Die europäischen Landwirte sehen wieder Licht am Ende des Tunnels. Das im Jahr 2016 vorherrschende Stimmungstief ist überwunden. Sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Erwartungen an die Geschäftsentwicklung werden weit positiver beurteilt als noch im Herbst 2016. Auch die Investitionsbereitschaft legt wieder zu. Dies zeigen die Ergebnisse des DLG-Trendmonitors Europe von diesem Frühjahr, bei dem 700 deutsche, 700 französische, 500 polnische und 350 britische Landwirte befragt wurden.
Wie Achim Schaffner, DLG-Fachgebietsleiter Ökonomie, bei der Vorstellung der Ergebnisse erklärte, ist die verbesserte Lage auf den Märkten für Getreide, Milch und Schweinefleisch Grund für diesen Aufschwung. So Hätten die Getreidepreise das Tief des Jahres 2016 verlassen. Deutlich über dem Vorjahresniveau liegende Getreideexporte aus Deutschland sorgen laut DLG für feste Preise, auch wenn sich diese im Vergleich der letzten Jahre auf einem moderaten Niveau eingependelt hätten. Einem im Vergleich zum Vorjahr knapperen Angebot an Schweinen stehe eine anhaltend große Nachfrage gegenüber. Insbesondere der Export laufe rege und sorge für feste Preise für die Schweinehalter. Darüber hinaus habe sich in der Schweinehaltung das Preis-Kostenverhältnis verbessert. Den seit Jahresbeginn gestiegenen Erzeugerpreisen würden sinkende Kosten für Eiweißfuttermittel und anhaltend moderate Preise für Futtergetreide gegenüber sehen. Dies stärke die Wirtschaftlichkeit der Schweinehaltung.
Auch das Angebot an Milch sei knapper, EU-weit würden die Milchanlieferungen unter dem Vorjahresniveau liegen. Zudem liege das Angebot bei den global wichtigsten Milchexporteuren unter dem Vorjahresniveau, auch wenn die Anlieferungen in Neuseeland gegenwärtig wieder anziehen würden. Die Angebotssituation und die dynamisch wachsenden Exporte von Käse und Butter würden für höhere Preise sorgen.
Wie die Landwirte in Deutschland würden auch die Landwirte in Frankreich, Polen und Großbritannien von dem günstigeren Umfeld profitieren und die aktuelle Geschäftslage deutlich positiver als noch im Herbst 2016 beurteilen. So hätten auch Frankreichs Schweinehalter die Ausfuhren von Schweinefleisch nach China deutlich steigern können, und dies im Umfeld eines sinkenden Angebotes. Das dadurch steigende Preisniveau hätte die wirtschaftliche Situation der französischen Landwirte stabilisiert und führe zu einer besseren Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen Lage.
Landwirte deutlich zuversichtlicher für die weitere Geschäftsentwicklung
Die Landwirte in Deutschland, Polen, Frankreich und Großbritannien sind laut Trendmonitor deutlich zuversichtlicher für die Geschäftsentwicklung in den kommenden zwölf Monaten. Erwartet wird ein weiterhin knappes Angebot bei Milch und Schweinefleisch. Auch die dynamische Entwicklung der Exporte sorge für gute Absätze, sodass ein eher knappes Angebot bei reger Nachfrage zumindest zu einem festen Preisniveau führen dürfte. Und die Zeichen für eine anhaltend hohe Nachfrage würden gut stehen. So erwarte der Internationale Währungsfonds einen Aufwärtstrend bei der globalen Wirtschaftsleistung, von dem insbesondere auch die Schwellenländer profitieren sollten. Denn steigende Rohstoffpreise beflügeln die Wirtschaftsentwicklung und stimulieren die weltweite Nachfrage nach Agrarprodukten.
Landwirte in Großbritannien sind trotz der Unsicherheiten durch den Brexit und dessen Wirkung auf die Agrarpolitik zuversichtlich für die Geschäftsentwicklung der kommenden zwölf Monate. Denn mit dem Brexit gehe die Hoffnung auf weniger Regulierung und mehr unternehmerische Entscheidungsfreiheit einher, die die Wettbewerbsposition der Erzeuger stärken könnte. Neben dieser mittelfristigen Erwartung würden günstige Finanzierungsbedingungen und das schwache Pfund für insgesamt günstige Bedingungen für die Landwirte in Großbritannien sorgen.
Auch die französischen Landwirte sind laut Trendmonitor deutlich zuversichtlicher für die Geschäftsentwicklung in den kommenden Monaten. Die steigenden Exporte von Schweinefleisch und die verbesserte Lage am Milchmarkt würden für Zuversicht für die weitere Geschäftsentwicklung sorgen. Die Bedingungen seien deutlich besser als im vergangenen Jahr 2016, in dem Mindererträge im Getreideanbau und niedrige Milchpreise das wirtschaftliche Umfeld geprägt hätten. Darüber hinaus würden Herkunftskennzeichnungen für Milch und Fleisch eingeführt, von denen sich die Landwirte Belebungen für den Inlandsabsatz erhoffen.
Deutschland: Milchviehhalter und Markfruchterzeuger wieder zuversichtlicher
In Deutschland sind insbesondere die Milchviehhalter und Marktfruchterzeuger zuversichtlicher für die Geschäftsentwicklung der kommenden zwölf Monate. Die Landwirte würden anhaltend umfangreiche Exporte von Käse und Butter sowie von Getreide erwarten. Dies sorge nach dem Stimmungstief im Jahr 2016 zumindest für durchschnittliche Erwartungen an die weitere Geschäftsentwicklung in den kommenden zwölf Monaten.
