Eine Welt ohne Insekten ist kaum vorstellbar, Wohlstand noch weniger. Die Tiere mit dem Außenskelett und den drei Beinpaaren sorgen etwa für Bestäubung, sind Nahrungsgrundlage, Schädlingsbekämpfer, Honigproduzenten und tragen auch wesentlich zur Fruchtbarkeit von Böden bei. Ohne die Insekten würden Stoffkreisläufe in der Natur nicht funktionieren. Freilich können sie auch Verderben bringen, etwa als Schädlinge oder als Überträger von Krankheiten. Mit vier von fünf Tierarten sind die Insekten laut dem Umweltbundesamt- Bericht die weltweit artenreichste Klasse der Tiere überhaupt. In Sachen Anpassungsfähigkeit, Vermehrung oder Täuschung können nur wenige mit dieser mithalten.
Dennoch sind die Insekten auf dem Rückzug. Schon seit mehreren Jahrzehnten wird das durch Untersuchungen immer wieder nachgewiesen. Eine der bekanntesten ist die Krefeld-Studie. Bei den Erhebungen in 63 deutschen Schutzgebieten zwischen 1989 und 2016 wurde ein Rückgang von 76 Prozent (im Hochsommer bis zu 82 %) der Fluginsekten-Biomasse festgestellt. Laut einem Umweltbundesamt-Bericht aus dem Jahr 2020 liegen für Österreich „keine quantitativen Daten vor, die einen Insektenrückgang belegen oder widerlegen könnten“. Indizien, insbesondere lokale Studien und Gefährdungsanalysen (Rote Listen) „lassen aber keinen Zweifel, dass die Rückgänge in Österreich stattgefunden haben und stattfinden“.
Die Ursachen für den Rückzug der Insekten sind vielfältig. Man könnte sie unter qualitativen und quantitativen Verschlechterungen ihres Lebensraums zusammenfassen. Ein wichtiger Lebensraum für Insekten sind Wiesen. Ihre Pflege durch Mahd ist daher ganz entscheidend für die Artenvielfalt. Andererseits wird durch zu häufigen und „falschen“ Schnitt die Insektenpopulation verringert, und dass auch auch in Abhängigkeit von der eingesetzten Technik.
Messermähwerke für Insekten
Im Projekt „Grundlagen zur Bewertung insektenschonender Mähtechniken im Wirtschaftsgrünland und in artenreichen Magerwiesen“ wird dem nachgegangen. Fünf gängige Mähtechniken und potenzielle Schutz- oder Scheuchvorrichtungen werden dort getestet und verglichen. Heuer erstmals präsentierte Zwischenergebnisse zeigen, wie auch schon andere Untersuchungen, dass Doppelmessermähbalken im Hinblick auf die Tiere günstig zu beurteilen sind. „Mit nur zwei bis drei Prozent verletzten oder toten Insekten war es die schonendste Technik, beim Scheibenmähwerk waren es fünf Prozent“, weiß Projektleiter Johannes Hintringer vom Maschinenring OÖ. Kam bei letzterem der Aufbereiter hinzu, wäre die Anzahl der verletzten oder toten Insekten auf knapp über 20 % gestiegen. Wenn Scheibenmähwerke mit Aufbereitern zusammen mit Aufscheuchstriegeln oder Abweiserblechen verwendet worden seien, wären die Verluste im Schnitt knapp unter die 20 %-Marke hinuntergangen. „Die Schutz- und Scheuchvorrichtungen bringen in der Tendenz eine leichte Verbesserung, aber nicht die große“, erklärt der Maschinenring-Experte. Bei der Interpretation der Ergebnisse im Hinblick auf die gesamte Verfahrenskette der Grünlandernte sei zu beachten, dass durch Aufbereiter in der Regel einmal Zetten eingespart werde. Bei der Auswertung wurden mehr als drei Millimeter große Insekten betrachtet, nicht jedoch Ameisen. Projektpartner sind Maschinenring ÖÖ, LK OÖ, Ages, die HBLFA Francisco- Josephinum Wieselburg, Pöttinger, Boku Wien und Martin Schwarz.
Das Kostenproblem
Nicht nur wegen der Insekten erfahren die Doppelmessermähwerke zunehmendes Interesse. „Sie werden schlagkräftiger und Schleifautomaten stehen zur Verfügung“, so Hintringer. Dazu kämen Vorteile wie geringer Leistungsbedarf und Bodenschonung wegen des geringeren Gewichts. Rein wirtschaftlich gesehen können Doppelmessermähwerke allerdings im Regelfall nicht mit schlagkräftigen Rotationsmähwerken mithalten. Das hat unlängst eine Praxisstudie der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) untermauert. Zwar führten die Doppelmessermähwerke zu 11 bis 14 % niedrigeren Aschengehalten im Heu. Da die Verschmutzungsgrade auch bei der Nutzung des Rotationsmähwerks innerhalb des Toleranzbereichs gelegen seien und bei marktüblicher Bewertung nicht zu Preisabschlägen geführt hätten, ging dieser positive Effekt nicht weiter in die Berechnungen ein.
Die Gesamtkosten inkl. Arbeitserledigung lagen bei Doppelmessermähwerken mit 97 Euro mehr als doppelt so hoch wie bei herkömmlichen Rotationsmähwerken (40 Euro). Einerseits würden höhere Anschaffungskosten für das Doppelmessermähwerk inklusive notwendigen Zubehörs die zusätzlichen Kosten pro Hektar bedingen. Andererseits wären die benötigten Arbeitsstunden und damit die Arbeitserledigungskosten vergleichsweise hoch. Insbesondere das häufige Wechseln und Schleifen der Messer wird von den Studienautoren hervorgehoben. Hinzu komme, dass die Nutzung eines Doppelmessermähwerkes auch ein höheres Ernterisiko mit sich bringe. Denn die Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass die Mahd für das Wechseln (und Schleifen) der Messer unterbrochen werden müsse.
Tipps:
Nicht nur durch die Technik (vorteilhaft sind Messerbalken, kein Aufbereiter, kein Mulchen) und etwaige konstruktive Verbesserungen können Insekten und andere Tiere bei der Mahd geschont werden, auch durch:
• weniger oft mähen,
• größere Schnitthöhe,
• geringere Mahdgeschwindigkeit,
• abschnittweises Mähen und Altgras-streifen stehen lassen,
• ein Befahrmuster wählen, dass Tiere flüchten können, keine Beetmahd,
• richtiger jahreszeitlicher Mahdzeitpunkt bezogen auf die Tierpopulation in der Wiese
• richtiger tageszeiticher Mahdzeitpunkt.
Auch wenn sich diese Ergebnisse dieser Praxisstudie nicht vorbehaltlos auf andere Betriebe übertragen lassen, sollen sie doch deutlich zeigen, „dass ein finanzieller Ausgleich für den Einsatz von nicht-rotierender Mähtechnik notwendig ist, um die Bauern zur Nutzung eines Doppelmessermähwerkes zu motivieren und so Insekten und andere Wiesentiere zu schützen“.
- Bildquellen -
- Doppelmesserbalken: agrarfoto.com