Driften, also das bewusste Übersteuern eines Fahrzeugs, damit das Heck ausbricht, scheint in diesem Winter zum beliebten Freizeitvertreib geworden zu sein. Das Problem: Als Übungsplatz müssen vermehrt die bestellten Felder der Landwirte herhalten. Dass die Autofreaks und Adrenalinjunkies dadurch Schäden verursachen und die Saat zerstören, ist ihnen oft nicht bewusst. Ebenso wenig, dass sie gegen Gesetze verstoßen. Kavaliersdelikt ist das „Schleifchen“ ziehen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen jedenfalls keines.
Der Respekt vor Natur und Eigentum geht verloren
„Lausbubenstreich ist das keiner mehr“, erklärt Klaus Füreder beim Anblick seines Ackers. Das Getreidefeld des Lichtenberger Landwirts wurde vor kurzem Spielplatz nächtlicher Driftmanöver. Hinter den noch unbekannten Tätern vermutet er „halbstarke, junge Burschen, die aus Zeitvertreib auf derart dumme Ideen kommen.“ Über den entstandenen Schaden lässt sich nur mutmaßen – das werde sich erst zeigen, wenn der Schnee weg ist. Doch alleine um den Schaden geht es Füreder nicht. Es ist die zunehmende Leichtsinnigkeit und Respektlosigkeit der Menschen gegenüber der Natur und dem bäuerlichen Eigentum, die er beklagt: „Der Respekt ist verloren gegangen. Keiner interessiert sich dafür, ob da etwas wächst.“ Er appelliert daher an alle Leidensgenossen, wie er eine Anzeige gegen unbekannt zu machen: „Nur dann können die Behörden tätig werden und nur so geht es weiter an Politik und Medien.“
„Der Respekt ist verloren gegangen. Keiner interessiert sich dafür, ob da etwas wächst.“
Aber auch von anderen ärgerlichen Vorfällen berichtet der Lichtenberger. Erholungssuchende, die mit Schneeschuhen, Langlaufskiern oder Tourenski durch den Wald fahren bzw. im vergangenen Sommer Mountainbikestrecken im Wald ausgeschildert haben. „Die Menschen denken sich gar nichts dabei und glauben, das ist ihr Recht“, so der Landwirt.
Ein Einzelfall sind die Vorkommnisse in Lichtenberg nicht. Auch das Weizenfeld von August Lehner in Holzhausen wurde vor zwei Wochen durchkreuzt. Lehner hat daraufhin die Fotos von der Verwüstung auf Facebook gepostet. Die Rückmeldungen haben ihn überrascht. „Es haben sich viele Landwirte mit einem ähnlichen Vorfall gemeldet. Dass dies gerade sehr häufig vorkommt, hat mich schon schockiert“, sagt Lehner.
Auch ihm geht es in erster Linie nicht um den entstandenen finanziellen Schaden. „Der monetäre Schaden ist bei solchen Sachen zweitrangig. Vielmehr ist es ein gescheiter Affront gegen das Eigentum und unsere Arbeit. Es gibt für unsere Tätigkeit keine Wertschätzung mehr.“ Den Übeltäter, einen jungen Motocrossfahrer, hat Lehner „aber die Leviten gelesen“. Als Ausrede führte der junge Mann Langeweile infolge des Lockdowns an und dass er nicht gewusst habe, dass etwas angebaut sei. „Das ist nebensächlich. Das ist mein Feld, das ist eine Kulturlandschaft, das ist keine Motocross-Strecke“, erklärte ihm Lehner. Von einer Anzeige hat er aber abgesehen. „Ich habe ihm gesagt: So lassen wir das nicht stehen. Du musst dir überlegen, wie du es wieder gut machst. Ich bin neugierig, ob er sich meldet“, meint Lehner.
„Es gibt für unsere Arbeit keine Wertschätzung mehr.“
Bereits im Dezember ist es in der näheren Umgebung von Lehner zu einem ähnlichen Vorfall gekommen. Er meint: „Ich war sozusagen schon sensibilisiert.“ Damals hatte ihn ein Nachbar von der Alkovener Seite angerufen und geschildert, dass drei Motocrossmaschinen über ein Feld auf ihn zugefahren seien, dann einen Hacken geschlagen hätten und davongebraust wären. Machen konnte der Bauer, der sich zurecht provoziert fühlte, jedoch nicht viel – die Fahrer hatten die Kennzeichen entfernt.
Bauernbund will öffentlichen Diskurs
Bauernbund-Landesobmann Max Hiegelsberger ist schockiert über die Vorfälle. Wir haben schon länger damit zu kämpfen, dass bäuerliches Eigentum immer weniger respektiert wird und es beispielsweise bei Freizeitaktivitäten im Wald zu Konflikten kommt. Diese Vorfälle haben nun eine noch größere Dimension erreicht. Hier wird mutwillig Schaden angerichtet. Mit Langeweile lässt sich das nicht erklären“, so Hiegelsberger.
Neben strafrechtlicher Verfolgung müsse auch eine bewusste Auseinandersetzung der Gesellschaft mit diesem Thema initiiert werden. „Gerade auf land- und forstwirtschaftlichem Grund scheinen manche Menschen nicht mehr zwischen Mein und Dein unterscheiden zu können. Der Respekt für bäuerliches Eigentum und die Wertschätzung bäuerlicher Arbeit muss wieder stärker in die Köpfe der Menschen“, fordert Hiegelsberger.
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- Foto 1: Markus Füreder
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