Nach Hitze-Rekordsommer: Neuer Bericht warnt vor gesundheitlichen Risiken des Klimawandels

Mehr Tropennächte, höhere Pollenbelastung, neue invasive Insektenarten: Klima- und Energiefonds präsentiert europaweit einzigartigen Sachstandsbericht.

Nach dem heißesten Mai seit 1868 war auch der Sommer von Rekord-Temperaturen geprägt. Dass sich diese veränderten klimatischen Bedingungen auf unsere Gesundheit auswirken, bestätigte jetzt der vom Klima- und Energiefonds in Auftrag gegebene erste nationale Sachstandsbericht zum Thema Gesundheit, Demographie und Klimawandel, der  gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium präsentiert wurde. Mehr als 60 österreichische Forscher aus den Fachbereichen Medizin, Klima und Demographie zeigten sich einig: Lösungswege können nur systemübergreifend gedacht und gefunden werden.

Der Sommer 2018 geht in die Geschichte ein: In allen Landeshauptstädten gab es deutlich mehr Hitzetage mit einem Höchstwert von mindestens 30 Grad Celsius als in einem durchschnittlichen Sommer, Wien und Bregenz verzeichneten mit 32 bzw. 16 Hitzewellentagen in Folge einen neuen Rekord. In Wien gab es insgesamt 40 Tropennächte und damit mehr als in jedem anderen Sommer seit Messbeginn.

„Der Rekord-Sommer 2018 hat gezeigt: Der Klimawandel ist real und seine Auswirkungen sind deutlich spürbar. Mit der vorliegenden Studie, die der Klima- und Energiefonds in Auftrag gegeben hat, wurden fundierte Fakten geschaffen. Nun brauchen wir konkrete Lösungen, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Die Österreichische Bundesregierung gibt dem Thema Klimaschutz große Bedeutung. Mit der Österreichischen Klima- und Energiestrategie #mission2030 haben wir eine Grundlage geschaffen, von der sich jetzt zahlreiche Maßnahmen und Strategien ableiten, die in die richtige Richtung gehen. Wir müssen außerdem die politikübergreifende Zusammenarbeit auf nationaler und auf europäischer Ebene im Bereich Klimaschutz stärken“, unterstrich Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger.

Hitze, Wetterextreme, Allergien: Klimawandel vor der Haustüre

„Mit dieser Meta-Studie ist Österreich europaweit Vorreiter: Es ist der erste Sachstandsbericht, der systemübergreifende Fakten in dieser Qualität und Tiefe liefert. Er verdeutlicht, dass wir uns in den nächsten Jahren auf vier zentrale Bereiche konzentrieren müssen: Hitze, Allergien, Extremwetterereignisse und neue invasive Insektenarten. Der Klima- und Energiefonds bereitet seit Jahren das Feld auf: Durch Klimafolgenforschung wie ACRP schaffen wir fundiertes Wissen, die KLAR-Modellregionen erarbeiten regional maßgeschneiderte Lösungen und mit unseren Programmen treiben wir die Energie- und Mobilitätswende konsequent voran“, betonte Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds.

Laut dem Special Report des Austrian Panel on Climate Change (APCC) wird sich die Zahl der Hitzetage während Hitzeepisoden bis Mitte des Jahrhunderts verdoppeln und trifft gleichzeitig auf eine ältere Gesellschaft, die einen um zehn Prozent (%) höheren Anteil an Personen über 65 Jahren aufweist. Aufgrund der wachsenden Zahl an Tropennächten, in denen nicht ausreichend Abkühlung stattfindet, führen all diese Entwicklungen insbesondere in dicht verbauten Gebieten zu stark erhöhten gesundheitliche Risiken. Im Zuge des Klimawandels rechnen die Forscher außerdem mit einer erhöhten Pollenbelastung insbesondere durch Ragweed (Traubenkraut, Ambrosia). Bereits heute sind rund 1,75 Mio. und damit rund 20 % der Österreicher von allergischen Erkrankungen betroffen. Folgt Österreich dem europäischen Trend, könnten das in den nächsten zehn Jahren 50 % werden. Auch finden künftig subtropische und tropische Stechmücken-Arten (z.B. Tigermücke und Buschmücke) hierzulande bessere Überlebensbedingungen vor und erfordern eine Überwachung der Ausbreitung sowie der Erkrankungen. Und nicht zuletzt werden extreme Niederschläge, länger andauernde Trockenheit oder heftigere Stürme im Zuge des Klimawandels erwartet, was nicht nur hohe wirtschaftliche Kosten, etwa durch Hochwasserschäden oder Ernteausfälle, verursacht, sondern auch lokale Auswirkungen auf die heimische Wasserqualität und -verfügbarkeit hat.

