebene braucht es laut  Norer aktuell jedoch noch viel Überzeugungsarbeit in Brüssel. „Wenn hier eine Änderung kommt, dann spät – eventuell sogar zu spät“, verdeutlicht er. Man müsse auf nationaler Ebene handeln und die sogar rechtlich vorgegebenen Eingriffsmöglichkeiten nutzen. Mit seinen Wolfsverordnungen sei Tirol im Österreich-Vergleich im Umgang mit dem Wolf bereits vorne dabei. In der Kommunikation mit der Öffentlichkeit müsse man stärker die Kostenfrage in den Fokus stellen. „Die Finanzmittel für den aktuellen Management-Aufwand wie z. B. DNA-Analysen für Nachweise könnten besser investiert werden – zum Beispiel in Maßnahmen für den Artenschutz“, schließt Norer.

Almsaison steht vor der Tür

Zum Abschluss der Fachvorträge stellte Dr. Gernot Gallor von der LK Kärnten noch das neue Kärntner Alm- und Weideschutzgesetz vor. Stefan Brugger, Obmann der Weidezone Tirol, hielt eine Kurzvorstellung zur Plattform ep-map.com ab. LK-Präsident NR Josef Hechenberger ergänzte: „Die Alm- und Weidesaison beginnt. Uns alle eint das gemeinsame Ziel, die Almwirtschaft vor dem Wolf zu retten. Schon der Blick auf unsere Nachbarländer und die wachsende Wolfspopulation zeigt, dass es nicht möglich ist, Risse komplett zu verhindern. Doch wir müssen Werkzeuge schaffen, um rasch darauf zu reagieren oder sogar schon präventiv handeln zu können.“ Am Dienstag fand eine Wolf-Enquete im Nationalrat statt. Abgeordneter Hermann Gahr gehörte zu den Rednern und meinte bereits am Montag dazu: „Es ist beunruhigend, wie sich die Situation um den Wolf entwickelt: Nicht nur, dass er im vergangenen Jahr auch schon Jagd auf Rinder gemacht hat, auch die fehlende Scheu des Wolfes vor dem Menschen sollte uns allen Sorgen bereiten – nicht nur den Bäuerinnen und Bauern.“

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AUTORRed. HP
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