Alljährlich veröffentlichen die AMA-Marketing und der Fachverband der Lebensmittelindustrie im Vorfeld der Leitmesse für Lebensmittel „Anuga“ in Köln die Halbjahresbilanzen zum Export von Agrargütern und Nahrungsmitteln. Heuer mit einigermaßen ernüchternden Zahlen. Zwar stieg der Wert der Agrarexporte im ersten Halbjahr 2025 im Vergleich zum Vorjahr von rund 8,3 auf 8,7 Mrd. Euro. Mengenmäßig wurde aber ein Minus von 3,2 Prozent vermeldet. Für die laut AMA-Marketing-Geschäftsführerin Christina Mutenthaler-Sipek „traditionell negative“ Agraraußenhandelsbilanz bedeutet das einen Quantensprung. Das Minus beläuft sich heuer auf 1,3 Mrd. Euro statt 885 Mio. Euro im Jahr zuvor.
Mehr als 80 Prozent der Agrarexporte Österreichs sind für den europäischen Markt bestimmt. „Unsere Nachbarländer sind die wichtigsten Abnehmer von Produkten der österreichischen Landwirtschaft. Kurze Transportwege und die hohe Qualität unserer Lebensmittel machen sie gerade dort besonders gefragt“, so Mutenthaler-Sipek. Mit einem Löwenanteil von 40 Prozent besonders essenziell bleibt der deutsche Markt. „Seit 2020 haben wir eine positive Agraraußenhandelsbilanz mit Deutschland“, ergänzt Mutenthaler Sipek. Dort habe man heuer teils nicht nur im Wert, sondern auch in der Menge ein Plus verzeichnet. „Ein Star am deutschen Markt“ sei Käse: Insgesamt wurde Käse im Wert von 269 Mio. Euro ausgeführt. Mit einem wertmäßigen Plus von 7,9 Prozent und einem mengenmäßigen Plus von 4,1 Prozent blieb er der rot-weiß-rote Exportschlager. Der Gesamtexport von Milch und Milchprodukten inkl. Käse legte wertmäßig um immerhin 7,4 Prozent zu.
Wurst und Speck als deutsche Favoriten
Prozentuell übertroffen wurde er am deutschen Markt aber von Geflügelfleisch. Hier legten die Ausfuhren im Wert um 13 Prozent zu. Das beliebteste Exportprodukt in die Bundesrepublik ist neuerdings die Zollgruppe Wurst und Fleischzubereitungen. „Produktqualität, Geschmack und Image“ seien die Kaufargumente für deutsche Importeure, erklärte die AMA-Marketing-Chefin. Konkret betrug das Plus 13,3 Prozent im Wert und 10,6 Prozent in der Menge.
Ganz anders stellt sich die Situation am Rindfleischmarkt dar. Wie zu vernehmen war, sei bedingt durch ein EU-weit knappes Angebot der Export mengenmäßig um mehr als 27 Prozent eingebrochen. Lediglich 17.334 Tonnen wurden nach Deutschland exportiert, welche allerdings fünf Prozent Mehreinnahmen erlösten. „Wir brauchen derzeit in erster Linie Rindfleisch für den Heimmarkt“, stellte Mutenthaler-Sipek diesbezüglich fest. Schon zu Jahresbeginn seien die TK-Läger der Schlachthöfe allerdings leer gewesen. Einer weiteren Angebotsverknappung im Inland will die AMA-Marketing durch Forcierung des Gütesiegels gegensteuern: „Das schafft verbindliche Preise, um die Eigenversorgung nicht zu gefährden.“
Industrie ächzt unter Bürokratielast
Von knappem Angebot bei zugleich reger Nachfrage mei-lenweit entfernt ist indes die Lebensmittelindustrie. „Wir befinden uns das zweite Jahr in Folge in einer Stagnation“, so Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbandes der Lebensmittelindustrie. Die vorläufigen Halbjahreszahlen ihres Sektors zeigen gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum eine Stagnation der Exportmenge (+0,7 %) bei einem Exportvolumen von 5,4 Mrd. Euro (+3,1 %). Diese „schwarze Null“ sei laut Koßdorff ein Zeichen, dass die heimischen Lebensmittelhersteller weiter an preislicher Wettbewerbsfähigkeit verlieren würden. Die Verbandschefin untermauerte dies mit einer einfachen Rechnung: „Rechnet man den deutschen Export heraus, stagnieren die Exporte sowohl im Wert als auch in der Menge.“ Die Deutschen importieren 38 Prozent der Ausfuhren der Industrie, was von Jänner bis Juni der stolzen Summe von gut 2 Mrd. Euro entsprach.
Aus ihrer Sicht seien die Standortkosten hierzulande mit einem Lohnplus von rund 25 Prozent binnen zwei Jahren und ständig steigenden Energiekosten schlicht zu hoch. Erschwerend komme die Last durch bürokratische Auflagen aus dem Green Deal hinzu. „Auch die EU-Entwaldungsverordnung spielt eine große Rolle.“ Entsprechend dankbar sei man in der Industrie für die – vorerst nur angekündigte – erneute Verschiebung des Inkrafttretens. Aber auch das Lieferkettengesetz oder die Nachhaltigkeitsberichterstattung belasten die Unternehmen. „Alle Regularien sind gleichzeitig umzusetzen. Das ist selbst für so eine starke Branche wie die Lebensmittelindustrie nicht machbar.“ Hinzu komme die Diskussion zur Teuerung: „Die politische Debatte über staatliche Eingriffe in Lebensmittelpreise trübt den Blick auf die tatsächlichen Probleme, nämlich den intensiven internationalen Wettbewerbsdruck, dem sich die heimische Lebensmittelindustrie stellen muss.“ Am internationalen Markt könne man – trotz Abnehmern in mehr als 180 Ländern der Welt – derzeit kaum noch punkten.
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