Für gutes Leben am Bauernhof

Seit einem Jahr gibt es die Beratungsstelle „Lebensqualität Bauernhof“. Das Projekt der Landwirtschaftskammer Oberösterreich nimmt sich der psychosozialen Gesundheit von Bäuerinnen und Bauern an – und es erhält regen Zulauf.

Wenn Sorgen um den Betrieb mit zwischenmenschlichen Konflikten kollidieren, wird das gemeinsame Arbeiten am Bauernhof zur Zerreißprobe für alle.

Paarkonflikte, Generationen-Themen sowie Herausforderungen bei der Hofübergabe beziehungsweise -übernahme, die weit über das Betriebliche hinausgehen: Das sind die häufigsten Themen, mit denen die Beraterinnen von „Lebensqualität Bauernhof“ konfrontiert werden. Denn schon allein die Tatsache, dass auf einem Bauernhof häufig mehrere Generationen unter einem Dach leben und zusammenarbeiten müssen, um den Fortbestand des Betriebes zu sichern, macht die Verflechtungen so eng, dass Konflikte zwangsläufig sind.

Vom „Sorgentelefon“ hin zur vielfältigen Beratung

Während schwieriger Lebenssituationen ist professionelle Begleitung eine Wohltat und vielfach der einzige Weg, der rasch in Richtung Besserung führt. Das haben sowohl bäuerliche Familien, als auch die Landwirtschaftskammer Oberösterreich längst erkannt. So ist aus dem „Bäuerlichen Sorgentelefon“ im Vorjahr das  Projekt „Lebensqualität Bauernhof“ hervorgegangen. Dort stehen den Bäuerinnen und Bauern psychosoziale Beraterinnen zur Verfügung, die telefonisch, schriftlich per E-Mail oder persönlich begleiten und helfen.

„Der Blick von Außenstehenden kann oft sehr hilfreich sein. Der Griff zum Telefon ist der erste Schritt zur Veränderung.“ 

„Unsere Beratungsstelle richtet sich an alle bäuerlichen Familien in schwierigen und konfliktträchtigen Lebenssituationen. Als Erstberatungsstelle ermöglicht ,Lebensqualität Bauernhof‘ allen Beteiligten einen Blick nach vorne und kann damit Perspektiven eröffnen. Abseits der betrieblichen und fachlichen Beratung soll die Konzentration auf das Zwischenmenschliche gelegt werden“, erläutern Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger und Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger.

160 Beratungsfälle in den ersten zwölf Monaten

Knapp 160 Beratungsfälle verzeichnete die Stelle in den ersten zwölf Monaten. 94 Beratungen fanden telefonisch statt, 44 Beratungen wurden im Büro abgehalten, die restlichen Anfragen wurden schriftlich beantwortet oder online abgewickelt. 120 Termine wurden als Einzelberatungen in Anspruch genommen, der Rest teilte sich gleichmäßig auf Paar-, Familien- und Gruppenberatungen auf. Die Beratung nahmen in Oberösterreich 58 Prozent Frauen und 42 Prozent Männer in Anspruch. Kooperationspartner wie zum Beispiel „BeziehungLeben“ der Diözese Linz, die Telefonseelsorge, Berater der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) sowie  Mitarbeiter des Maschinenring OÖ ermöglichen es, die vielfältigen Anfragen professionell zu bearbeiten.

„Die Zahlen der Beratungen sprechen für sich. Wir sind uns dieser Verantwortung als Landwirtschaftskammer bewusst. Die Beratungsstelle wird von den Bäuerinnen und Bauern angenommen und wir wollen auch weiterhin ein offenes Ohr und Zeit für verzwickte Situationen, Ängste und Nöte der Bäuerinnen und Bauern haben. Der Blick von Außenstehenden kann hierbei oft sehr hilfreich sein. Der Griff zum Telefon ist oft der erste Schritt zur Veränderung. Ziel ist es, die richtige Balance am Arbeits- und Lebensplatz Bauernhof zu finden“, unterstreicht Präsident Waldenberger.

Das wertfreie Zuhören und Verstehen steht an erster Stelle

„Für die Bäuerinnen und Bauern, die zu uns kommen, ist das Wichtigste, dass wir wertfrei zuhören und verstehen. Erst im nächsten Schritt geht es um das Klären und Strukturieren von Problemen und der Gesamtsituation. Abhängig von der Herausforderung vernetzen oder vermitteln wir an weiterführende Stellen“, so die Beraterinnen von Lebensqualität Bauernhof, die selber entweder ausgebildete Psychologinnen oder Lebens- und Sozialberaterinnen sind.

„Nur auf stabilen Betrieben ist unternehmerischer Erfolg langfristig gesichert. Die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren fällt nicht jedem leicht und diese Fertigkeit muss oft erst erlernt werden. Betriebliche Weiterentwicklung kann nur gelingen, wenn die unternehmerische Eigenverantwortung gestärkt wird und so praxistaugliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Sicherung der Hofnachfolge auf den landwirtschaftlichen Betrieben ist uns ein wichtiges Anliegen. Wir können nur dann eine starke Landwirtschaft aufrechterhalten, wenn die Jungen die Betriebe übernehmen wollen. Aber auch für die Hofübergeber muss eine positive Grundstimmung auf den Höfen herrschen“, betont Agrarlandesrätin Langer-Weninger, die selbst ausgebildete Mediatorin ist.

Auch an Prävention und Information wird gedacht

Für die Prävention und das frühzeitige Kennenlernen des Projektes „Lebensqualität Bauernhof“ besuchen die Lebensqualitäts-Beraterinnen der Landwirtschaftskammer OÖ die dritten Klassen der landwirtschaftlichen Fachschulen und erarbeiten mit den  Schülern das Thema Hofübergabe aus zwischenmenschlicher Sicht.

Kontakt

Die Beratungsstelle „Lebensqualität Bauernhof“ ist jeweils von Montag bis Freitag in der Zeit von 8.30 bis 12 Uhr telefonisch unter der Nummer 0 50/69 02-18 00 oder per E-Mail an lebensqualitaet@lk-ooe.at erreichbar. Die Beratung ist kostenlos, vertraulich und auf Wunsch anonym.

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  • Telefonierende Bäuerin: Bits and Splits - stock.adobe.com
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