Unter großem Ressourcenaufwand werden täglich Tonnen an Lebensmitteln produziert, gelagert, transportiert, gehandelt, weiterverarbeitet und zubereitet – rund 1/3 davon landet global gesehen allerdings nicht in unseren Mägen, sondern wird verschwendet. Auch in Österreich landen zu viele Lebensmittel im Müll – der anfallende Lebensmittelabfall (vermeidbar und unvermeidbar) entlang der gesamten Wertschöpfungskette wird hierzulande jährlich auf rund 1,2 Millionen Tonnen geschätzt. Der größte Anteil entfällt mit rund 741.500 Tonnen (418.000 Tonnen vermeidbarer Anteil) auf österreichische Privat–Haushalte. In Tiroler Haushalten landen rund 80kg pro Person jährlich im Rest- und Biomüll. Auch in anderen Bereichen wie der Außer-Haus-Verpflegung mit rund 178.00 Tonnen (davon 134.000 Tonnen vermeidbarer Anteil) Lebensmittelabfällen pro Jahr (dazu zählen Krankenhäuser, Pflegeheime oder Schulen, genauso wie Gastronomie und Hotellerie) besteht großes Einsparpotenzial.
„Lebensmittelverschwendung stellt uns nicht nur vor ein moralisches, sondern auch ökologisches Problem, denn es werden kostbare Ressourcen wie Fläche, Wasser und Energie verbraucht und unnötig CO2-Emissionen produziert, denn ein Kilogramm Lebensmittelabfall verursacht rund 2 Kilogramm CO2. Angesichts der gestiegenen Lebensmittelpreise wird uns auch die wirtschaftliche Dimension von Lebensmitteln vor Augen geführt – sie sind zu wertvoll für den Müll“, so Umwelt-Landesrat René Zumtobel.
Lebensmittelabfälle entstehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Acker bis zum Teller – bei der Produktion, im Handel, in der Außer-Haus-Verpflegung und zu einem großen Teil auch auf Konsumebene in Privathaushalten. Um auf diese Herausforderung aufmerksam zu machen, haben die Vereinten Nationen den 29. September zum Welttag gegen Lebensmittelverschwendung erklärt.
Bewusstseinsbildung und Vernetzung – Tiroler Aktionen gegen Verschwendung
Diesen Tag nimmt die Initiative „United Against Waste“ zum Anlass und setzt rund um den 29.9. mit 187 Großküchenstandorten österreichweit Aktionstage zu Lebensmittelabfallvermeidung um, bei denen Mitarbeiter:innen, aber auch Gäste bzw. Patienten mit einer Informationskampagne für das Thema sensibilisiert werden. Das Land Tirol unterstützt die Aktion und organisiert weitere Veranstaltungen – koordiniert von der Agrarmarketing Tirol – zusammen mit Partnern aus den Bereichen Ernährung, Bildung und Abfallwirtschaft wie der feldschafft e.Gen., foodsharing Tirol, den Innsbrucker Kommunalbetrieben, der Reichenauer Tafel oder slowfood Tirol u.a..
„Neben der Bewusstseinsbildung steht auch die Vernetzung unterschiedlicher Akteure und Akteurinnen im Vordergrund, um Synergieeffekte und einen Erfahrungsaustausch anzustoßen“, fasst Ute Ammering, Projektmanagerin Ernährung, Agrarmarketing Tirol die Bemühungen zusammen. Am Programm stehen u.a. ein „UpFall-Müllfestl“, Workshops und Kochshows, ein Markt für krummes Gemüse und der Start einer FoodWaste-Challenge für Schulen.
Die ATM Abfallwirtschaft Tirol-Mitte ist ebenso an Board und organisiert unter dem Motto „Gemeinsam Lebensmittel retten“ weitere Events, wie zum Beispiel quer durch die Bezirke auf Märkten Smoothie-Bike-Stopps, bei denen gerettetes Obst und Gemüse verwertet wird und man sich einen „Vitaminboost-to-Go“ holen kann.