Freundlicheres Wirtschaftsumfeld führt zu anziehender Investitionsbereitschaft
Die Trendwende im wirtschaftlichen Umfeld sorgt für deutlich zunehmende Investitionslaune der in Deutschland, Frankreich, Polen und Großbritannien befragten Landwirte. So wollen in Deutschland in den nächsten zwölf Monaten 42 Prozent der befragten Landwirte (+10 Prozentpunkte gegenüber Herbst 2016) investieren, in Polen 45 Prozent (+7 Prozentpunkte), in Großbritannien jeder zweite (+16 Prozentpunkte) und in Frankreich 22 Prozent (+8 Prozentpunkte).
Die Investitionsbereitschaft in Deutschland, Polen und Frankreich bleibt trotz des jetzigen Zuwachses im Vergleich der letzten zehn Jahre jedoch unterdurchschnittlich. Das zweijährige Preistief für die Tierhalter lenkt laut DLG die Aufmerksamkeit der Betriebsleiter weiterhin auf die Stärkung der Zahlungsfähigkeit. Zudem seien in der Phase hoher Investitionsbereitschaft in den Jahren 2010 bis 2014 Erweiterungs- und Modernisierungsinvestitionen vorgenommen worden. Die aktuelle Phase sei deshalb durch Ersatzinvestitionen und Konsolidierung der Betriebe gekennzeichnet. Demgegenüber habe die Investitionsneigung in Großbritannien das Niveau der Boomphase 2010 bis 2014 wieder erreicht. Mit dem günstigeren wirtschaftlichen Umfeld würden die Landwirte in Großbritannien nun in die Vorbereitung für die Zeit nach dem EU-Austritt einsteigen und die Wettbewerbsfähigkeit durch Investitionen stärken.
In Deutschland planen Marktfruchterzeuger und Milchviehhalter deutlich mehr Investitionen als noch im Herbst 2016. So wollen 41 Prozent der befragten Marktfruchterzeuger in den kommenden zwölf Monaten investieren (+12 Prozentpunkte gegenüber Herbst 2016). In der Milchviehhaltung geben 40 Prozent der Befragten an, investieren zu wollen (+11 Prozentpunkte). Stabil ist mit 38 Prozent die Investitionsbereitschaft der Schweinehalter (+1 Prozentpunkt).
Auch in Polen, Frankreich und Großbritannien hat die Investitionsbereitschaft der Milchviehhalter zugenommen. So wollen in Polen 50 Prozent (+8 Prozentpunkte) der Befragten in den kommenden zwölf Monaten investieren, in Großbritannien 50 Prozent (+25 Prozentpunkte) und in Frankreich 22 Prozent (+10 Prozentpunkte).
Auch im Ackerbau gibt es teils deutliche Zuwächse bei der Investitionsbereitschaft. So wollen in Polen 43 Prozent der befragten Marktfruchterzeuger (+7 Prozentpunkte), in Großbritannien 49 Prozent (+19 Prozentpunkte) und in Frankreich 16 Prozent (+8 Prozentpunkte) in den kommenden zwölf Monaten investieren.
Moderater fallen die Änderungen der Investitionsbereitschaft in der Schweinehaltung aus: So wollen in Polen 50 Prozent der befragten Schweinehalter in den kommenden zwölf Monaten investieren (+6 Prozentpunkte gegenüber Herbst 2016), in Großbritannien 50 Prozent (unverändert) und 30 Prozent der befragten Schweinehalter in Frankreich (+14 Prozentpunkte).
Landwirte in Deutschland und Großbritannien würden die Investitionen in die Außenwirtschaft stärken, während Landwirte in Frankreich Investitionen in die Tierhaltung und die Bioenergie in den Fokus nehmen. Die Betriebsleiter in Polen würden Investitionen in die Bioenergie reduzieren und gleichermaßen Innen- und Außenwirtschaft stärken.
Unterschiedliche Herausforderungen in den Ländern
Auch in dem tendenziell freundlicheren Geschäftsumfeld stehen die Betriebsleiter vor Herausforderungen. Für Landwirte in Deutschland sind dies laut DLG insbesondere die Sicherung der Zahlungsfähigkeit bei Preisschwankungen und die Sicherung der gesellschaftlichen Akzeptanz – Aspekte, die die Landwirte in den letzten Monaten intensiv beschäftigt hätten und für die Konzepte für die Betriebsführung erarbeitet würden.
Für Landwirte in Großbritannien würden Kostensenkungen in der Produktion und die Reform der Agrarpolitik im Fokus der Herausforderungen stehen. Erwartet werden nach dem Brexit sinkende Direktzahlungen. Um diese wirtschaftlich auffangen zu können, müssten die Landwirte Kosten senken. Mit Investitionen zur Verbesserung der Produktivität würden die Betriebsleiter in Großbritannien deshalb die Weichen auf die Zeit nach dem Brexit stellen.
Kein einheitliches Bild hinsichtlich der größten Herausforderungen zeigt sich in Frankreich. Die Landwirte nennen gleichauf die Liquiditätssicherung, Senkung der Produktionskosten, Reformen der Agrarpolitik und die unsichere Investitionslage hinsichtlich steigender Anforderungen in den Bereichen Umwelt- und Tierschutz.
Landwirte in Polen sehen in der Liquiditätssicherung bei schwankenden Preisen und in den unsicheren Investitionsbedingungen die größten Herausforderungen.
- Bildquellen -
- DLG TM FJ 17 Geschaeftslage: DLG
- DLG TM FJ 17 Geschaeftsentwicklung: DLG
- DLG TM FJ 17 Investitionsbereitschaft: DLG