Seit bald 20 Jahren sterben die Eschen. Der etwa im Jahr 2005 aus Ostasien eingeschleppte Pilz (Hymenoscyphus fraxineus) ist unscheinbar, hebt aber die größten Bäume sprichwörtlich aus den Angeln. Zuerst zeigen sich braune Punkte an den Blättern, dann sterben die Zweige ab, dann die Krone. Auch am Stammfuß bilden sich Nekrosen. Erkrankte Bäume werden anfällig für Wurzelfäule und fallen um.
So knapp, so sachlich hat es Heino Konrad, Abteilungsleiter für Ökologische Genetik und Forstliche Samenplantagen beim Bundesforschungszentrum für Wald (BFW), im Rahmen des jüngsten „Waldmontags“ des Waldverbandes Steiermark beschrieben, was einen der wichtigsten Waldbäume an den Rand der Auslöschung gebracht hat.
Der Pilz ist in ganz Österreich verbreitet
Entsprechend groß war das Aufsehen in weiten Teilen der Bevölkerung, so Konrad. Selbst große, gesunde Bäume haben keine Überlebensgarantie. Oft werden sie vorsorglich entnommen, um einem Totalverlust zuvorzukommen. Bis dato, so der Forstfachmann, gebe es auch keine Entwarnung, der Pilz sei unverändert aktiv, es gebe bundesweit kaum Regionen, wo der Befall abnimmt.
Dennoch gibt es ermutigende Signale. Zum einen hält die Wissenschaft eine natürliche Regulation oder ein neues Gleichgewicht zwischen Pilz und Baumbestand für möglich, denn der Pilz hat keinen Vorteil, wenn sämtliche Eschen absterben würden. Konrad: „Der Erreger profitiert in diesem Fall nicht vom Tod seines Wirtes.“
Ein zweites und weit stärkeres Hoffnungszeichen ist, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit widerstandsfähige Eschen gibt. Laut einer Untersuchung sind zwei bis etwa fünf Prozent der Eschen in den Beständen krankheitstolerant und zeigen sich auch bei Infektion mit dem Erreger weiterhin als „gesund“. Mit dem Leitsatz „Züchtung ist möglich“ konnte im Jahr 2015 das Projekt „Esche in Not“ gestartet werden, als Kooperation des BFW und des Boku-Versuchsgartens Tulln. Das übergeordnete Ziel lautet bis heute: Die Esche soll als Wirtschaftsbaumart erhalten bleiben!
Die Chancen dazu stehen sehr gut. Denn im Rahmen des Projektes „Esche in Not“ wurden im Versuchsgarten Tulln in Summe 35.000 Jungpflanzen von resistenten Mutterbäumen gezogen und laufend auf Zuwachs und Krankheitszeichen bewertet. Nach Abschluss aller Bonituren im Herbst 2023 waren insgsamt 20 Prozent der Nachkommen frei vom Eschentriebsterben. In einer weiteren Projektphase wurden rund 1.000 Nachkommen von 439 Mutterbäumen mit ausgezeichneten Wuchs- und Formeigenschaften gesichert und auch über Stecklinge weiter vermehrt.
Plantagen in allen Höhenlagen
Im Frühjahr 2024 schließlich wurde mit der Anlage von Samenplantagen begonnen. Um den Vegetationsbedingungen in Österreich besser Rechnung zu tragen, entschied man sich zur Anlage je einer Plantage im Westen Österreichs sowie je einer in Tieflage und einer in Hochlage. Die Tieflagen-Plantage wurde am Standort Feldkirchen an der Donau in Kooperation mit der Landesforstdirektion Oberösterreich angelegt, die Plantage für Vorarlberg in Zusammenarbeit mit der Landesforstdirektion Vorarlberg am Standort Rankweil. Im Herbst kam die Hochlagen-Plantage in Kooperation mit dem Landesforstgarten Tirol bei Nörsach in Osttirol dazu.
Zusätzlich werden mit den erzeugten Stecklingspflanzen Versuchsflächen auf Waldstandorten angelegt. Die erste Fläche wurde bereits im Herbst 2023 in Kooperation mit der Landesforstdirektion Oberösterreich bei Asten etabliert. Dort soll an einem Waldstandort unter hohem Infektionsdruck die hohe Krankheitstoleranz der ausgewählten Klone überprüft werden, um die Klonauswahl zu optimieren.
Noch zehn Jahre bis zur Saatguternte
Und wann stehen Jungeschen nun für die breitere waldbauliche Praxis zur Verfügung? Auf diese Frage antwortete Konrad, dass ertragreiche Saatguternten erst in etwa zehn Jahren zu erwarten sind. Das Endergebnis werden etwa 50 Prozent hochkrankheitstolerante Eschen sein. Es braucht also noch Geduld, bis man der Esche wieder zu ihrem gebührenden Platz im Wald verhelfen kann. Wichtig sei aber auch dann, dass man im Waldbau mit Esche die Krankheit einkalkulieren müsse, das heißt vor allem, in Mischung mit anderen Baumarten und nicht in Reinbeständen. Damit sei es möglich, die Esche als wichtige Mischbaumart im Klimawandel zu erhalten. Denn unter den Szenarien der Klimaerwärmung habe die Esche eine sehr gute Prognose. Unter sommertrockenen Bedingungen hat sich ihr Verbreitungsgebiet gehalten und im Norden und Osten Österreichs auch erweitert. Hier sei auch die Schmalblättrige Esche oder Quirl-Esche ein Hoffnungsbaum, für den ebenfalls ein Züchtungsprogramm laufe.
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