Mischwald

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Waldbau: Divers allein reicht nicht

Der Klimawandel stellt die heimische Forstwirtschaft vor große Herausforderungen. Einfache Patentrezepte gibt es nicht, Unsicherheiten bleiben, dennoch muss jetzt gehandelt werden.

Der Klimawandel schreitet voran. Laut heuer veröffentlichtem Sachstandsbericht ist die Temperatur in Österreich seit 1900 um rund 3,1 °C gestiegen – mehr als doppelt so viel wie im globalen Durchschnitt. 

Wein- statt Waldklima?

Geht man davon aus, dass die Temperatur um 0,6 °C pro 100 Meter Seehöhe abnimmt, verschieben sich die Klimazonen um rund 500 Höhenmeter  nach oben. Das bedeutet etwa, dass es heute in höheren Lagen des Waldviertels gleich warm ist wie in den tiefen Standorten des Weinviertels um das Jahr 1900. Dass das für Baumarten wie die Fichte keine gute Nachricht ist, braucht Forstleuten nicht erklärt zu werden. Gleichzeitig kommen in den trockensten Lagen natürliche Wald-Grenzstandorte (Rendzinen im Steinfeld, Sanddünen im Marchfeld), vielfach durch Aufforstung mit Schwarzföhre bestockt, immer mehr unter Druck. 

Problemfall sekundäre Fichtenbestände 

Doch wie soll man mit der Fichte, der Brotbaumart der österreichischen Forstwirtschaft, weitermachen? Dabei muss man zwischen potenzieller Waldgesellschaft, also wo eine Baumart ohne menschlichen Einfluss natürlich vorkommen würde, und aktuellem Verbreitungsgebiet unterscheiden. Schätzungen gehen in diesem Zusammenhang davon aus, dass die Fichte auf 45 bis 50 Prozent der Forstfläche in Österreich natürlich vorkommt. „Wir haben aber auch große Bestände, die außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets liegen, das sind schätzungsweise 500.000 Hektar. Das ist jener Teil, wo die Fichte ausgebracht wurde, weil sie wüchsiger ist als die dort typischerweise vorkommenden Laubbaumarten“, so Professor Hubert Hasenauer, Leiter des Instituts für Waldbau an der Boku University, bei einer Pressekonferenz anlässlich 150 Jahre Forstwirtschaftsstudium in Wien. Insbesondere diese sekundären Fichtenbestände leiden unter dem aktuellen Klimawandel, einige stehen nicht mehr. „Wenn längere Trockenperioden in der Vegetationsperiode auftreten, führt das zu Trockenstress, der in weiterer Folge den Borkenkäfer besonders freut, denn wenn Bäume gestresst sind, dann tut sich der Borkenkäfer leicht.“

Mehr Vielfalt bei den Baumarten

Am Institut für Waldbau laufen deshalb umfangreiche Versuche mit Douglasie, Zeder und Roteiche. Ähnliche Projekte betreibt das Bundesforschungszentrum für Wald mit heimischen Baumarten. Ein Überblick, welche Baumarten in Österreich in den einzelnen Wuchsgebieten in Zukunft noch Erfolg versprechen, ist im Internet unter klimafitterwald.at verfügbar. (In den Broschüren dort wird der aktuelle Temperaturanstieg in Österreich allerdings noch mit 1,9 °C angegeben.) Für die Steiermark sei auf die bereits umgesetzte „Dynamische Waldtypisierung“ verwiesen. Unter waldbauberater.at können damit die Auswirkungen der Klimaerwärmung und Baumarteneignungen in einem feingliedrigen Raster abgerufen werden. 

Generell wird bei den Baumarten empfohlen, auf Vielfalt zu setzen. Sie führt zur Streuung des Risikos, wie bei einem Investmentfonds im Bankenwesen, und verringert die Gefahr von großen Kalamitäten. Zudem können sich die Baumarten im Optimalfall positiv beeinflussen. Roland Kautz, Leiter Unternehmensentwicklung/Kommunikation der Österreichischen Bundesforste, zu den konkreten Zielen bis 2100: „Wir haben die Fichte heute mit einem Flächenprozent von circa 57 und werden auf 37 % gehen.“ Der Anteil der Tanne soll hingegen von 3,2 auf 5,5 % zunehmen, jener der Douglasie von 0,3 auf 1,2 %, jener der Buche von 18,4 auf 22,8 % und jener der Lärche gar von 9,6 auf 18,3 %. 

Am Boden der Realität bleiben 

Von einer automatisch erhöhten Dürreresistenz durch artenreiche Wälder darf allerdings nicht ausgegangen werden. Das zeigt jedenfalls eine neue internationale Studie unter Leitung der Universität Freiburg. Durch die Analyse der Jahrringe von 1.600 Bäumen in Europa fanden die Forscher heraus, dass sich bei lang anhaltender Trockenheit die anfänglich positive
Wirkung einer hohen Baumartenvielfalt auf das Baumwachstum ins Negative verkehren kann. „Um die Dürreresistenz von Wäldern zu verbessern, müssen Artenzusammensetzung und Bewirtschaftungsstrategien gezielt an die jeweiligen lokalen Bedingungen angepasst werden“, so Hernán Serrano-León, Erstautor der Studie und Forstwissenschafter an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg.

Mehr Vielfalt in der Struktur

Damit ist neben der Baumarten- und Herkunftswahl auch schon der zweite wesentliche Punkt angesprochen, wie Anpassung an den Klimawandel funktionieren kann: durch Umstellung des Waldbausystems. Wie auch auf klimawandelanpassung.at nachzulesen ist, gibt es im Plenterwald im Gegensatz zum gleichförmigen Altersklassenwald auf kleinem Raum alte und junge Bäume verschiedener Arten und Dickenklassen nebeneinander. Erreicht wird dies, indem Bäume nur als Einzelstämme oder in kleinen Gruppen entnommen werden, statt große Hiebflächen zu schaffen. 

Auf diese Weise bleiben eine vielfältige Struktur und das Waldklima dauerhaft erhalten, der Plenterwald ist somit eine Sonderform des Dauerwalds.Die Bodenschichten werden in diesem Bewirtschaftungssystem besser genutzt als im herkömmlichen Altersklassenwald, da Flach-, Herz- und Pfahlwurzler nebeneinander stehen. Während die Fichte etwa die oberen Bodenhori-
zonte gut erschließt, kann die Tanne mit ihren Wurzeln tiefer in den Boden eindringen und dort Wasser und Nährstoffe erschließen. Der Bestand ist stabiler. Windwurf, Schädlinge wie Insekten oder Pilze, Trockenheit und Sonnenbrand können dem Plenterwald weniger Schaden zufügen. Langfristig kann er auch ökonomische Vorteile bringen. Die Holzernte ist regelmäßig möglich, wobei unterschiedliche Arten und Durchmesserklassen zur Verfügung stehen. Mit entsprechendem waldbaulichem Geschick gelingt auch die natürliche Verjüngung gut, Kosten fürs Setzen und die Pflege der jungen Bäume können eingespart werden – sofern der Wildbestand nicht zu hoch ist.

Kein Allheilmittel

Freilich stößt das System auch an seine Grenzen, etwa im Hinblick auf Baumarten oder die Einzelstammentnahme im steileren Seilgelände. Zudem braucht es eine höhere Dichte an Erschließungswegen als im herkömmlichen Wald sowie Fachwissen und Geschick. Letztere sind insbesondere bei Baumentnahmen wichtig, um nicht die Stabilität des Bestandes zu gefährden.