„Beraten statt strafen“ harrt der Umsetzung

Unverhältnismäßig hohe Strafen nach Beanstandungen, die nach wieherndem Amtsschimmel klingen, lassen viele Direktvermarkter verzweifeln. Der Bauernbund sieht vor allem den Gesundheitsminister gefordert.

Deklaration von Produkten von Bauern wird besonders streng kontrolliert.

Im Sommer musste ein oststeirischer Direktvermarkter nach einer Lebensmittelkontrolle einmal mehr eine Strafe in Höhe von 500 Euro zahlen. Die Angaben auf dessen Apfel-Joghurt entsprachen nicht ausreichend der Kennzeichnung der Allergene. Eineinhalb Jahre zuvor setzte es eine Strafe, weil die erforderliche Buchstabengröße in der Zutatenliste um 0,2 Millimeter zu klein war, ebenso wie die Betriebsanschrift. Und das Mindesthaltbarkeitsdatum war nicht richtig platziert. 1.000 Euro hatte der Landwirt, der anonym bleiben möchte, zu zahlen. Statt Apfel-Joghurt erzeugt er nun Käse. Und nur noch für den Ab-Hof-Verkauf, nicht mehr wie bisher auch für regionale Märkte. 

Kühberger: „Strafen, wo es notwendig ist, aber beraten, wo es möglich ist.“

So wie ihm geht es hierzulande vielen Direktvermarktern. So mancher lässt von seinen Erzeugnissen längst wieder die Finger, weil vermeintlich „nicht verkehrstauglich“ produziert. Das ärgert nicht nur Konsumentinnen und Konsumenten, sondern auch den VP-Abgeordneten und Bauernbündler Andreas Kühberger. „Der Betrieb in der Oststeiermark war wiederholt behördlicher Schikane und Willkür ausgesetzt. Dabei brauchen auch bäuerliche Direktvermarkter Sicherheit.“ Sonst verunmögliche man kleinen bäuerlichen Betrieben die direkte Vermarktung ihrer Produkte.

Dabei hält Kühberger fest: „Wo es wirklich um Lebensmittelsicherheit und die Gesundheit der Menschen geht, ist gegen strenges Vorgehen durch die Behörden nichts zu sagen. Wird die Qualität von Produkten beeinträchtigt, dann muss das natürlich aufgedeckt und auch bestraft werden.“ Bei nur geringen Vergehen sollte allerdings nicht „sofort mit aller Vehemenz gestraft werden“, meint Kühberger.

Seit 2014 ist Grundsatz gesetztlich verankert

Zudem gelte bereits seit zehn Jahren der Grundsatz „Beraten statt strafen“. Dieser wurde 2014 im Lebensmittelsicherheits- und im Verbraucherschutzgesetz verankert. Seit 2019 gilt dieser überdies im Verwaltungsstrafgesetz. Kühberger: „Die Ausführung liegt allerdings bei den verantwortlichen Behörden. In der Regel sind das die Bezirkshauptmannschaften.“ Mit oft sehr unterschiedlicher Handhabung. Dabei sei „Beraten statt strafen“ nicht ohne Grund eingeführt worden. Kühberger: „Bäuerliche Direktvermarkter können mit großen Verarbeitern für Supermärkte oft nicht mithalten.“ Gerade deshalb sollten die Behörden mehr Fingerspitzengefühl an den Tag legen und Bauern und Lebensmittelindustrie „nicht über einen Kamm scheren“.

„Beraten statt strafen“ müsse also endlich als gängige Praxis bei Lebensmittelkontrollen umgesetzt werden, fordert der Bauernbund-Abgeordnete. Er hat dazu eine parlamentarische Anfrage an Gesundheitsminister Johannes Rauch gestellt. „Die Antwort aus dem Gesundheitsministerium war aber schlichtweg enttäuschend“, sagt Kühberger: „Nach wie vor wissen wir nicht, wie der Grundsatz endlich in der Praxis umgesetzt werden soll.“ Geht es nach dem Bauernbund, so brauche es endlich einheitliche Vorgaben für die Behörden, bei welchen Vergehen bei der Lebensmittelkennzeichnung eine Beratung beim ersten Mal ausreiche. „Ansonsten laufen wir Gefahr, noch mehr von vielen geschätzten bäuerlichen Direktvermarktern zu verlieren“, warnt Kühberger.

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AUTORRed. BW
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