
Mit den Begriffen „Urlaub“ und „Bauernhof“ kennt sich das Internet gleich aus: Hier geht es ums Ferienmachen auf einem Hof. Suchmaschinen spucken Landwirte als Quartiergeber für Erholungsuchende sofort aus. Logisch, auf diese Art passen Urlaub und Landwirtschaft gut zusammen. Bäuerinnen und Bauern brauchen aber auch für sich selbst immer wieder mal Auszeiten. Einfach die Hoftore zusperren geht nicht.
OÖ Maschinenring hat ein Pilotprojekt gestartet
Hier tritt der Maschinenring auf den Plan, der Arbeitskräfte vermittelt und bei der bürokratischen Abwicklung unterstützt. Und zwar nicht nur, wenn aufgrund tragischer Umstände helfende Hände gebraucht werden (soziale Betriebshilfe, siehe Infokasten), sondern auch bei Arbeitsspitzen am Betrieb oder geplanten Ausfällen wie eben Urlauben (wirtschaftliche Betriebshilfe).
„Erster Ansprechpartner ist der regionale Maschinenring“, sagt Mirjam Lichtenberger, die im Maschinenring-Bundesverband den Bereich Agrar verantwortet. Zum Thema Urlaub verweist sie auf Oberösterreich, wo der Maschinenring 2024 ein neues Präventionsangebot ins Leben gerufen hat.
„Tier und Hof in guten Händen“ nennt sich dieses – und versteht sich als „Komplettlösung für betriebliche Vorsorge“. Das Programm sieht eine kontinuierliche Betreuung eines Betriebes durch eine Agrar-Fachkraft vor.
Ziel ist, dass eine Person regelmäßig auf den Betrieb kommt, mitarbeitet und mit allen Abläufen so vertraut wird, dass sie diesen auch eigenständig weiterführen kann. „Egal ob für einen geplanten Urlaub oder eine unerwartete Abwesenheit“, sagt Roman Braun, Agrar-Bereichsleiter in Oberösterreich.

Nachbarschaftshilfe funktioniert nicht mehr
Denn: „Die Zeit der unkomplizierten Nachbarschaftshilfe ist vorbei“, so Braun. Nicht aus mangelnder Hilfsbereitschaft, sondern aufgrund von Mechanisierung und Digitalisierung. „Das ist die Kehrseite der Medaille namens Mechanisierung“, so Braun.
“Die Kehrseite der Medaille namens Mechanisierung ist: Die Zeit der unkomplizierten Nachbarschaftshilfe ist vorbei.” – Roman Braun, MR Oberösterreich
Als Beispiel nennt er den Melkroboter, mit dem man zwar nicht mehr an fixe Stallzeiten gebunden sei, bei einem Problem aber handeln und sich damit auskennen müsse. „Es braucht jemanden, der nicht nur Einsatzbereitschaft zeigt und die Technik bedienen kann, sondern darüber hinaus auch noch mit der jeweiligen Marke vertraut ist. Denn die Mechanisierung ist momentan so unterschiedlich“, erläutert Braun. Den wachsenden Druck, den die moderne Technik – bei aller Arbeitserleichterung – dennoch mit sich brachte, hätten viele unterschätzt. Nicht zuletzt sei aber auch das Loslassen können ein Thema. „Vor allem auf Milchviehbetrieben. Da tun sich viele noch schwer damit“, weiß der Fachmann.
