Der Klimagipfel in Paris im Dezember 2015 gibt Hoffnung: Alle Staaten der Welt haben ein rechtlich bindendes Abkommen vereinbart mit dem Ziel, die durchschnittliche globale Erwärmung auf möglichst weit unter 2 °C zu begrenzen. Aber auch wenn dieses Ziel erreicht wird: Der Klimawandel findet statt und hat massive Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Im Rahmen einer Pressekonferenz gingen LK-Präsident Franz Reisecker und Herbert Formayer, Professor am Institut für Meteorologie an der Boku Wien auf mögliche Anpassungsstrategien ein.
Auswirkungen des Klimawandels
In einer Studie für das Land Oberösterreich aus dem Jahr 2015 wurde die mögliche künftige Entwicklung ausgearbeitet, deren Ergebnisse Professor Formayer drastisch vor Augen führte: Alle Szenarien zeigen eine kontinuierliche Erwärmung. Bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts beträgt diese in den mittleren Szenarien etwas mehr als 2 °C im Vergleich zu heute. In den extrem warmen Szenarien kann die Erwärmung am Ende des Jahrhunderts mehr als 6 °C betragen, im Sommer sogar bis zu 9 °C. Das Sommerhalbjahr wird trockener werden und das Winterhalbjahr feuchter, wobei die Schwankungen zunehmen werden. Die Wahrscheinlichkeit für extreme Trockenperioden im Sommer wird stark zunehmen mit Temperaturmaxima über 40 °C. Zudem ist mit einer verstärkten Erosionsgefahr durch kleinräumige Starkniederschläge zu rechnen.
Strategie I: Sortenwahl und Züchtung
Der Klimawandel wird den Pflanzenbau nicht revolutionieren, allerdings wird es Verschiebungen hin zu Kulturen mit geringerem spezifischem Wasserverbrauch geben oder Sorten innerhalb der gleichen Kulturgattung, die mit der Trockenheit besser zurecht kommen. Bei den Maissorten gibt es schon seit Jahren einen klaren Trend zu spätreifenden Sorten mit längerer Vegetationszeit. Die trockentolerante Hirse könnte im Ackerbau eine größere Bedeutung gewinnen, im Grünland- und Futterbau die Luzerne. Der Trend zur Fünf-Schnitt-Wiese, vor allem in Gegenden, in denen die Niederschläge abnehmen und eine geringe Bodenmächtigkeit vorherrscht, ist zu hinterfragen”, so Reisecker.
Strategie II: Ausbau der Versicherungssysteme
Die Risikovorsorge ist in Österreich bereits gut etabliert. Versicherungsprodukte, die dürrebedingte Ausfälle abdecken, gibt es seit dem Vorjahr im Grünland. Diese sogenannte Dürreindexversicherung wird durch die zwei Parameter Niederschlagsmenge und Temperatur bestimmt, d.h. es wird nicht ein etwaiger Ertragsausfall zur Berechnung herangezogen, sondern die höhere Temperatur und der verminderte Niederschlag. Ab dem heurigen Jahr wird es eine ähnliche Versicherung auch bei Mais geben. Bund und Länder werden diese Risikovorsorge mit je 25 Prozent der Prämie unterstützen.
Strategie III: Besonderer Fokus auf den Boden
Im Boden liegt ein Schlüssel zur Bewältigung bzw. Abfederung der Auswirkungen des Klimawandels. Je fitter die Böden sind, je besser sie mit Humus versorgt sind und je besser das Wasserspeichervermögen ist, desto eher werden sie mit den zu erwartenden Auswirkungen zurechtkommen. Das Agrarumweltprogramm ÖPUL mit den vielfältigen Möglichkeiten des Bodenschutzes und der Kernmaßnahme Begrünung stellt eine zentrale Maßnahme dar.
Strategie IV: Flexibilität wird gefragt sein
Es ist davon auszugehen, dass durch den Klimawandel auch neue Schädlinge und Krankheiten auftreten werden, die ein schnelles Reagieren erforderlich machen. Das bedeutet auch, so Reisecker, dass “der Landwirtschaft auch künftig wirksame Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen sollten.”
Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft
Um nicht nur mit den Auswirkungen umgehen zu lernen, sondern die Ursachen zu bekämpfen bzw. zu vermindern, sei vor allem noch mehr Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft notwendig, sagt Formayer: “Die Politik kann nur solche Entscheidungen treffen, die sie der Bevölkerung zumuten kann.” Warum bisher (weltweit) in Sachen Klimawandel noch wenig geschieht, sieht Formayer in einer “Wirtschaft, die auf günstiger Energie aufbaut” begründet. Nationalstaaten seien im wirtschaftlichen Alleingang nicht in der Lage, globale Entscheidungen zu treffen. Es brauche eine gewisse wirtschaftliche Macht – die bspw. Europa gemeinsam hätte -, um wirkungsvolle Maßnahmen zu beschließen. Der Weltklimagipfel in Paris deutet zumindest in die richtige Richtung.