„Wir nützen die Aktionswoche, um sowohl Bürgerinnen und Bürger, aber auch Betriebe auf das Thema Lebensmittelabfallvermeidung aufmerksam zu machen und einfache Maßnahmen ins Bewusstsein zu rufen, wie beispielsweise die Genussbox zu nutzen, um Tellerreste zum späteren Verzehr mitzunehmen“, erklärt ATM-Geschäftsführer Dr. Alfred Egger. Bisher wurden ca. 43.000 lebensmittelrettende Genussboxen durch Tiroler Betriebe ausgegeben.
Schulung für (angehende) Mitarbeiter im Tourismus mit dem eLearning „Food Waste Hero“
„Angesichts der aktuell angespannten Lage am Arbeitsmarkt verschieben viele Betriebe die Beschäftigung mit dem Thema Lebensmittelabfallvermeidung auf die Zukunft, dabei können sich Unternehmen Tausende Euro an Warenwert sparen und Umweltauswirkungen vermeiden, wenn sie das Thema aktiv angehen.“, weiß Norbert Schöpf, Produktmanager vom WIFI Tirol, Tourismus und Lebensmittelgewerbe. Ein niederschwelliges und interaktives Angebot, das Betrieben bei der Vermeidung von Lebensmittelabfällen hilft, bietet das eLearning „Food Waste Hero“, das das WIFI Tirol 2022 zusammen mit United Against Waste entwickelt hat.
In wenigen Stunden vermittelt es praxisnah und mit vielen Tipps von Gastroprofis, sowie anhand von Videos und Quizzes eine kompakte Zusammenfassung der wichtigsten Ursachen und Gegenmaßnahmen bei Lebensmittelabfällen im Küchenbetrieb. So werden die wichtigsten Bereiche von Einkauf, Lager oder Menüplanung über Zubereitung bis hin zur Resteverwertung und Kommunikation abgedeckt. Dass man mit der Bewusstseinsbildung gegenüber Lebensmittelabfällen am besten bereits in der Ausbildung startet, zeigen die Tourismusschulen Villa Blanka, die das eLearning bereits erfolgreich im Unterricht eingesetzt haben. Derzeit ist eine Übersetzung in weitere Sprachen und eine Weiterentwicklung in Richtung Blended Learning, also die Kombination aus eLearning und klassischer Präsenzlehre, geplant.
Geförderte Abfallanalysen und Auszeichnung von Großküchenbetrieben
United Against Waste bietet auch ein Beratungsprogramm inkl. Abfallanalyse, im Rahmen derer Betriebe aus Gastronomie und Hotellerie bei der Ursachenforschung und Lösungsentwicklung zur Reduktion der Lebensmittelabfälle begleitet werden. Das Land Tirol unterstützt Betriebe mit einem Kostenzuschuss über die betriebliche Umweltförderung. Großküchen haben die Möglichkeit an einem regelmäßigen Abfallmonitoring und Benchmarking teilzunehmen, sowie Fortbildungen und Workshops zu absolvieren.
Die besten Tiroler Großküchen der aktuell 187 österreichweit am Monitoring von United Against Waste teilnehmenden Standorte wurden dieses Jahr von Umwelt-Landesrat Zumtobel mit einer Urkunde gewürdigt. Das Heim St. Vinzenz (Verpfleger Sodexo) und das Wohnheim Reichenau (Innsbrucker Soziale Dienste) zählen in der Kategorie Pflegeheime hinsichtlich ihrer Lebensmittelabfall-Verlustquote zu den besten drei Standorten in Österreich. Das Wohnheim Hötting, sowie das Wohn- und Pflegeheim Hall in Tirol wurden in der Rubrik „Top Verbesserung“ gewürdigt, da sie ihre Lebensmittelabfälle in den letzten drei Jahren deutlich reduzieren konnten.
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