Urlaub machen heißt, nicht stets verfügbar sein
Das Thema Urlaub sei etwas, das in der Landwirtschaft erst jetzt so richtig Fuß fasst. „Die junge Generation heute hat schon den Anspruch, dass ein Urlaub möglich sein muss“, erzählt Braun. „Das MR-Projekt soll auch den Druck aus der Landwirtschaft nehmen, ständig verfügbar sein zu müssen.“
Karl Haslinger aus Eggerding kann all diese Argumente nur bestätigen. Der Rinderhalter ist einer der ersten 20 Landwirte, die am Modell „Tier und Hof in guten Händen“ teilnehmen. 45 Milchkühe samt Nachzucht stehen in seinem Stall. Auch ein zweiter, etwa 20 Kilometer entfernter Hof gehört zum Betrieb. Er und seine Frau Barbara bewirtschafteten 80 Hektar. Seit einem Jahr ist ein Melkroboter im Einsatz, ebenso eine automatische Einstreuung. „Was ist, wenn ich einmal ausfalle?“ Diese Frage habe ihn lange beschäftigt – erst recht nach einem Krankenhausaufenthalt der Gattin im Vorjahr, so der Innviertler. Ein erster erhoffter Urlaub mit den Kindern (acht und fünf Jahre) sei ebenso ein Argument gewesen. „Seit der Hochzeitsreise 2018 waren wir nicht mehr länger als einen Tag gemeinsam fort.“ Seit drei Monaten gibt es nun jemanden, „und es hat gleich gepasst“.
“Wir waren seit unserer Hochzeitsreise im Jahr 2018 nicht mehr länger als einen Tag gemeinsam fort.” –
Karl haslinger, Milchbauer
Mittlerweile nehmen auch die Urlaubspläne der Familie Gestalt an. „Mindestens vier Tage“ sollen es werden. „Wahrscheinlich gehts nach Tirol.“ Mit der Betriebshilfe habe er nun einfach „ein ruhiges Gewissen“.
Familienurlaub im Rückblick „bereichernd“
Viele gemeinsame Familienurlaube mit ihren Kindern schon lange hinter sich haben Christine und Anton Waldhör aus Puchkirchen. „Und diese waren eine Bereicherung für die ganze Familie“, schwärmt Anton Waldhör noch heute. Der Umstieg auf einen Laufstall war für die Generation davor zur Hürde geworden. „Die Eltern wollten mit dem neuen Stall nicht mehr, also haben wir uns für die Betriebshilfe entschieden“, erinnert sich Waldhör. 2024 hat er den Hof an eine seiner Töchter übergeben.
„Wir sind immer schon gerne gereist und es ist uns dabei auch immer gelungen, einmal wirklich abzuschalten“, sagt der Oberösterreicher. Als Landwirt auch zu urlauben, könne er nur empfehlen. „Wer seine persönlichen Wünsche immer nur aufschiebt auf die Pension, wird vieles nicht mehr machen.“ So hat Waldhör laut eigener Angabe „keinen einzigen dafür ausgegebenen Euro bereut“. Gemeint sind nicht nur die Kosten für den Urlaub, sondern auch jene für die Hilfe am Betrieb, die selbst zu tragen sind.
Junge Fachkräfte mit Technik rasch vertraut
Philipp Prey aus Wernstein ist gerade dabei, sich neben seinem Rindermastbetrieb als Agrar-Fachkraft in der MR-Betriebshilfe zu etablieren. Momentan ist er auf einem Betrieb, auf dem sich eine Arbeitskraft einen Knochenbruch zugezogen hat, verstärkt im Einsatz. Er arbeitet sich aber auch auf einem Hof ein, auf dem bald ein Urlaub ansteht. Gemolken wird dort noch im Melkstand, ohne Roboter.
“Die gemeinsamen Urlaube waren eine Bereicherung für die ganze Familie.” – anton waldhör, Altbauer
Dafür gibt es Fütterungstechnik und moderne Traktoren. „Ich bin selber gut aufgestellt mit Maschinen, daher ist das für mich nicht schwierig zu lernen“, betont der 26-Jährige. Dennoch sei er stets froh, wenn alles reibungslos verläuft.
Apropos reibungslos: Spontan zu urlauben ist schwierig, von langer Hand geplant sollte aber auch für Tierhalter einem Urlaub vom Bauernhof nichts im Wege stehen.
Soziale BetriebshilfenKommt es auf einem Bauernhof aufgrund eines Unfalls, Todesfalls oder anderen Schicksalsschlags zu einem Engpass, springt die soziale Betriebshilfe ein. Der Maschinenring organisiert eine passende Arbeitskraft und unterstützt bei den Formalitäten für die Zuschüsse von Land und SVS. 2023 wurden in Österreich genau 1.748 Einsätze über den Maschinenring abgewickelt.
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