Grundsätzlich muss jede Familie ihren eigenen Weg für ein gutes Miteinander finden – ob als Paar, im Familienbetrieb, am Hof, mit mehreren Generationen“, sagt Susanne Fischer, Lebens- und Sozialberaterin. Fischer beobachtet bei ihren Beratungsgesprächen, dass junge Ehepaare das Leben auf einem Bauernhof wieder mehr zu schätzen wissen: Die Arbeit vor Ort zu haben, das Aufwachsen der Kinder mit in das Geschehen am Hof einbinden zu können und die vielfältigen Möglichkeiten der Selbstversorgung – diese Vorteile sprechen für sich. Aber: „Es gibt kein Familiensystem ohne Konflikte“, so Fischer. Daher ist eine konstruktive Gesprächskultur wesentlich. Hilfreich ist hier der Dialog. „Er braucht Zeit, braucht Zuhören und gegenseitiges Verstehen wollen.“ Und bietet daher eine Möglichkeit sich wieder anzunähern. Der Dialog kann zu Zweit oder mit mehreren nach den selben Regeln geführt werden (siehe unten). Natürlich brauche es auch ein gewisses Maß an Spielregeln, die allerdings nicht in Stein gemeißelt sind; sie sind an die jeweilige (veränderte) Situation anzupassen. Hilfreich für das Zusammenleben am Hof ist immer: „Sich stets in der Grundhaltung der Toleranz und des Respekts zu üben und manchmal auch einfach über etwas hinweg schauen zu können“, so Fischer.
Dialog: Miteinander Reden kann viel verändern
1. Wann und wie lange nehmen wir uns Zeit.
2. Wo sind wir ungestört beim Reden.
3. Die zur Verfügung stehende Zeit wird durch die Anzahl der Teilnehmer dividiert, jeder hat gleich viel Redezeit.
4. Zuhören ist genauso wichtig wie das Erzählen. Während man zuhört, ist die eigene Meinung nicht gefragt. Sonst entstehen schnell Diskussion, Rechthaberei, Rechtfertigung.
5. Jede/r redet nur über sich selbst. Wie geht es mir, was denke ich, was macht mir Sorgen, wofür bin ich dankbar etc…
6. Den Dialog abschließen, indem man sich bedankt. Es braucht keine Nachbesprechung, keinen Kommentar.
Aufwachsen unter vielen: Bereicherung und Lernfeld
Denn eine Großfamilie, wie es oft die bäuerliche Familie heute noch ist, sei ein für den Menschen sehr entgegenkommendes Modell, das in Zeiten der Individualisierung an Wertschätzung verloren hat. Das afrikanische Sprichwort „Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf“ kann durch ein gutes Zusammenleben am Bauernhof Wirklichkeit werden. Das Aufwachsen mit vielen unterschiedlichen Menschen ist eine Bereicherung und ein Lernfeld für soziale Fähigkeiten zugleich. Kinder lernen, sich durchzusetzen, aber auch Rücksicht zu nehmen. Auch Eltern können von der Großfamilie profitieren, wenn sie zum Beispiel nicht immer zu 100 Prozent allein für das Wohl ihrer Kinder zuständig sind. Fischer diagnostiziert ein heutzutage vorherrschendes Gesellschaftssystem des Egozentrismus und Narzissmus bei gleichzeitiger Vereinsamung. Im Gegensatz dazu mussten sich früher alle dem System/dem Familienoberhaupt unterordnen, sich bis hin zur Selbstaufgabe anpassen. Für gelungene Beziehungen sei für Fischer ein Mittelweg zu suchen.
Toleranz aus der Distanz gelingt leichter
„Tolerant sein und verinnerlichen, dass andere anderes und anders tun dürfen, ist ratsam“, sagt Fischer. Dies könne aus der Distanz leichter gelingen als in der Verschmelzung. Daher: Gut getrennte Privatsphären erleichtern das Tolerieren der anderen. Klar aufgeteilte Wohnbereiche und definierte Spielregeln im Zusammenleben und -arbeiten seien daher das Um und Auf im Miteinander.
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