Das Handelsabkommen mit den USA, kurz TTIP, war das bestimmende Thema einer Diskussionsveranstaltung des Bauernbundes, zu der BB-Präsident Jakob Auer die EU-Abgeordnete Elisabeth Köstinger in das ABZ Lambach geladen hatte (siehe auch “Agrardabei” S. 17).
Vorsorgeprinzip versus Risikopolitik
“Europa und die USA haben eine sehr unterschiedliche Denkweise”, sagte Köstinger. Während in Europa das Vorsorgeprinzip gelte, das zu einem “unglaublich hohen Standard in der Lebensmittelproduktion geführt hat”, würden die Amerikaner mit einem risiko-basierten Ansatz arbeiten. “Da wird man nicht zusammenfinden, die EU wird von ihren Standards nicht abrücken”, so Köstinger. Einmal mehr betonte sie, dass es keine Zustimmung zu einem Abkommen geben werde, das zu Lasten der Landwirtschaft geht. Allerdings sei die Landwirtschaft – anders als es Kampagnen diverser Tageszeitungen vermuten lassen – nur ein geringer Teil des gesamten Abkommens. Die Automobilindustrie beispielsweise würde besonders profitieren. Die Idee hinter TTIP sei beiderseitiges Wirtschaftswachstum und damit Sicherung bzw. Schaffung von Arbeitsplätzen. Österreich ist massiv vom Export abhängig: Sechs von zehn Euro werden in Österreich durch Export erwirtschaftet.
Keine scheinheiligen Diskussionen
Was Agrar- und Ernährungsgüter angeht, ist Amerika schon jetzt der wichtigste Handelspartner der EU. Als exportorientiertes Land ist es notwendig, immer wieder neue Absatzmärkte zu suchen. Bioprodukte seien etwa in Amerika stark nachgefragt. Köstinger: “Überall, wo Märkte gesättigt sind, können wir auch mit unserer Gentechnik-Freiheit punkten.” Köstinger forderte deshalb eine ehrliche und sachliche Diskussion. Kampagnen und Auftritte einzelner Handelspartner, die auf einmal vehement für die Landwirtschaft und gegen TTIP eintreten, sieht Köstinger als “reine Werbemasche”, auf die man sich nicht verlassen könne: “Die Rückendeckung für die Landwirtschaft nehmen wir gerne an. Aber sind nicht gerade die, die jetzt für die Landwirtschaft kämpfen, auch jene, die bei Preisverhandlungen mit der Landwirtschaft die Schrauben nicht fest genug drehen können?” Für die Verunsicherung in der Bevölkerung hat Köstinger Verständnis, sie appellierte aber auch an die Besucher, nicht mit populistischen Kampagnen “mitzuheulen”, sondern sich selbst eine reflektierte und sachliche Meinung zu bilden.
Abschluss ist nicht in Sicht
Dass es in naher Zukunft zu einem Abschluss der Verhandlungen kommt, ist unwahrscheinlich. Vieles wird von den US-Präsidentschaftswahlen abhängen und auch Obamas TTIP-Werbefahrt wird daran nichts ändern. Die transatlantischen Beziehungen gehen aber auch ohne TTIP weiter. Die Handelsroute zwischen der EU und USA ist die größte der Welt mit einem Handelsvolumen von zirka einer Milliarde Euro täglich in jede Richtung. Wenn es überhaupt zu einem Vertrag kommt, dann darf dieser aber keinesfalls “zu Lasten der Bauern gehen.” Und, so Köstinger: “Die Landwirtschaft hat auch in der Vergangenheit schon viele Abkommen verhindert.”