Vier Buchstaben, viele Befürchtungen: TTIP ist sprichwörtlich in aller Munde. Und die Skepsis wird – auch unterstützt durch verbreitete Mythen mancher Medien – zunehmend größer. Im Februar werden die Gespräche zum Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA fortgesetzt. “Eines steht aber jetzt schon fest: Die Bauernschaft darf nicht zum Opfer eines überbordenden Freihandels werden”, stellte Bauernbund-Landesobmann und Agrarlandesrat Max Hiegelsberger anlässlich einer Pressekonferenz zum Ausblick auf das neue Jahr fest.
Kein Abrücken von unseren Standards
Konkret heißt das für Hiegelsberger, dass es kein Abrücken von den europäischen Lebensmittel- und Verarbeitungsstandards beim Tierwohl noch beim Umwelt- und Konsumentenschutz geben darf: “An unseren Standards, die wir uns in der EU, auf Bundesebene und in Oberösterreich aufgebaut haben, gibt es nichts zu rütteln. Unsere Sicherheit und Nachvollziehbarkeit in der agrarischen Produktion, unsere klaren und transparenten Regeln und Bestimmungen werden wir nicht opfern.” Ebenso müsse die strenge EU-Politik bei GVO und Hormonfleisch aufrecht erhalten bleiben und geografische Herkunftsangaben geschützt werden. Es brauche außerdem eine Mengen-Regulierung, was bedeutet, dass es Zollkontingente für Schweinefleisch, Rindfleisch, Stärke, Zucker, Geflügel und Biotreibstoffe geben muss. “Die derzeitigen Kontingent-Vorschläge, die es seitens der USA gibt, werden nicht akzeptiert”, schlägt auch LK-Präsident Franz Reisecker in diese Kerbe. Gerade im Schweinefleischbereich gibt es massive Unterschiede in der Produktionsausrichtung, was dazu führt, dass in den USA aufgrund kaum vorherrschender Auflagen zu wesentlich günstigeren Preisen produziert werden kann.
Abstimmung im Parlament notwendig
Der österreichische Bauernbund hat bekanntlich bereits im Mai letzten Jahres einen umfassenden Antrag zum Schutz der heimischen Landwirtschaft am ÖVP-Bundesparteitag eingebracht. Zudem gibt es ein Zustimmungserfordernis der nationalen Parlamente. “Ohne umfassender Behandlung im Nationalrat werden wir TTIP nicht zustimmen”, unterstützt auch ÖVP-Nationalratsabgeordneter und Obmann der oö. Nebenerwerbsbauern Nikolaus Prinz die kritische Haltung: “Wir werden weder Wettbewerbsnachteile noch mindere Lebensmittelqualität in unserem Land hinnehmen. Wenn es um Beeinträchtigungen der Gesundheit oder des ländlichen Raumes geht, hört sich genau hier der freie Handel auf.”
“Man muss am Tisch sitzen”
Trotz der großen Vorbehalte und der berechtigten Sorgen dürfe man aber nicht generell Nein zu den Verhandlungen sagen. “Es geht darum, ob man am Spielfeld steht oder nur auf der Zuschauerbank sitzen will”, verglich Hiegelsberger die Verhandlungen mit einem Fußballspiel. Nur wenn die Bauernschaft an den Verhandlungen teilnimmt, kann sie auch ihre Forderungen, z.B. nach genau definierten Mengen für den Import bzw. Export, einbringen und für die Anliegen der Bäuerinnen und Bauern kämpfen. Man dürfe in Punkto Lebensmittelexport und -import auch nicht blauäugig sein, denn schon jetzt hat Österreich eine Reihe an bilateralen Handelsabkommen. Vorteile solcher Abkommen sind beispielsweise der Zollabbau, der bei manchen Produkten bis zu 25 Prozent des Produktpreises ausmacht und so den Export erschwert. “Wir wollen aber keine generelle Marktöffnung, das wäre ein Anschlag auf unsere Qualitäts- und Hygienestandards”, so Reisecker, der als Vizepräsident der COPA (Anm.: europäischer Bauernverband) die Mitsprache ernst nimmt. Im Februar jedenfalls werden die Verhandlungen aufgenommen, ein rascher Abschluss scheint derzeit aber nicht in Sicht zu sein.