Südtirol ist durch und durch von der Landwirtschaft geprägt. Fast zwei Drittel (63 %) des Landes, rund 616.000 Hektar, werden agrarisch bewirtschaftet. In
den Tallagen wird vorwiegen Wein- und Apfelanbau betrieben, in den Steillagen
sowie am Berg Rinder- und Schafhaltung sowie Forstwirtschaft. Und das von
mehr als 20.000 bäuerlichen Betriebe. 14 Prozent davon sind mittlerweile in den Händen von Frauen. Tendenz steigend.
Oberste Vertreterin von Südtirols Bäuerinnen ist seit fünf Jahren Antonia Egger. Die 63jährige Gemüsebäuerin aus Jenesien hoch über der Provinzhauptstadt Bozen berichtet, dass sich die Rolle der Bäuerin gewandelt hat. „Sie ist nicht mehr nur Hausfrau und Köchin, sondern auch die Hofübernehmerin und eine gleichwertige Entscheidungskraft.“ Daher sei es wichtig, „dass junge Bäuerinnen und Bauern bei größeren Investitionen mitreden“. Schließlich gehe es um deren Zukunft, „die gestaltet wird.“
Der BauernZeitung berichtet Egger, wie sie ermutigt wurde, sich politisch zu engagieren. „Einfach tun“ war der Rat eines Mannes, als sie überlegte, die Funktion der Landesbäuerin anzunehmen. Diesen Schritt hat sie bis heute nicht bereut, wie sie selbst sagt.
Zeitmangel und familiäre Verpflichtungen
Den Wunsch, dass sich mehr Bäuerinnen politisch engagieren, hegt Egger schon lange. Doch für die meisten Frauen steht die Familie und an erster Stelle. Zeit für den politischen Diskurs bleibt ihnen deshalb oft wenig bis keine. Natürlich sei Politik auch „kein einfaches Metier“. Und nur wenige möchten die damit manchmal einhergehenden Machtkämpfe mitmachen, so Egger. Allerdings: „Wenn nicht wir selbst in den Gremien sitzen, entscheiden die Männer nicht immer über unsere Anliegen und Bedürfnisse.“ Deswegen sei es wichtig, dass sich auch Frauen für politische Ämter zur Verfügung stellen.
In Südtirol sind die meisten Betriebe oft zu klein, um damit ein ausreichendes Familieneinkommen zu erzielen. Viele Bäuerinnen gegen daher in anderen Berufen arbeiten. „Die zeitliche Belastung gerade zur Heu- oder Apfelernte ist groß, um alle Arbeiten am Hof zu erledigen“, weiß die Landesbäuerin. Selbstfürsorge und Weiterbildungen seien ebenfalls wichtige Themen.
Vier-Länder-Austausch
Landfrauen-Probleme wie diese kennt man auch in Österreich, der Schweiz und Deutschland. Beim Vierländer-Treffen der obersten Vertreterinnen der deutschsprachigen Bäuerinnen wurden diese Probleme einmal mehr angesprochen. „Auch um voneinander zu lernen. Gleichzeitig wird das Gemeinsame bestärkt“, betont Egger. „Diese Treffen stärken unser Netzwerk und bieten die Möglichkeit, unsere politische Anliegen gemeinsam voranzutreiben.“
Zu den primären Forderungen der Bäuerinnenorganisationen gehören die Berücksichtigung der Bedürfnisse von Bäuerinnen bei der Vergabe von Förderungen, die Gestaltung gezielter Bildungs- und Weiterbildungsprogramme sowie generell die Stärkung von Frauen in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum. Egger ist überzeugt: „Unsere Anliegen müssen immer wieder vorgebracht werden, um langfristig Veränderungen zu erreichen.“
Starke Frauen
Antonia Egger appelliert an die Frauen, sich politisch zu engagieren und ihre Sichtweisen und Bedürfnisse einzubringen. „Einfach tun“, lautet wiederholt ihr Motto. Nur so können Entscheidungen getroffen werden, die auch die Belange der Frauen berücksichtigen. Die Rolle der Bäuerin hat sich gewandelt, und es ist an der Zeit, dass Frauen in der Landwirtschaft auch politisch stärker vertreten sind.
- Bildquellen -
- Antonia Egger: Armin Huber
- Antonia Egger: Armin Huber