BauernZeitung: Warum haben Sie sich dazu entschieden an der HTL Ried für Agrar- und Umwelttechnik zu lehren? Ihre Zeit wäre wahrscheinlich gewinnbringender in der Entwicklung neuer Maschinen angelegt?
REITER: Ich lebe nach dem Prinzip „Saat und Ernte“. Es ist mir ein Anliegen die Landtechnikausbildung in Österreich mit meinem bescheidenen Beitrag zu unterstützen. Gleichzeitig lerne ich kompetente Leute kennen und kann den Austausch mit diesen pflegen.

Sie kommen aus der Praxis. Sind Sie den „Theoretikern“ eine Nasenlänge voraus?
Ich erinnere mich an eine Aussage meines Mechanik-Professors in Graz: „Eine gute Theorie ist die beste Voraussetzung für die Praxis.“ Meinen Schülern werde ich aber auch sagen: „Ihr dürft auf Tablet und Smartphone herumwischen, aber nur durchs selber Anfassen und Anpacken lernt man wirklich.“ Glückt der Bogen zwischen Theorie und Praxis nicht, hat man ein Riesenproblem. Die Ausbildung muss also die Praxis stark miteinbeziehen.

Welche Schlüsselqualifikationen braucht ein Landtechnik-Ingenieur?
Der Konstrukteur hat eine sehr herausfordernde Aufgabe: Er muss schauen, dass die Maschine ihre Funktion erfüllt, nicht zu schwer wird, fertigbar ist und optisch gut aussieht. Neben der Liebe zur Praxis ist daher wichtig, dass er mit offenen Augen durch die Welt geht. Er muss sehen, was gut gemacht ist und die Dinge dann so kombinieren, dass sie ihren Zweck erfüllen.

„Respiro“, der Name des von Ihnen entwickelten Bandschwaders, bedeutet übersetzt „aufatmen“. Werden auch Ihre Schüler im Unterricht aufatmen?
Ich hoffe, ja. Sie sollen spüren, dass da einer vorträgt, der mit Leib und Seele dabei ist. Mein Ziel ist es, sie ein bisschen anzustecken. Sie sollen merken, dass Landtechnik hoch spannend ist und dass es überaus sinnvoll ist, dazu etwas beizutragen. Und beitragen kann jeder etwas, denn jeder hat einen Schatz in sich, der sich entfalten soll. Das geht aber nur mit einer großen Portion Leidenschaft. Wer bereit ist, sich zu investieren, der wird immens profitieren.

Hoffen Sie auch begabte Schüler als Arbeitskraft zu gewinnen?
Sicherlich würde es uns freuen, wenn sich das ein oder andere Arbeitsverhältnis daraus entwickeln würde. Wir wollen junge Leute fördern und auch fordern.

Sie sagen Sie hatten „viele prägende Auslandsaufenthalte“. Empfehlen Sie den Auszubildenden ein Auslands­praktika?
Ja, sicher. Ich hatte das Glück, dass mir mein Onkel in der Jugend einen Südfrankreich-Aufenthalt finanziert hat. Dadurch können wir heute den französischen Markt intensiv bearbeiten. Ich rede jede Woche direkt mit den Händlern – mit Dolmetschern ginge da überhaupt nix, ebenso wenig mit Englisch.

Größer, schneller, vollautomatisiert und digitalisiert – das scheint das Motto der Landtechnik zu sein. Wohin geht die Reise?
Es ist eigentlich ein bisschen traurig, dass die Maschinen immer größer und schlagkräftiger werden, die Qualität beim Arbeitsergebnis aber immer mehr in den Keller geht. Ich glaube, es wird ein Umdenken geben, aber noch fährt der Zug in die falsche Richtung.

Hat ein junger, innovativer Landtechniker mit einer guten Idee noch eine Chance gegen die großen Landmaschinenhersteller?
„Respiro“ ist, glaub ich, ein Beispiel dafür, dass das geht. Mit unserer revolutionären Bandschwader-Technologie haben wir radikal anders gedacht. Und indem wir innovativ und schnell sind, können wir uns gegen die Großen behaupten. Die Landtechnik ist in Wahrheit eine riesengroße Spielwiese für kreative Köpfe. Wer eine solide technische Ausbildung hat und mit Herz und Hirn dabei ist, dem steht extrem viel offen.

Infos zur HTL Ried für Agrar- und Umwelttechnik: http://www.htl-ried.at

Quelle: HTL Ried
Thomas Reiter (l.) und Martin Anzengruber (r.) freuen sich auf die Zusammenarbeit.

- Bildquellen -

  • Anzengruber und Reiter: HTL Ried
  • Respiro: RT Engineering GmbH
- Werbung -
AUTORElisabeth Hasl
Vorheriger ArtikelWechsel an der Spitze des OÖ. Bauernbundes
Nächster ArtikelBörse für Lw. Produkte Wien – Kursblatt Nr. 07/12. Februar 2020