Großbritanniens beharrlich grüner König

Seit dem Tod von Queen Elisabeth II. im September ist ihr Sohn Charles III. das Staatsoberhaupt des britischen Königreichs. Am Wochenende wird der als Kronprinz lange verlachte Monarch gekrönt. Dabei ist seine Majestät der vielleicht bekannteste Bio-Pionier weltweit.

Schon mit 22 Jahren warnte Charles in einer seiner ersten öffentlichen Reden nach seiner Amtseinführung als Prinz von Wales Anfang 1970 vor der Umweltverschmutzung. Ab den 1980er-Jahren übte der Thronfolger immer heftiger Kritik am zerstörerischen Umgang mit der Natur, engagierte sich für eine umweltverträgliche Landwirtschaft und ging alsbald selbst auf seinem gepachteten Landgut Highgrove in Gloucestershire, etwas außerhalb des Ortes Tetbury, mit gutem Beispiel voran. Nach Highgrove führt kein Hinweisschild. Ungebetene Gäste sind nicht erwünscht, und ohne Einladung kommt ohnehin niemand hinein.

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König Charles III.: Seit 40 Jahren ein Verfechter des Biolandbaus.

Als der Kronprinz nach Highgrove kam, gab es dort nicht viel mehr als Weideland, ein Dickicht aus Sträuchern und einen vernachlässigten ummauerten Garten. Heute ist es Charles ökologisches Königreich.

Prinz mit Öko-Idealen

Inspiriert von der Lehre Rudolf Steiners wurde die Privatresidenz Mitte der 1980er-Jahre auf biodynamische Demeter-Landwirtschaft umgestellt, anfangs 60 Hektar Land „zum Probieren“, mittlerweile zehnmal mehr. Er sei damals für einen „vollkommenen Idioten“ gehalten worden, erklärte der neue König kürzlich in einem Interview, nur wenige hätten sein Vorgehen verstanden. „Die Leute dachten, ich rede von einer neuen Art von Waschpulver“, als er zum ersten Mal das Wort Biodiversität in den Mund nahm, so Charles. Anfangs erntete er viel Spott, ließ sich davon aber nicht beirren.

Charles III.: „Mir wurde gesagt, ich sei ein kompletter Idiot, weil ich biologisch wirtschaften wollte.“

Während seine Mutter für ihren Großgrundbesitz im Werk Mannheim Traktoren der Marke John Deere in cremeweißer Sonderlackierung mit königlichem Wappen orderte, förderte ihr grün-affiner Nachwuchs auf seinen Feldern zu dieser Zeit noch weitgehend nonkonforme Anbaumethoden ohne Agrochemie und zum Schutz gegen die Verdichtung der Böden die Handhacke, um zu zeigen, dass „eine andere Herangehensweise an die Landwirtschaft“ möglich sei. „Er hat die Gefahren des Verlustes der biologischen Vielfalt jahrzehntelang hervorgehoben, bevor es zum Mainstream wurde“, so ein Reporter von BBC.
Auch der weit verbreitete Einsatz von „zu vielen Antibiotika in der Tierhaltung“ war ihm schon damals ein Dorn im Auge, weil dieser zu einer erhöhten Virenresistenz führen könnte, wie Charles fürchtete. „Auch das war einer der Gründe, warum ich vor 40 Jahren auf Bio umgestiegen bin.“

In den frühen 1990er-Jahren gründete der Windsor-Spross seine eigene Bio-Marke namens „Duchy Originals“, gentechnik-frei, die über die Supermarktkette Waitrose vertrieben wurde und heute mehr als 200 Produkte umfasst. Die Erlöse kommen wohltätigen Zwecken zugute.

„Bio“ hoffähig gemacht

Vom landwirtschaftlichen Vorzeigebetrieb haben sich indes viele britische Bauern Rat geholt: über alte Schaf- und Schweinerassen, Apfelsorten, traditionelle Pflanzmethoden bis zu vergessenem Handwerk. Dabei geht Charles dann und wann auch selbst ans Werk, mit Tweedmütze, Barbour-Jacke, Schutzbrille und Handschuhen. In seinen Gärten spricht er bekanntlich auch mit seinen Blumen.

Agrarpolitisch hat er mit seinem Bio-Ansinnen in UK dagegen keine Trendwende erwirkt. Teure Bio-Produkte können sich im Inselkönigreich nur die wenigsten überhaupt leisten. Adelige wie Baron Anthony Bamford, Besitzer des Bagger- und Landmaschinenkonzerns JCB, erzeugen auf ihren Latifundien zwar längst ebenfalls Bio-Waren wie etwa Eier aus Freilandhaltung, verkauft werden diese aber überwiegend nicht vor Ort in den East Midlands, sondern auf schicken Märkten in Londoner Nobelvierteln. Das britische Unterhaus plant gerade ein Gesetz zum Einsatz grüner Gentechnik in der Landwirtschaft. Und während in der EU mit der Farm to Fork-Strategie die massive Reduktion von Pflanzenschutzmitteln und Flächennutzung diskutiert wird, will Großbritannien nach dem Brexit seine Landwirtschaft intensivieren.

Seine Farm Highgrove hat der frühere Prince of Wales zu einem Vorzeigebetrieb gemacht.

Bio auch beim Heurigen

Persönlich hat Charles seine Ernährung umgestellt: An zwei Tagen pro Woche isst er kein Fleisch und keinen Fisch mehr, an einem anderen Tag verzichtet er auf Milchprodukte. „Wenn mehr Leute das tun würden, würde das den Druck auf die Umwelt stark reduzieren“, sagte er. Und ist überzeugt, dass „durch eine vegetarische oder vegane Ernährung alle gemeinsam dazu beitragen könnten, die Klimaprobleme besser in den Griff zu bekommen“. Auch auf Auslandsreisen besucht es primär Bio-Betriebe, zuletzt in Deutschland, bei seinem Österreich-Aufenthalt im Jahr 2017 musste selbst der Heurigen-Besuch bei einem Bio-Winzer stattfinden.

Hofbesitzer in Siebenbürgen

Im Jahr 2020 gab der damalige Prince of Wales bekannt, dass er im Hinblick auf sein künftiges König-Dasein den Pachtvertrag von Highgrove nicht verlängern werde. Aber der nunmehr oberste Royal besitzt auch noch das Landgut Sandringham in Norfolk, ebenfalls mit Bio-Landwirtschaft.

Zudem unterstützt der 74-Jährige mit seinem „Landschaftsfonds“ seit Langem gezielt kleine Familienbetriebe und ländliche Gemeinden – daheim in England und Schottland sowie seit vielen Jahren auch in Rumänien, wo er in Siebenbürgen mehrere alte Gehöfte in den Dörfern Viscri und Zalánpatak besitzt und sich dann und wann in die dortige Abgeschiedenheit zurückzieht. Selbst wenn er König ist, werde er immer wieder zurückkommen, soll Charles versprochen haben. Vermutlich aber weiterhin ohne Gemahlin Camilla. Die „Queen Consort“ soll ihn bisher noch nie nach Transsilvanien begleitet haben.

Hinweis: Erstmals hat die BauernZeitung für das Bild von Charles ein KI-Fotoprogramm bemüht und den Royal im Stile des Malers Arcimboldo zeichnen lassen.

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AUTORBernhard Weber
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