Am 2. April 2023 richten sich in Imst wieder alle Augen gespannt nach oben, um zu prüfen, welche Gruppe heuer mit der längsten Palmlatte aufmarschiert ist. Aktuell liegt der Rekord bei 36,5 Metern, dieses Wert wurde am Palmsonntag im Jahr 2009 gemessen. 

Das Palmlattentragen hat in Imst eine lange Tradition und diese wird immer noch Jahr für Jahr hochgehalten – im wahrsten Sinne des Wortes. Es geht nämlich nicht nur darum, die längste Palmlatte zu bauen, diese muss auch drei Mal im Laufe des Palmsonntags aufgestellt werden: Um spätestens sieben Uhr müssen die Palmlatten bei der Pfarrkirche stehen, im Anschluss werden sie zum Pestkirchl getragen, wo sie wiederum unbeschadet aufgestellt werden müssen, bevor sie vom Pfarrer gesegnet werden. Zu guter Letzt erfolgt nach dem Rücktransport beim Gasthof Hirschen die Vermessung der Latten und der Sieger wird gekürt.

Auch hier müssen die Palmlatten noch einmal aufgestellt werden und dürfen dabei nicht zu Bruch gehen. Sollte es doch einmal passieren, dass eine Latte bricht, hat man zwanzig Minuten Zeit, um diese zu reparieren, nur dann ist man weiter beim Wettbewerb dabei. Außerdem besagt das Regelwerk, dass sich maximal zehn Männer am kräftezehrenden Aufstellen beteiligen dürfen. Das muss natürlich vorab geübt werden, denn nur mit der richtigen Technik schafft man es auch, die etwa 300 Kilogramm schweren Palmlatten, die aus Fichten hergestellt werden, in die Höhe zu bugsieren. 

Für eine Palmlatte mit rund 30 Metern benötigt man drei „Bauteile“. Am oberen Ende der Palmlatte wird ein Haselnusszweig angebracht, der als Symbol für die Verneigung der Menschenmassen beim Einzug von Jesus in Jerusalem steht. Die Gewinner des Wettbewerbs werden für ihre Mühen redlich belohnt und erhalten als Siegerprämie ein Würstl und ein Getränk. 

Palmbuschen

Neben den imposanten riesigen Palmlatten – vermutlich sogar den längsten Palmlatten der Welt – sieht man am Palmsonntag in Imst auch zahlreiche Palmbuschen, die durchs Dorf getragen werden. In zahlreichen Familien werden diese selber gebunden, je nach Region in unterschiedlicher Zusammensetzung. Niemals fehlen dürfen allerdings die Palmkätzchen, diese bindet man bestenfalls an einen Haselnuss-Stock, so bilden sie das zentrale Element des Busches.  Das restliche Grünzeug, z. B. Buchs, Zedern oder Wacholder, werden buschig angeordnet und aufgelockert durch Ölzweige rund um den Stock festgebunden. Mit einem grünen Floristenband verdeckt man den verwendeten Draht. Zu guter Letzt wird der Palmbuschen noch mit bunten Bändern und Palmbrezen dekoriert. 

Symbolkraft

Alle verwendeten Pflanzen haben eine bestimmte Bedeutung. So stehen die Palmkätzchen, die ja die ersten Futterpflanzen für Bienen im Frühling sind, für Neubeginn und Auferstehung. Der Buchs und Zedern tragen uns als immergrüne Pflanzen durch die dunkle Jahreszeit und stehen für Unsterblichkeit und für die Liebe über den Tod hinaus. Wacholder kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet „frischmachendes Gehölz“. Er hat seit jeher eine große Bedeutung als Würz- und Heilpflanze, in den Palmbuschen steht er für das Lebendige. Getragen wird der Palmbuschen in der Regel auf einem Haselnuss-Stock, dieser soll vor Blitzeinschlägen schützen und gilt als Symbol der Weisheit und Fruchtbarkeit.

 Selbst die Farben der Bänder werden nicht zufällig gewählt. Rot steht z. B. für das Blut Christi, Grün für Hoffnung, Weiß für die Unschuld und die Auferstehung. Violette Bänder symbolisieren die Fastenzeit, Gelb steht für die Kraft der Sonne. 

Nachdem man mit den geweihten Palmbuschen und Palmlatten nach Hause kommt, werden diese mit Bitten und Wünschen an verschiedenen Orten platziert. Sie sollen nämlich Haus und Hof vor Blitzschlag und Feuer schützen.

Brezeln

Auch für die Form der Brezeln gibt es die ein odere andere Erklärung. Die Form der Brezel soll die Gestalt eines im Gebet versunkenen Menschen darstellen, der die Arme vor der Brust gekreuzt hat. Als Vorlage für das Gebäck sollen Mönche gedient haben, die vor einer Bäckerei Schlange gestanden haben. Diese hielten die Arme vor der Brust verschlungen, wie es sich damals gehörte. Der inspirierte Bäcker kreierte daraufhin Teigstück in Anlehnung an diese Körperhaltung und benannte dies „Brezel“, abgeleitet von dem lateinischen „bracchium“, das übersetzt „Arm“ bedeutet.

Andere Überlieferungen die Form betreffend besagen, dass die drei Brezelaugen die Dreifaltigkeit Gottes darstellen. Bis ins 18. Jahrhundert wurden Brezeln nur als Fastenspeise gebacken, daher hat sich dies in den Osterbrauch miteingebracht. Heutzutage wird die Breze ganzjährig verspeist, es gibt sie in vielen verschiedene Arten und Geschmacksrichtungen. Kinder haben eine besondere Freude mit Palmbrezeln, die mit Hagelzucker bestreut wurden. 

- Bildquellen -

  • PALMPROZESSION IN IMST: Thomas Böhm
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AUTORRed. EA
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