Diese Zeit hat auch einen sehr entscheidenden Einfluss auf die Eutergesundheit, da unter anderem in dieser Zeit verschiedene Therapie- und Vorsorgemaßnahmen gesetzt werden können. Der häufigste therapeutische Eingriff stellt die Verabreichung von antibiotischen Trockenstellern dar.
Nun sind wir aber in einer Zeit angelangt, in der einerseits in der öffentlichen Diskussion über Antibiotika und Resistenzen die Anwendung von Antibiotika beim Nutztier nicht nur hinterfragt wird, sondern sogar teilweise verboten werden möchte, und auf der anderen Seite durch den Druck auf den Milchpreis und den entsprechenden Verbrauchererwartungen die Produktion gesunder Milch enorm wichtig geworden ist. Trockensteller sind unter gewissen Voraussetzungen ein wichtiges Hilfsmittel zur Erzeugung gesunder (zellzahlarmer) Milch. Außerdem beginnen sich auch neuerlich Handelskonzerne und verschiedene Molkereien in die Anwendung von Antibiotika “einzumischen”. Es ist bekannt, dass in manchen Gebieten fast 90 Prozent der Kühe antibiotisch trockengestellt werden.
So wirken antibiotische Trockensteller
Wie wirken Antibiotika und was ist das Besondere an antibiotischen Trockenstellern? Die einzige Wirkung von Antibiotika ist, das Wachstum von Bakterien zu unterdrücken. Antibiotika haben keinerlei Einfluss auf bereits bestehende Gewebeveränderungen wie Vernarbungen und Gewebeknoten! Von ihrer chemischen Beschaffenheit werden Antibiotika in die Gruppe der alten Antibiotika (meist penicillinähnliche Substanzen) oder in die neueren Antibiotika zugeordnet. Die Antibiotika mit den neuen Wirkstoffgruppen werden oft auch als Reserveantibiotika bezeichnet. Sie sind zwar frei verfügbar, sollten aber nur in berechtigten Ausnahmefällen in der Tiermedizin eingesetzt werden. Sie sollten hauptsächlich dem Menschen vorbehalten werden.
Trockensteller haben verschiedene Antibiotika, zum Teil auch Reserve- Antibiotika, in einer speziellen öligen Formulierung gelöst, damit das Mittel nur langsam aus dem Euter eliminiert wird und damit eine lange Wirkungsdauer gewährleistet werden kann. Dadurch ergibt sich die sehr lange Wartezeit bei der Anwendung.
Aufgabe eines antibiotischen Trockenstellers ist die Ausheilung von bestehenden Infektionen zum Zeitpunkt des Trockenstellens und der Schutz vor Neuinfektionen in der ersten Hälfte der Trockenstehzeit. In der zweiten Hälfte der Trockenstehzeit können selbst Langzeitantibiotika keinen Schutz vor Neuinfektionen gewährleisten! Auch Zitzenversiegler bieten einen gewissen Schutz vor Neuinfektionen in der gesamten Trockenstehzeit, therapeutische Effekte auf bestehende Infektionen können aber nicht erwartet werden.
Antibiotika generell äußerst sparsam einsetzen
Antibiotika sollten generell nur äußerst sparsam und nur in notwendigem und sinnvollem Umfang eingesetzt werden! Überleben Krankheitserreger durch unsachgemäße Anwendung eine Antibiotikabehandlung, muss mit einer Resistenzentwicklung gerechnet werden. Resistente und damit nicht behandelbare Bakterien stellen besonders beim Menschen eine lebensgefährliche und oft auch tödliche Bedrohung dar. Über tierische Lebensmittel könnten dann diese resistenten und gefährlichen Keime auf den Menschen übertragen werden.
Folgende Dinge werden wir in Zukunft im Zusammenhang mit akuten Euterbehandlungen und der Anwendung von antibiotischen Trockenstellern beachten müssen:
• Antibiotika nur bei kranken Tieren mit bakteriellen Infektionen
• Wenig oder keine Antibiotika als Vorbeuge
• Antibiotika nur gezielt am besten nach einer bakteriologischen Untersuchung mit Resistenzprüfung anwenden. Eine bakteriologische Untersuchung vor dem Trockenstellen ist auch unter Praxisbedingungen gut zumutbar.
• Bevorzugung von alten Antibiotika (Penicillin), Reserveantibiotika nur in berechtigten Ausnahmefällen (z. B. Cephalosporine).
• Suche nach Alternativen, z. B. Zitzenversiegler
Jeder Betrieb sollte für die Vorgehensweise beim Trockenstellen am besten mit seinem Haustierarzt eine Strategie erarbeiten und diese konsequent umsetzen. Entscheidungen aus dem Bauch heraus werden im Zusammenhang mit Antibiotikaanwendung beim lebensmittelliefernden Tier zukünftig nicht mehr akzeptiert werden. Man nennt dieses gezielte Vorgehen selektives Trockenstellen.
Tierarzt Franz Kritzinger hat in Zusammenarbeit mit dem Tiroler Tiergesundheitsdienst untenstehendes Merkblatt über den Einsatz von antibiotischen Trockenstellern entworfen.
Dieses Merkblatt findet man unter www.t-tgd.at und kann im Frühjahr 2016 von den zuständigen Betreuungs-tierärzten bezogen werden.