Freihandelsabkommen haben seit TTIP, CETA und Co. nicht gerade den besten Ruf in der Bevölkerung. Eine neue Studie der EU-Kommission will nun den Nutzen zeigen, den der Handel mit Nicht-EU-Staaten bringen kann. Anhand der drei EU-Abkommen mit der Schweiz, Mexiko und Südkorea erhob die Beratungsfirma Copenhagen Economics im Auftrag der Kommission, welche positiven Auswirkungen die Freihandelsabkommen mit sich brachten.
Exporte erhöht und Arbeitsplätze gesichert
Zum einen haben diese Abkommen dazu beigetragen, die Ausfuhren von EU-Agrarerzeugnissen zu fördern und Arbeitsplätze in der Ernährungswirtschaft und anderen Wirtschaftszweigen zu sichern. „Die Studie zeigt, dass die Abkommen in beiden Richtungen zu mehr Handel beigetragen haben, also mehr aus der EU exportiert und mehr aus diesen drei Ländern importiert wurde“, erklärt die Kommission. Dadurch habe sich die Angebotspalette bei Lebensmitteln für die Verbraucher in der EU vergrößert. An der landwirtschaftlichen Produktion innerhalb der EU habe der Importzuwachs laut Studienergebnissen nichts geändert. Vielmehr wurden dadurch Einfuhren aus Drittländern ersetzt oder ein Anstieg des Verbrauchs in der EU gedeckt, heißt es von der Kommission weiter.
Einzeln betrachtet kommen die Studienautoren bei den untersuchten Abkommen zu folgenden Ergebnissen:
• Mit dem Abkommen zwischen der EU und Mexiko konnte das EU-Exportvolumen an Lebensmitteln im Jahr 2013, drei Jahre nach Beseitigung der Handelsschranken, um 105 Mio. Euro gesteigert werden. Dabei handelt es sich hauptsächlich um verarbeitete Produkte und Getränke. Demgegenüber stehen zusätzliche Einfuhren im Wert von 316 Mio. Euro, was größtenteils Primärerzeugnisse betrifft.
• Mit dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Südkorea konnten die EU-Agrarausfuhren im Jahr 2015 um 439 Mio. Euro gesteigert werden. Die zusätzlichen Einfuhren im Wert von 116 Mio. Euro im selben Jahr setzten sich hauptsächlich aus verarbeiteten Lebensmitteln und Getränken zusammen.
• Die Handelsabkommen über unverarbeitete und verarbeitete Agrarerzeugnisse zwischen der EU und der Schweiz trugen im Jahr 2010, drei Jahre nach ihrer vollständigen Umsetzung, mit insgesamt 532 Mio. Euro zum Ausfuhrvolumen der EU in diesem Sektor bei. Der größte Teil dieser Ausfuhren entfiel auf verarbeitete Lebensmittel und Getränke und bei den Einfuhren im Wert von 1,17 Mio. Euro auf Primärererzeugnisse.
EU-Agrarkommissar Phil Hogan erklärte zum Studienergebnis: „Allein durch diese drei Abkommen wurde das Ausfuhrvolumen des EU-Agrar- und Ernährungssektors um mehr als eine Mrd. Euro und die Wertschöpfung in dem Sektor um 600 Mio. Euro gesteigert. Diese Zahlen belegen eindeutig, dass sich ehrgeizige und ausgewogene Handelsabkommen positiv auf die Lebensmittelerzeugung und Landwirtschaft in der EU auswirken.“
Handelsbestrebungen weiter ausbauen
Die Studie empfiehlt außerdem, die Handelsverhandlungen der EU-Mitbewerber aufmerksam zu beobachten, um nicht ins „Hintertreffen zu geraten“ was den Zugang zu wichtigen Absatzmärkten im Ernährungsbereich betrifft. Bereits im Sommer 2015 rieten Handelsexperten dazu, sich verstärkt für den Freihandel einzusetzen, um als EU nicht den Anschluss im Welthandel zu verlieren. Etwa bei der
Transpazifischen Handelspartnerschaft (TPP), einem damals in Verhandlungen befindlichen Abkommen zwischen den USA und elf Staaten des Pazifikraums, warnten Experten, dass TPP zum Taktgeber für den Welthandel und globale Maßstäbe werden könnte, ohne dass die EU mitreden könne. Mittlerweile kündigte US-Präsident Donald Trump zwar den Ausstieg aus TPP an, weitere EU-Bestrebungen nach Freihandelsabkommen seien laut Experten dennoch ratsam. So wurde kürzlich das EU-Abkommen mit Kanada, CETA, beschlossen. Inkraft tritt das Abkommen allerdings erst, wenn alle EU-Staaten dem Vertrag zugestimmt haben. Das Abkommen mit den USA, TTIP, liegt derzeit auf Eis.
Bemühungen um neue Handelspartner
Indes bemüht sich die EU-Kommission verstärkt um die Erschließung anderer Märkte sowie den Ausbau bestehender Handelsbeziehungen, insbesondere mit Absatzförderungs- und Informationskampagnen. Die Kommission hat ihre Mittelausstattung für Absatzförderungsmaßnahmen erheblich aufgestockt. Hogan hat bereits sechs Ländern (Kolumbien, Mexiko, China, Japan, Vietnam und Indonesien) Besuche auf hoher Ebene abgestattet, um für Lebensmittel aus der EU zu werben. Als Nächstes ist im Mai ein Besuch in Kanada geplant. Auch EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström wird im März nach Kanada sowie nach Singapur (ein anderes Land, mit dem die EU kürzlich ein Handelsabkommen geschlossen hat) reisen und anschließend im Laufe des Frühjahrs Mexiko besuchen. Diese bilateralen Handelsgespräche sind auch in Anbetracht der eingeschlafenen Doha-Runde von Bedeutung. Die sogenannte Doha-Runde der Welthandelsorganisation (WTO) hatte an einem weltweiten Handelsabkommen gearbeitet, war jedoch nie zu einer Einigung gekommen.
In Österreich und einigen anderen EU-Staaten herrscht weiterhin große Ablehnung in der Bevölkerung gegen Freihandelsabkommen, insbesondere gegen TTIP und CETA. Die Konsumenten befürchten ein Absinken der hohen österreichischen Lebensmittelstandards. Aus Sicht der EU ist diese Sorge unbegründet, da die gegenseitige Anerkennung der Standards bereits festgeschreiben sei, zumindest im fertig verhandelten CETA.
Eva Zitz
Die EU-Agrarexporte sind in Rekordhöhe
Die Exporte von Agrarprodukten und Lebensmitteln aus der EU stiegen 2016 auf den Rekordwert von 130,7 Mrd. Euro, das waren um 1,3 % mehr als im Jahr zuvor. Auf der Importseite kam es zu einer Verringerung des Werts um 1,5 % auf 112 Mrd. Euro.Agrarprodukte und Lebensmittel waren 2016 für 7,5 % aller Warenexporte aus der EU verantwortlich und repräsentierten gleichzeitig 6,6 % aller Importe. Der in diesem Sektor erreichte Überschuss im Außenhandel betrug 18,8 Mrd. Euro (Vorjahr: 15,3 Mrd. Euro) und trug damit auch wesentlich zum positiven Gesamtaußenhandelssaldo der Union von 39,3 Mrd. Euro bei. AIZ
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- Containerschiff in China, Yantian-Frachthafen: Wodicka