Schweinebauern brauchen wirksamen Investitionsschutz

Franz Rauscher wurde jüngst zum neuen Obmann des Verbandes der Österreichischen Schweinebauern gewählt. Im Interview steht er Rede und Antwort zu den drängenden Fragen der heimischen Schweinehalter.

Der neu gewählte VÖS-Obmann Franz Rauscher (2.v.r.) mit seinen Stellvertretern Markus Brandmayr (l.) und Josef Brandstätter (r.) sowie mit Geschäftsführer Michael Klaffenböck.

BAUERNZEITUNG: Die Erzeugerpreise für Schlachtschweine und Ferkel sind auf Rekordniveau. Dennoch ist die Stimmung unter den Bauern gedämpft. Warum?
Rauscher: Hohe Preise bedeuten nicht automatisch eine Vollkostendeckung. Auch die Produktionskosten sind extrem gestiegen. Schwankende Erzeugerpreise und Risiken ist die Branche ebenfalls gewohnt. Das wirkliche Problem ist die negative Darstellung der Schweinehaltung in den Medien. Das berührt vor allem die junge Generation. Vielen reicht es einfach, trotz guter Arbeit medial runtergemacht zu werden.

Trotz verstärkter Kontrollen werden immer wieder Missstände in so manchen Ställen aufgedeckt. Woran liegt das?
Das Kontrollsystem ist schon sehr dicht. Wir müssen noch intensiver auf die Beratung durch die TGD-Betreuungstierärzte setzen. Es bedarf einer Weiterentwicklung, die besonders auf Früh­erkennung von Problemen im Stall und auch im sozialen Umfeld der Tierhalter setzt.

Wie kann die Schweinehaltung medial wieder in die Offensive kommen?
Als ersten Schritt haben wir ein umfassendes Konzept „Österreichische Schweineproduktion 2050“ ausgearbeitet, mit ehrlichen transparenten Zielen in den Bereichen Haltung, Tierschutz und klimarelevanten Themen. Dieses Konzept werden wir schrittweise auch in die Öffentlichkeit tragen.

Viele halten die Aufzeichnungsvorschriften und Kontrollen für überzogen. Braucht es hier vielleicht ein „Zurück zum verträglichen Maß“?
Ein gewisses Maß an Kontrolle ist erforderlich. Eine Erleichterung wäre aber, indem man Mehrfachkontrollen vermeidet. Dazu müsste man Kontrollplan und Ergebnisse unabhängig vom Auftraggeber vernetzen. Die Datenbanken dafür wären vorhanden, beispielsweise das AMA KIS und die Datenbank der Tiergesundheit Österreich (Animal Health Data Service bzw. AHDS). Und ja, die Aufzeichnungsvorschriften sollte man auf ein verträgliches Maß für wirklich relevante Bereiche reduzieren.

Die Anträge auf Investförderung in den wichtigen Erzeugerregionen kann man an einer Hand abzählen. Die heimische Produktion wird mittel- bis langfristig kleiner. Ist die Eigenversorgung gefährdet?
Betriebe, die in der Produktion bleiben wollen, haben kostenintensive Adaptierungen durchzuführen. In der Sauenhaltung ist das Aus für den Kastenstand bis zum Jahr 2033 umzusetzen. Bis 2039 sind die Vollspaltenböden in der Ferkelaufzucht und in der Schweinemast zu eliminieren. Für die erforderlichen Investitionen brauchen wir für alle Sparten einen gesicherten Investitionsschutz. Diesen fordern wir mit Nachdruck. Gibt es keine Planungssicherheit, dann sehen wir die Eigenversorgung mit Schweinefleisch stark gefährdet.

Der Rückgang beim Ferkelangebot ist schon derzeit extrem. Ist es denkbar, die heimischen Programme für Importferkel zu öffnen?
Heimische Programme sind auch in Zukunft mit heimischen Ferkeln zu bedienen. Damit sichern wir die inländische Ferkelproduktion ab. Mit einer Öffnung der Programme für Importferkel würden wir zudem die Basis für die von uns geforderte Herkunftskennzeichnung und Regionalität verlieren.

