Gnitze und Gelse

Copyright © DUNPHARLAIN-COMMONS.WIKIMEDIA.ORG

BTV-8: Fallzahlen bleiben hoch

Die Ausbreitung der Blauzungenkrankheit (BTV) hält an. Auch Betriebe mit positiven Fällen kommen mittelfristig wohl nicht um eine Impfung umhin.

Vorerst keine Spur von Entspannung bei der Ausbreitung der Blauzungenkrankheit der Virusvariante 8 in Kärnten. „Stand Freitag hatten wir 452 Betriebe mit positiven Tieren, betont Landesveterinärdirektor Holger Remer. Diese Zahl ist seinen Ausführungen zufolge allerdings irrelevant. „Das ändert sich täglich“, so Remer, vor allem sei die Dunkelziffer wohl deutlich höher. Entscheidend sei vielmehr, dass die Fallzahlen vorerst anhaltend hoch bleiben. Einzig die Brennpunktregionen verlagern sich zunehmend. Wo der Seuchenzug seinen Anfang nahm, flauen die Neuinfektionen etwas ab, zugleich kommen ständig neue Talschaften hinzu. „Diese Woche ist etwa das Metnitztal und Völkermarkt betroffen, nächste Woche dann wohl das Lavanttal“, informiert der Veterinärdirektor.

Zur Erinnerung: Am 4. August wurde ein Rind mit für BTV typischen Symptomen im Bezirk Hermagor gemeldet. Das ungeimpfte Tier zeigte Läsionen im Bereich der Schleimhaut, krustige Auflagerungen, Speichelfluss, Nasenausfluss und erhöhte Körpertemperatur. Wenige Tage später ergab der Laborbefund, dass das Tier an der Virusvariante 8 (BTV-8) erkrankt ist. Zuvor waren – anders als in anderen Bundesländern – hierzulande lediglich Fälle mit BTV-4 dokumentiert worden. Eingeschleppt wurde das ausschließlich über Stechmücken (Gnitzen) übertragene Virus vermutlich aus Italien. Bereits seit Juni sei ein erneuter Seuchenzug dieses Serotyps durch die Balkanstaaten beobachtet worden. Aus Nordmazedonien, Griechenland, Slowenien, Italien, Serbien, Kroatien und Bulgarien sowie auch im Norden Italiens sind LK-Angaben zufolge BVT-8-Ausbrüche gemeldet worden. In Italien habe man diesen Serotyp am 18. Juli erstmals in der Region Friaul-Julisch Venetien nachgewiesen.

Laut Holger Remer ist die Intensität der Variante 8 in etwa mit dem Ausbruch des Serotyps 3 in Deutschland im Vorjahr vergleichbar. Empfängliche Tiere (Rinder, Schafe, Ziegen, Wildwiederkäuer und Neuweltkameliden) zeigen klassische Blauzungen-Symptome wie Veränderungen im Bereich von Maul und Nase, Ausfluss, Tränenbildung, Ödeme, Klauenläsionen und Fieber. „Tierärzte melden mir eine extreme Empfindlichkeit im Bereich der Klauen“, so Remer und ergänzt: „Schlimm ist es, wenn eine Sekundärinfektion wie Lungenentzündung dazu kommt. Dann wird ergänzend antibiotisch behandelt.“ Besonders für Schafe kann eine Infektion tödlich enden.

Impfen weiter wichtig

Stand jetzt noch völlig unklar ist, inwieweit die derzeit zahlreichen Fälle auch zu einer Immunität in den Kärntner Viehbeständen führen wird. „Das wissen wir noch nicht. Im Winter werden wir in Zusammenarbeit mit der Ages klären, ob diese gegeben ist“, so Remer. Er hegt jedoch Zweifel, da meist nicht ganze Bestände, sondern nur Einzeltiere erkranken. Laut LK habe das mit dem Gnitzendruck und dem Anteil an infizierten Gnitzen zu tun. „Je nach Abwehrlage, Gesundheitszustand und momentanem Stress zeigen infizierte Tiere dann keine bis schwere Symptome“, heißt es aus Klagenfurt.

Einer Stellungnahme der Ages von Mitte September ist jedenfalls zu entnehmen, dass „die Durchseuchung von betroffenen Herden, und somit von Tieren mit einem zu erwartenden Immunschutz basierend auf Erfahrungen aus vergangenen Ausbruchsgeschehen in Europa und wissenschaftlichen Arbeiten“ als niedrig beschrieben wird. Die Schwankungsbreite liege den Experten zufolge sage und schreibe zwischen 0 und 100 Prozent. Die Behörde rät entsprechend weiterhin zur Impfung gegen die Varianten 3, 4 und 8: „Da von einer vollständigen Durchseuchung der Herde nicht ausgegangen werden kann, wird eine Impfung auch für Herden empfohlen, in denen bereits Fälle von BTV aufgetreten sind.“ Erkrankte Tiere dürfen allerdings keinesfalls geimpft werden. „Das kann Nebenwirkungen verstärken und wird auch von Seiten der Impfstoffhersteller ausgeschlossen“, schreiben die Fachleute in Wien.

Das in Deutschland für Tierseuchen zuständige Friedrich-Löffler-Institut berichtet allerdings, dass man mit Impfungen noch klinisch gesunder Tiere in das anlaufende Infektionsgeschehen im Vorjahr positive Erfahrungen gemacht habe. Auch in der Schweiz gilt derzeit die uneingeschränkte Empfehlung alle klinisch gesunden Tiere zu impfen. „Im Herbst 2025 geimpfte Tiere sind auch 2026 und teilweise in Folgejahren vor einer Infektion, klinischen Symptomen und einer Virusweiterverbreitung geschützt“, hält die Ages fest. Hierzulande sind die Fachleute vorsichtiger. Die LK schreibt diesbezüglich: „In Betrieben mit momentanen Blauzungengeschehen ist die Differenzierung gesund, inifiziert oder krank oft nicht einfach. Deshalb gilt die Empfehlung, diese Infektionsphase erst vorbeiziehen zu lassen und dann zu impfen.“ Für das heurige Jahr komme eine Impfung „wohl zu spät, da der volle Schutz erst drei bis vier Wochen nach Abschluss der Grundimmunisierung eintritt“.

Landesveterinärdirektor Remer betont indes, die kalte Jahreszeit für ebendiese Grundimmunisierung zu nutzen und hebt die verhältnismäßig geringen Kosten für Betriebe hervor, die lediglich die Tierarztkosten zu begleichen hätten: „Der Impfstoff wird nach wie vor vom Land Kärnten finanziert. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal in Österreich.“ Wer glaubt, dass die Seuche mit den kälteren Temperaturen völlig verschwindet, irrt übrigens. Remer: „Wir müssen nächstes Jahr, wie heuer die Deutschen, wieder mit einer Infektionswelle rechnen.“

Copyright © AGES

Typische Läsionen am Flotzmaul

Kuh mit Blauzungenkrankheit

Ausfluss und Schäumen bei Schafen

Schaf mit Blauzungenkrankheit