Vor diesem Sommer musste sich Nebenerwerbsbauer und Viehzüchter Robert Klingler vom Eichhof/Peerhof aus Ampass zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder nach einer Alm zum Sömmern seiner Tiere umsehen. Und das kam so: Nachdem die Familie 1996 die Milchkuhhaltung aufgab, spezialisierten sich die Klinglers auf Haltung und Zucht von Milchziegen und den Verkauf von Kitzfleisch. Für die Ziegen kam ein Almaufenthalt nicht in Frage, weil die Milch dreimal wöchentlich zum Hauptabnehmer nach Rotholz geliefert werden musste. Und so tummelten sich zeitweise über 100 Ziegen auf den Weiden rund um den Eichhof in Ampass.
Die Ziegenzucht florierte, war aber sehr arbeitsintensiv, und als die helfenden Hände durch den Ausfall der Eltern immer weniger wurden und nach der Pandemie die Nachfrage nach Kitzfleisch deutlich einbrach, fragten sich Robert Klingler und seine Frau Silvia, wie sie weitermachen sollten und sahen sich nach einer Alternative um. Bis auf 20 Stück, die sie behielten, verkauften sie die Ziegen an einen oberösterreichischen Züchter und schafften sich eine Schafherde an, die nun ihr Sommerrefugium auf der Stalsinsalm gefunden hat.
Die Schafe sind Rambos
Für die Klinglers war der Wechsel zu Schaffleischproduzenten eine große Umstellung: Zum einen die leeren Ställe im Sommer, zum anderen auch die Schafe selbst. Die 29-jährige Tochter Viktoria, im Hauptberuf Lehrerin, die mit viel Hingabe geschwächte Ziegenkitze aufgepäppelt hat, fasst es so zusammen: „Die Ziegen sind zwar eigensinniger, spazieren aber manierlich aus dem Stall, die Schafe sind richtige Rambos und machen auch viel mehr Lärm und Geschrei und sind nicht so menschenbezogen. Außerdem sind Ziegen sehr saubere Tiere, bei den Schafen verfängt sich der Schmutz in der Wolle, weshalb man sie öfters scheren muss!“
Dass die Schafe trotzdem geliebt und ordentlich gehegt und gepflegt werden, davon kann man bei Familie Klingler ausgehen. Tierwohl ist für sie ein hoher Wert, das sieht man nicht nur an ihren glücklichen Freilauf-Hühnern. Als 2019 der Tierwohlpreis von der Tiroler Landwirtschaftskammer ausgeschrieben wurde, zählte Familie Klingler zu den Preisträgern. Ihre Überzeugung: „Tierwohl und Achtsamkeit im Umgang mit den Tieren begründet auch das Wohl des Menschen.“
Extremste Alm des Voldertales
Mit 70 von insgesamt 150 Schafen ist nun die Klingler-Herde die größte auf der Stalsinsalm, die der Gemeindegutsagrargemeinschaft Tulfes gehört und als extremst gelegene Alm im Voldertal gilt. Von ihrer Steilheit und der damit verbundenen Gefahr – sie klebt an einem riesigen Steilhang über einer mächtigen Felswand – leitet sich auch ihr Name ab. Der Tulfer Bürgermeister Martin Wegscheider erzählt dazu folgendes: „Laut Überlieferung sagten die Bauern früher, dass das Almvieh erst wieder ‚ins‘ gehört, sobald es sicher im Stall steht, daher der Name Stalsins. Zurzeit ist die Alm mit 87 Ziegen bestoßen. Die Almbeweidung mit Ziegen wird aus forstlicher Sicht immer kritisch gesehen, aber für die Stalsinsalm ist grundbücherlich hinterlegt, dass Ziegen aufgetrieben werden dürfen.“
Die Schafe weiden „einen Stock höher“, am Stalsins Hochleger. Auch über 140 Rinder verbringen ihren Sommer auf dem Tulfer Hausberg, dem Glungezer, und zwar auf der Galt- und Falkalpe. Die Aufsicht über die Tiere teilen sich drei Hirten – David ist für die „Goas“, Marco für die Rinder und Simon für die Schafe zuständig. Alle Tiere sind in bester Obhut, trotzdem kann einmal etwas passieren. Ein Lamm der Klinglers fiel einem Geier zum Opfer, aber sonst läuft alles bestens, sodass die Klinglers mit der Umstellung von Ziegen auf Schafe zufrieden sein können.
Klingler-Tochter Anna Theresa gestaltete übrigens vor ein paar Jahren ein kleines Büchlein mit Rezeptideen für Kitzfleisch. Ob sie auch für Schaffleisch ein solches plant, wird sich zeigen.
- Bildquellen -
- IMG 8909: Familie Klingler
- IMG 20240802 120916: Familie Klingler
- IMG 20240802 120928: Familie Klingler
- Bild Schafhirte: Familie Klingler
- IMG 9727: Familie Klingler