Haltungssysteme mit mehr „Tierwohl“ sollen stark ausgeweitet werden. Noch ist der Anteil von TW 60, TW 100 und Bio im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Ist die Zielsetzung von einer Million „Tierwohlschweinen“ pro Jahr überhaupt in absehbarer Zeit realistisch?
Die Branche hat sich hier sicher ein sehr ambitioniertes Ziel gesetzt, das ist auch Teil unserer Offensive in der Öffentlichkeitsarbeit. Um diesen Weg erfolgreich zu beschreiten, wird es die Mithilfe der gesamten Wertschöpfungskette im Fleischbereich, im Lebensmittelhandel und auch die Konsumenten und Fleisch­genießer brauchen. „Der schlimmste Weg, den man aber wählen kann, ist der, keinen zu wählen.“

Viele Schweinehalter, die sich um Tierwohl bemühen, bleiben dennoch lieber möglichst anonym, um nicht Zielscheibe von aggressiv agierenden NGOs zu werden. Wie ist diesem Problem beizukommen?
Die Steigerung der Tierwohlfaktoren in der Schweinehaltung gehört zu den Grundsätzen jeder Tierschutzorganisation. In den Diskussionen zu Haltungsfragen bringen diese Organisationen viele Forderungen zur Verbesserung des Wohlbefindens der Tiere ein. Ich kann keinen Grund erkennen, weshalb Schweinehalter, die genau diesen hochgesteckten Forderungen nachkommen, ihre Produktion nicht zeigen sollten.

Das Schnitzel zählt in Österreich zum nationalenKulturgut. Sehen Sie eigentlich eine Gefahr durch Fleisch­imitate aus dem Labor oder durch vegane Ersatzprodukte?
Mit zunehmendem Wohlstand verändern sich auch die Ernährungsgewohnheiten, das ist offensichtlich. Der Fleischkonsum geht bei uns zwar zurück, in der weltweiten Perspektive nimmt die Nachfrage nach Fleischprodukten aber zu.
Meiner Meinung nach können Ernährungsrichtungen wie vegan, vegetarisch und ausgewogen mit Fleisch als wertvollem Lebensmittel vernünftig nebeneinander existieren. Es sollte aber keine Seite auf Kosten der anderen Erfolge suchen. Niemand sollte anderen vorschreiben, wie sie sich zu ernähren haben. Dass die vegane Nahrungsmittelindustrie für ihre Produkte immer Synonyme aus dem Fleischbereich verwendet, halte ich für bedenklich. Wie es aussieht, fehlen den Veganproduzenten noch die richtigen Konzepte.

Und das Laborfleisch?
Lebensmittel aus dem Labor sind noch sehr teuer. Man sollte die Produktion und deren Ökobilanz zumindest ebenso kritisch hinterfragen, wie die Tierhaltung.Ein Schnitzel vom Schwein oder das Wiener Original vom Kalb ist gleichzusetzen mit Genuss und Lebensfreude. Das wird nicht so leicht zu ersetzen sein, solange man uns nicht verbietet, Fleisch zu essen.

Quelle: BZ / Maad
Franz Rauscher

Ackerbau und Tierwohl-Mast
Ing. Franz Rauscher (55) ist neuer Obmann der Dachorganisation aller heimischen Schweineerzeugerverbände, des Verbandes Österreichischer Schweinebauern. Das Votum der VÖS-Delegiertenversammlung vom 21. Juni in Wels war einstimmig. Rauscher folgt somit auf Walter Lederhilger, der die Verbandsführung 14 Jahre lang ausgeübt hat. Franz Rauscher führt in Sitzenberg-Reidling im Tullnerfeld (NÖ) einen 100 ha-Ackerbaubetrieb mit Schweinemast (konventionell und nach Tierwohl-Standard). Die Zukunft des Betriebes ist durch Tochter und Schwiegersohn sowie bereits drei Enkelkinder gesichert. In der Standesvertretung ist der neue VÖS-Obmann als Obmann der Erzeugerorganisation Gut Streitdorf arriviert.

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  • 230621 W Rauscher Portrait: BZ / Maad
  • 230621 W VOES Vorstand: BZ / Maad
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QuelleH.M.
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