Preisfolgen der Getreideernte

“Bessere Auszahlungspreise sind nur in geringem Ausmaß zu erwarten”, sagt Kaiblinger. ©Agrarfoto.com
Bernhard Kaiblinger ist Analyst bei der Saatbau Preisgut GmbH und erläutert für die Bauern-Zeitung die Aussichten auf den Getreidemärkten sowie die Möglichkeiten von Absicherungen an den Terminbörsen. Im Interview spricht er über die Wintergetreideernte und ihre Auswirkungen auf die Preise.

Die Wintergetreideernte ist in Österreich fast abgeschlossen. Welches Resümee kann man bisher ziehen?
KAIBLINGER: Bundesweit blicken wir auf eine gute Wintergetreideernte zurück. Mengenseitig wurden sehr gute Erträge eingefahren, die Proteinwerte und Hektolitergewichte liegen aber unter den Vorjahresergebnissen. Der AMA-Erntebericht veranschlagte Anfang August die Weizenernte 2016 mit 2,08 Millionen (Mio.) Tonnen (t). Die Premium- und Qualitätsweizenfraktionen sind unterdurchschnittlich ausgefallen. Die inneren Qualitäten haben sich laut Agrarhändlern aber trotz der feuchten Witterung während der Ernte erstaunlich gut gehalten.

Aus Frankreich und Deutschland wird von teils katastrophalen Ertrags- und Qualitätseinbußen berichtet. Welche Auswirkungen hat das auf die europäische Weizenbilanz?
KAIBLINGER: In Deutschland und noch stärker in Frankreich haben die Niederschläge von der Blüte bis zur Ernte angehalten und bewirken teils starke Einbußen. In Frankreich zeichnet sich mit 29 Mio. t eine Ernte auf 33-Jahrestief ab, die Mahlweizen- anforderungen werden oft nicht erreicht. Nach dem Allzeit-Rekordergebnis 2015 von 40,9 Mio. t war die Erwartungshaltung hoch. In Deutschland werden mit zunehmendem Erntefortschritt die Einbußen konkreter. Mitte Juli wurde mit 47,5 Mio. t noch eine durchschnittliche Ernte prognostiziert, eine Reduktion könnte noch bevorstehen. In Bayern steht durch Niederschlagsunterbrechungen noch einiges an Weizen, die Auswuchsgefahr nimmt zu. Es warten jedoch EU-Überlager, die Mindererträge kompensieren können. Vielleicht ergeben sich trotzdem dort und da Absatzchancen. Gerade zur Erntezeit haben die Schreckensberichte der Terminbörse einen Höhenflug beschert.

Können wir uns auch am österreichischen Markt bessere Auszahlungspreise erwarten?
KAIBLINGER: Wenn, dann nur in sehr geringem Ausmaß. Am österreichischen Kassamarkt war die Aufwärtsbewegung der Terminbörse bisher kaum zu spüren. Bewegungen des Terminmarktes wirken sich, wenn überhaupt erst mit Verzögerungen auf die lokalen Märkte aus. Die Marktversorgung ist dafür zu gut. Gerade solche kurzen Extremphasen an den Terminmärkten wären wie geschaffen für Ab­sicherungsgeschäfte. Schön langsam geben die Terminmarkt-Notierungen ihre Zugewinne wieder ab. Die Weizen-Überlager sind global mit über 30 Pro­zent an der Jahresproduktion sehr hoch. Auch die EU hat fast zwölf Prozent der heurigen Ernteschätzung als Überlager. Sowohl aus dem Schwarzmeerraum, als auch aus den USA sind 2016 Rekordmengen verfügbar. Sollte also in der EU eine Lücke entstehen, kann diese gut mit eigenen Überlagern oder Importen kompensiert werden. Das tritt schön langsam ins Bewusstsein der Marktteilnehmer.

Bernhard Kaiblinger analysiert für die BauernZeitung. ©Privat
Bernhard Kaiblinger analysiert für die BauernZeitung. ©Privat
Gibt es für höhere Weizenqualitäten Hoffnungen auf bessere Preise?
KAIBLINGER: Da sowohl in Österreich, als auch in den Umländern die hochproteinigen Chargen heuer schwächer ausgeprägt sind als üblich, könnte sich hier eine bessere Vermarktungschance ergeben. Höhere Prämien zum Referenzpreis von Mahlweizen wären denkbar. Die großen Mahl- und Futterweizenernten deuten aber auf ein schwächeres Weizenpreisniveau hin. Höhere Qualitätsprämien als üblich klingen zwar gut, doch ist das Referenzniveau entscheidend. Die Bäume dürften auch hier nicht in den Himmel wachsen. Es macht Sinn, laufend mit den Handelspartnern in Kontakt zu sein, Preisniveaus abzufragen, und die Vermarktung in mehrere Chargen aufzuteilen.

Das feuchte Frühjahrswetter war also schlecht für die Weizenqualitäten. Für Mais sollte diese Witterung förderlich sein. Was ist am Markt zu erwarten?
KAIBLINGER: Mais hat die feuchte Frühjahrswitterung deutlich besser weggesteckt. Verzögerungen in der Jugendentwicklung durch das nasse Maiwetter wurde gut kompensiert. Hier dürfte uns in Europa eine Durchschnittsernte mit knapp 64 Mio. t bevorstehen. Für Österreich schätzt die AMA knapp zwei Mio. t. Die Vorgaben kommen aber aus den USA. Dort ist La Nina als Hitze- und Trockenheitsbringerin ausgeblieben, die vierte Rekordernte in Folge wird erwartet! In Kombination mit hohen globalen Maisüberlagern und dem gro­ßen Futterweizenangebot ist Preisdruck wahrscheinlich. Nur Südameri­ka hat sich mit seinen Exportprogrammen heuer schon früh verausgabt. Die Hoffnung besteht, dass die US-Ware zumindest im Export gefragt ist.

Am Maismarkt deuten sich also niedrigere Preise für den Herbst an. Kann man jetzt noch gegensteuern? KAIBLINGER: Genauso wie bei Weizen oder Raps stehen auch für Mais Termingeschäfte an der Matif Paris zur Verfügung. Ohne Liefermengen und Qualitäten garantieren zu müssen können die jetzt noch passab­len Preisniveaus abgesichert werden. Genauso bieten manche Aufkäufer börsenabgeleitete Preismodelle mit Lieferverpflichtungen an. Beides ist bei den drückenden Prognosen momentan durchaus überlegenswert!

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