Die Depression ist ein komplexes Krankheitsbild. Eine Reihe von Symptomen kennzeichnet sie genauso wie eine Reihe von Faktoren, die sie auslösen kann. Einer davon ist die Art, sich zu ernähren. Mit den Zusammenhängen beschäftigt sich die Ernährungspsychiatrie, ein noch relativ neues Forschungsgebiet.
Darm und Hirn kommunizieren
„Man weiß heute, dass Darm und Gehirn miteinander über Botenstoffe kommunizieren, man spricht von der Darm-Hirn-Achse“, sagt Katharina Glück, Leiterin der Abteilung für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin am Klinikum Wels-Grieskirchen. Bisherige Studienergebnisse zeigten klar, dass die Wahl der Lebensmittel in vielen Fällen die psychische Gesundheit positiv beeinflussen könne.
Wie der Informationsaustausch genau erfolgt, sei Gegenstand aktueller Forschung. „Was wir mit Sicherheit sagen können, ist, dass viele Menschen mit psychischen Erkrankungen eine veränderte Darmflora aufweisen, die Keimvielfalt ihres Mikrobioms ist reduziert“, so Glück. Diese Veränderungen können eng mit den Essgewohnheiten zusammenhängen, weshalb eine vielfältige und ausgewogene Darmflora wiederum als förderlich für die psychische Gesundheit angesehen werden.
“Unsere moderne Ernährung, die großteils aus stark verarbeiteten Lebensmitteln besteht, enthält meist zu wenig Ballaststoffe.” Kerstin Dopler, Diätologin, Klinikum Wels-Grieskirchen
Zum einen sind es Ballaststoffe, die den Darmbakterien als Nahrung dienen und so ein gesundes Mikrobiom fördern. „Faserreiche Nahrungsbestandteile kommen hauptsächlich in Getreide, Gemüse, Obst, Nüssen und Samen vor“, erläutert Kerstin Dopler, Diätologin am Klinikum Wels-Grieskirchen. Unsere moderne Ernährung enthalte meist zu wenig Ballaststoffe. Weiters sei es die mediterrane Ernährung, die sich nicht nur für die Gefäße, sondern auch für die psychische Gesundheit als vorteilhaft erweise. Frisches Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Fisch und gesunde Fette kennzeichnen diese Ernährungsform in erster Linie.
Glückshormone: Die Produktion anregen
„Ergänzend spielen fermentierte Lebensmittel wie Kimchi, Sauerkraut oder Miso sowie Gewürze wie Kurkuma und Safran mit ihren antioxidativen Eigenschaften eine wichtige Rolle für die Gesundheit“, so Dopler. „Obwohl die Ernäh-rung den Serotoninspiegel im Gehirn nicht direkt steigern kann, gibt es Hinweise da-
rauf, dass eine gesunde Ernährung indirekt positive Effekte auf die Serotoninproduktion haben kann“, ergänzt Glück. Und: „Hier spielen auch ausgewogene Mahlzeiten und die Aufnahme von Nährstoffen wie Omega-Drei-Fettsäuren und
Vitaminen eine Rolle.“
Wenn man von Ernährungsgewohnheiten spricht, ist auch das Wie gemeint – etwa die Regelmäßigkeit der Mahlzeiten. „Unregelmäßiges Essen und ein hoher Zuckerkonsum können nicht nur die Stimmung negativ beeinflussen, sondern auch zu weiteren Gesundheitsproblemen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder anderen sogenannten Volkskrankheiten führen“, so Glück.
“Viele Menschen mit psychischen Erkrankungen weisen eine veränderte Darmflora auf, die Keimvielfalt ihres Mikrobioms ist reduziert.” Katharina Glück, Leiterin der Abteilung für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin
Nicht zuletzt sollte auch auf das richtige Trinken geachtet werden. Wasser spielt als lebenswichtiger Bestandteil unserer Ernährung eine entscheidende Rolle für die körperliche und psychische Gesundheit. Es sei empfehlenswert, vor allem Wasser und ungesüßte Tees zu trinken. Auf gesüßte Getränke und Alkohol sollte möglichst verzichtet werden.
Frisch und saisonal – heißt zugleich regional
Ernährung habe auch das Potenzial, präventiv gegen psychische Erkrankungen zu wirken. „Frisch gekochte, unverarbeitete Lebensmittel, die ballaststoffreich und möglichst saisonal und biologisch sind, tragen wesentlich zu einer guten psychischen Gesundheit bei“, erklärt Silvia Rudolf, klinische und Gesundheitspsychologin am Klinikum Wels-Grieskirchen. Ebenso wichtig sei es, sich Zeit für das Zubereiten und bewusste Essen zu nehmen – egal ob man nun mit der Familie isst, mit Arbeitskollegen oder auch ganz alleine.
“Ebenso wichig ist es, sich Zeit für die Zubereitung und das bewusste Essen zu nehmen – in Gesellschaft genauso wie auch alleine.” Silvia Rudolf, klinische und Gesundheitspsychologin, Klinikum Wels-Grieskirchen
Die Rolle der Ernährung in der Behandlung und Vorbeugung von Depressionen ist also vielseitig. Aus der Sicht der Expertinnen sollte daher eine ausgewogene Ernährungsweise als Bestandteil jeder Therapie bei psychischen Erkrankungen betrachtet werden.
Neue alte Erkenntnis
„Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel sein und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein.“ Diese Weisheit wird dem Griechen Hippokrates zugeschrieben, dem berühmtesten Arzt des Altertums. Offenbar trifft sie nicht nur auf körperliche Erkrankungen zu, sondern gilt auch für seelische Beschwerden.
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