Falsch verstandene Tierliebe nimmt viele Formen an. Zum Beispiel befreiten Passanten kürzlich fiepende Rehkitze aus Boxen am Feldrand – ohne zu beachten, dass diese „eingesperrt“ wurden, damit sie nicht in Mähmaschinen geraten. Als in Salzburg ein Bär tot auf den Gleisen gefunden wurde, wurden sofort Stimmen laut, die von einem vertuschten Mord ausgingen. Es musste eine umfangreiche Obduktion her, die das Ergebnis lieferte: Tod durch Zug.
Parallel dazu krakeelen gut bezahlte Berufsumwelt- und Tierschutzaktivisten für den absoluten Schutz von Bruder Wolf und Meister Petz. All diese Entwicklungen stimmen nachdenklich. Zeigen sie doch einerseits eine übertriebene Vermenschlichung von Tieren und andererseits ein übersteigertes Selbstbewusstsein, das selbst angeeignetes Wissen im Handumdrehen in Expertenwissen verwandelt.
So richtig befremdend wird es, wenn man folgende Begebenheit lesen muss: Die Hinterbliebenen des jungen Mannes, der im Trentino von einem Bären zerfleischt wurde, haben ein Gedenkrennen veranstaltet. Die Teilnehmerliste sorgte für Entsetzen: Eine Person hat sich unter dem Namen „Gaia – JJ4“ angemeldet, also dem Namen jener Bärin, die für den Tod des Mannes verantwortlich gemacht wurde. Der Freundin des Hinterbliebenen platzte in den sozialen Medien der Kragen. „Extremisten, brennt in der Hölle“, schrieb die junge Frau. Und das alles, während die Bergrettung im Trentino kürzlich verkündet hat, wegen der ausgehenden Gefahr von Bären nicht einmal mehr nächtliche Rettungsaktionen durchzuführen.
Ein großer Teil der Bevölkerung fürchtet sich vor dem Raubtier. Es drängt sich die Frage auf, aus welchem Antrieb heraus solche Aktionen gestartet werden. Um den Schutz der Wildtiere geht es schon lange nicht mehr. Das ist Extremismus gepaart mit einer gehörigen Portion Narzissmus. Vermenschlichung aus Selbstliebe ohne Rücksicht auf Verluste.
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