2023 entstanden allein in Österreich rund 140 Millionen Euro Schaden durch Wildunfälle.

Copyright © Landesjägerschaft/Anblick

Die Gefahr lauert am Straßenrand

Wildunfälle sind nicht nur für die Jagd eine enorme Herausforderung. Im Schnitt ereignen sich in Österreich acht Wildunfälle pro Stunde.

Immer mehr Autos, immer mehr Straßen: Gerade im Oktober befindet sich die Steiermark in einer Hochrisikozeit für Unfälle mit Wildtieren. Wildunfälle sind nicht nur ein Sicherheitsproblem, sondern auch ein emotionales, wirtschaftliches und ökologisches Thema, warnen die Experten der Steirischen Landesjägerschaft.

Wenn ein 17 Kilogramm schweres Reh bei Tempo 50 auf ein Auto prallt, wirkt es mit einem Aufprallgewicht von rund 425 Kilogramm. Bei höheren Geschwindigkeiten wird’s noch dramatischer: Ein 80-Kilo-Wildschwein wiegt bei 50 km/h so viel wie ein Nashorn – rund zwei Tonnen. Bei Tempo 130 multipliziert sich das Gewicht eines Wildtieres sogar mit dem Faktor 180. Je schneller das Auto, desto schwerer die Folgen – für Tier und Mensch.

Wildunfälle sind kein Randthema – sie betreffen Sicherheit, Tierwohl, Emotionen und Ökologie gleichermaßen.

Franz Mayr-Melnhof-Saurau

Landesjägermeister Steiermark

Enormer Schaden

2023 entstanden allein in Österreich rund 140 Millionen Euro Schaden durch Wildunfälle. „Wildunfälle sind kein Randthema – sie betreffen Sicherheit, Tierwohl, Emotionen und Ökologie gleichermaßen. Die gute Nachricht: Es gibt Lösungen. Aber sie brauchen Wissen, Technik, und vor allem Bewusstsein – von Politik, Jägerschaft, Verkehrsexperten und jedem einzelnen Autofahrer“, so Landesjägermeister Franz Mayr-Melnhof-Saurau. Etwa 150 Menschen wurden dabei verletzt, die Dunkelziffer ist unklar – besonders bei tödlichen Alleinunfällen kann die genaue Ursache im Nachhinein oft nicht mehr genau eruiert werden. Die Gefahr von Wildunfällen ist nicht nur eine Herausforderung für das jagdliche Wildtiermanagement in der Steiermark, auch die emotionale Seite ist nicht zu unterschätzen: Rehkitze, die kurz vor der Geburt stehen und nach dem Unfalltod der Rehgais ersticken, lassen niemanden kalt.

Lebensraumverlust

Ein besonderer „Gamechanger“ war Corona. Die Lockdowns führten zu einem massiven Anstieg an Freizeitaktivitäten in der Natur – mit Folgen für die Tierwelt. Das bildet sich auch in der Anzahl der Wildunfälle der letzten fünf Jahre ab. Gleichzeitig verschwinden große Flächen an Lebensraum durch Verbauung. Rehe wandern immer mehr in Siedlungsräume, Vorgärten und Parks – und damit auch in die Nähe von Straßen. Auch Blühsteifen entlang von Straßen können die Gefahr von Wildunfällen erhöhen.

In der Steiermark zeigt das Projekt „Wildtierschutz & Verkehrssicherheit“, wie moderne Technik helfen kann. Durch gezielten Einsatz von Reflektoren, akustischen Warnern und Geruchsabschreckung kann die Zahl der Wildunfälle nachts um 40 bis 70 Prozent gesenkt werden. In einzelnen Revieren sogar um bis zu 90 Prozent. Reflektoren wirken dabei besonders auf Rehe, die sogenannte „Drücker- und Schlüpfertypen“ sind – sie bleiben durch die Lichtreflexe stehen, statt plötzlich auf die Straße zu rennen. In Ausnahmefällen kommen auch Duftstoffe zum Einsatz, die Wildtiere gezielt abschrecken.

Gefährliche Zeiten

Wildunfälle häufen sich vor allem zu drei Jahreszeiten: April und Mai: Rehe kämpfen um Reviere (Einstandskämpfe). August: Brunftzeit. Oktober und November: Wenn Felder abgeerntet werden, verändert sich der Lebensraum für viele Wildtier.