Österreich bezieht 80 % seines benötigten Erdgases aus Russland. Die Bundesregierung versucht es mit einem Besuch in Katar, um verflüssigtes Erdgas (LNG) für Österreich zu lukrieren. Das ist ein erster und wichtiger Schritt aus den Fängen der Russen, aber dennoch nur eine Verschiebung der Abhängigkeit in Richtung der Scheichs. Hinzu kommt, dass für den Transport von flüssigem Gas aus dem Land der Erdöl-Barone die Transportmöglichkeiten fehlen. Bevor flüssiges Gas überhaupt in Richtung Österreich fließt, müssten neue Flüssiggas-Terminals und die dazugehörige Infrastruktur errichtet werden. Ein Projekt, das womöglich erst in 10 Jahren spruchreif wird.

Potenzial von 30 Prozent
Einfacher und schneller zu haben wären hingegen erneuerbare Gase. Biomethan aus Biogas, Klärgas und Holzgas oder grüner Wasserstoff können in Österreich produziert werden. Mittelfristig könnte man damit russisches Gas substituieren und einen Teil des nationales Gasbedarfs decken. Franz Kirchmeyr, Fachbereichsleiter im Kompost und Biogas Verband, bestätigt auf Anfrage: „Alleine mit Biomethan aus Biogas und Holzgas könnte Österreich mittelfristig 30 % des Gasbedarfs decken.“
Der Rohstoff für die Anlagen kommt aus organischen Reststoffen und Abfall aus der Land- und Holzwirtschaft. Und gleich vorweg: Diese Stoffe stehen nicht in Konkurrenz zur menschlichen oder tierischen Ernährung. Das Argument, man nehme damit jemandem das Essen weg, zählt nicht. Ganz im Gegenteil. Wenn Rohstoffe vergärt werden, bleiben diese im Stoffkreislauf.

Erst 15 von 300 Anlagen am Gasnetz
Von den 300 in Österreich bestehenden Biogasanlagen speisen derzeit nur 15 Anlagen in das Gasnetz ein. Durch eine Umrüstung bereits bestehender Biogasanlagen auf die Gasnetzeinspeisung könnten zusätzlich über 100 Mio. m3 Gas innerhalb von 1,5 Jahren dazukommen. „Biogasanlagen sind eine strategische Kraftstoffreserve, da das nachhaltige Gas saisonal gespeichert werden kann und dann flexibel zur Verfügung steht, wenn es gebraucht wird. Das hat in weiterer Folge auch eine preisdämpfende Wirkung“, so Bauernbund-Präsident Georg Strasser.

40 Prozent im Restmüll
Alleine in unseren Mülltonnen – im Restmüll – befinden sich 40 % organische Abfälle, die verwertet und in einem Ausmaß von 150 Mio. m3 eingespeist werden könnten. Schon jetzt könnte der Anteil an erneuerbarem Gas deutlich höher sein, doch hat die Politik verabsäumt, einen rechtlichen Rahmen dafür zu schaffen.
Auch der aktuell vorliegende Novellierungsentwurf der grünen Energieministerin lässt darauf schließen, dass Biogas weiterhin ein Stiefkind bleibt. Die Novelle beinhaltet aktuell lediglich eine Gasreserve. Eine Speicherbevorratung importierter fossiler Energie reiche nicht aus, um die Produktion von Biogas anzukurbeln und Gas-Abhängigkeiten zu vermindern. Bauernbund und Biogas-Verband fordern indes einen gesetzlichen Rahmen und ein Erneuerbaren-Gas-Gesetz:

• Investitionen in Grüngasproduktion
• Verbindliche Grün-Gas-Quote
• 5 TWh erneuerbare Gase bis 2030
• Strafzahlung bei Nichterfüllung inkl. Bankgarantien
• Grüngassiegel als Basis für die Anrechenbarkeit

Energieministerin Gewessler hält sich zu den Forderungen der Branche bedeckt. Die Anfang April auf den Weg gebrachte Verordnung zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz erhöhe die Mittel für kleinere und mittlere erneuerbare Anlagen. Die vorliegende Abänderung des Gaswirtschaftsgesetzes schaffe kurzfristig Notreserven, um den nächsten Winter gesicherter zu starten. Sie sei eine Maßnahme für den Krisenfall eines Rückgangs oder Stopps der Erdgaslieferungen. Insgesamt sei die Reduktion der Abhängigkeit von Gas aber auch schwierig, da Österreich über keinen Meereszugang verfüge, etwa für Flüssigerdgas.
„Jetzt geht es darum, alles zu tun, damit wir unabhängig werden von russischen Importen und, das steht hinter dem Konflikt von fossilen Energien insgesamt“, sagte Gewessler.

Martina Rieberer

 

 

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AUTORRed. SN
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