Bildung, Ernährung, Bewegung: Jeder und jede Einzelne kann gesünder leben und dabei das Klima schützen

Um die Transformation unseres Gesamtsystems im Hinblick auf den Klimawandel gezielt voranzutreiben und die größtmögliche Wirkung zu erzielen, ist es dem über 60-köpfigen Forscherteam zufolge notwendig, Klima und Gesundheit nicht getrennt voneinander, sondern systemübergreifend zu betrachten. „Sobald wir die Auswirkungen des Klimawandels auf alle unsere Lebensbereiche erkennen, kann es gelingen, passende Maßnahmen sowohl auf politischer, wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Ebene zu identifizieren als auch deutlich zu machen, wie jeder und jede Einzelne von uns bei einem klimatauglichen Leben unterstützt werden kann“, erklärte Willi Haas vom Institut für Soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur Wien und zentraler Studienautor. Der Special Report hat entsprechend den Qualitätsstandards des APCC einen mehrstufigen Bewertungsprozess und mehr als 2000 Kommentaren durchlaufen, der vom CCCA organisiert wurde.

Neben dem Abschwächen der Klimafolgen für die Gesundheit kann auch gezielt die Vulnerabilität bzw. Verletzlichkeit der Bevölkerung reduziert werden, in dem die klimaspezifische Gesundheitskompetenz von Gesundheitspersonal und Bevölkerung gestärkt wird. Die Förderung von sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen, insbesondere das Angleichen der Unterschiede zwischen Stadt und Land, kann zudem dazu beitragen, das Anwachsen der gesundheitlichen Ungleichheit durch Klimafolgen zu verhindern. Ziel muss es sein, die nötigen Bildungsangebote bereitzustellen, um es für alle Bevölkerungsschichten zu ermöglichen, sich über gesunde Lebensweisen zu informieren.

Verhaltensänderungen z. B. in den Bereichen Ernährung oder Mobilität wirken sich sowohl positiv auf das Klima als auch auf die Gesundheit aus. Eine gesündere Ernährung mit saisonalen und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln leistet auch einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz. Der Umstieg auf Elektromobilität ist ein notwendiger Baustein, zusätzlich bietet es sich gerade in Städten an, auf öffentliche Verkehrsmittel und aktive Mobilität zu setzen: Per Fahrrad oder zu Fuß unterwegs zu sein reduziert nicht nur Emissionen, sondern führt vor allem zu mehr gesundheitsförderlicher Bewegung im Alltag.

Die Synthese zur Studie zu Gesundheit, Demographie und Klimawandel steht unter http://bit.ly/APCC_Ö_Special_Report_2018 zur Verfügung.

Quelle: BMNT/Paul Gruber
Mehr Tropennächte, höhere Pollenbelastung, neue invasive Insektenarten: Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, der Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds, Ingmar Höbarth (l.), und Willi Haas vom Institut für Soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur präsentierten einen europaweit einzigartigen Sachstandsbericht zum Klimawandel.

- Bildquellen -

  • Sachstandsbericht Klimawandel: BMNT/Paul Gruber
  • Biene Lindenblueten 6 ID30585: Agrarfoto.com
- Werbung -
Vorheriger ArtikelAgrar-Terminmarktnotierungen 17. September 2018
Nächster ArtikelAGRANA BETAEXPO-Familientag am 23. September 2018 in Tulln