Ökosysteme sollen demnach wieder “intakt” gebracht werden, begradigte Flüsse sollen zurückgebaut, trockengelegte Moore wieder vernässt und Wälder sollen aus der Bewirtschaftung genommen werden.
An ebendieser Verordnung zur Wiederherstellung der Natur, welche ein Leuchtturmprojekt des Green Deals sein soll, stören sich bäuerliche Vertreter massiv. Schon in mehreren Ausschüssen des EU-Parlaments stieß der Vorschlag auf Ablehnung, im federführenden Umweltausschuss scheiterte der Vorschlag knapp. In Straßburg demonstrierten einen Tag vor der Parlamentsentscheidung Bäuerinnen und Bauern vieler EU-Länder gegen das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur. Die beiden Bauernbündler aus Österreich, Simone Schmiedtbauer und Alexander Bernhuber, haben sich den Protesten der Europäischen Volkspartei (EVP) unter ihrem Vorsitzenden Manfred Weber angeschlossen.
Bernhuber ortet “Fehlentscheidung”
Bernhuber bezeichnet das Ergebnis der Abstimmung als „inhaltliche Fehlentscheidung“ und fordert die EU-Kommission einmal mehr auf, das Gesetz zurückzunehmen. Er akzeptiere natürlich das demokratische Ergebnis, weist aber auf die Uneinigkeit hin. Nach der Ablehnung in den drei zuständigen Fachausschüssen Landwirtschaft, Fischerei und Umwelt gebe es jetzt nur eine knappe Mehrheit. “Wir sind für die Wiederherstellung ökologischer Lebensräume und machen das vielfach bereits. Aber wir müssen dieses Gesetz richtig machen: Der Vorschlag der Kommission würde zu einem Rückgang der land- und forstwirtschaftlichen Flächen führen, weil Produktionsflächen nicht mehr genutzt werden dürften. Das bedeutet nicht nur einen massiven Eingriff in das Eigentum der Grundbesitzer, sondern auch, dass wir aus Nicht-EU-Staaten Lebensmittel importieren müssten“, so Bernhuber. Er sieht zudem eine Gefahr für die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln in der EU, wenn das Gesetz so kommt. Würden weniger agrarische Flächen bewirtschaftet, müsse man mehr Lebensmittel aus aller Welt importieren. Ob das dem Klimaschutz zuträglich ist, sei für den jungen Bauerbündler fraglich.
Strasser: Nicht umsetzbar und Gefahr für Regionen
Auch Bauernbund-Präsident Georg Strasser übt scharfe Kritik am Gesetzesvorhaben. Wie auch die neun Bundesländer Österreichs sieht er in der Umsetzung der Vorschläge massive Unschärfen und Probleme für ländliche Regionen. “Mit diesem Vorschlag könnte es passieren, dass Hochwasserschutzprojekte und Wasserkraftwerke zurückgebaut werden müssten”, warnt er vor einem Sicherheitsrisiko für den ländlichen Raum. Auch seien für ihn die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht umsetzbar, weil damit etwa Schutzwälder und der Hochwasserschutz gefährdet wären.
“Enteignungsverordnung, bei der linke Ideologie über den Hausverstand gesiegt hat”
Mit der heutigen Abstimmung sei eine entscheidende und einschneidende Maßnahme gegen Eigentumsrechte, gegen Grundbesitzer, gegen die Bäuerinnen und Bauern und gegen eine leistungsstarke Landwirtschaft im Sinne der europäischen Versorgungssicherheit getroffen worden, so Paul Nemecek, NÖ Bauernbunddirektor. Es handle sich um eine wahre “Enteignungsverordnung, bei der die linke Ideologie über den Hausverstand gesiegt hat”.
Auf die Frage nach Abgeltungen für die betroffenen europäischen Bauern, die Flächen teilweise außer Nutzung stellen müssten, hatte die zuständige EU-Kommission bis dato noch keine klare Antwort geben können. Am Rande der Abstimmung wurde auch bekannt, dass seitens der EVP bereits Verhandlungserfolge zu mehreren Punkten, etwa bei Wald- und Agrarökosystemen, erzielt wurden.
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