Was es mit TFA und PFAS auf sich hat

Eine Umweltschutzorganisation wies kürzlich auf hohe Konzentrationen der Ewigkeitschemikalie Trifluoracetat (TFA) in Backwaren hin. Warum das nur bedingt mit chemischem Pflanzenschutz zu tun hat.

Fakt ist, die Chemikalie TFA kann auch aus Abbauprodukten von PFA-hältigen Pflanzenschutzmitteln entstehen. Laut EU-Chemikalienagentur machen diese aber gerade einmal zwei Prozent der Emmissionen aus.

Zuletzt Mineralwasser, nun Brot und andere Getreideprodukte. Die NGO Global 2000 machte heuer bereits mehrfach mit dem Thema Ewigkeitschemikalien, konkret TFA, von sich reden. Eine gemeinsame Untersuchung mit der AK Oberösterreich habe in 48 hierzulande erhältlichen Getreideprodukten „unerwartet hohe“ TFA-Gehalte bestätigt. Zurückzuführen sei das allein auf chemischen Pflanzenschutz, urteilt die NGO und bittet im selben Atemzug um Spenden für eine entsprechende Verbotskampagne.

IGP spricht von Diffamierung

Den Vertretern der Landwirtschaft und Pflanzenschutzmittelhersteller stößt dies naturgemäß sauer auf. „Solche einseitigen Schuldzuweisungen schaden nicht nur dem Ansehen der heimischen Landwirtschaft, sondern ignorieren auch die komplexen Ursachen für Rückstände in Lebensmitteln“, erklärte etwa LK-Oberösterreich-Präsident Franz Waldenberger. Die Landwirtschaft sei als Teil der Lösung zu sehen und nicht das Problem, so der LK-Chef, der die Kampagne trotz Verständnis für das Anliegen als „fragwürdig“ bezeichnet. 

Der Obmann der Industriegruppe Pflanzenschutz, Christian Stockmar, appelliert, „die systematische Diffamierung und Zerstörung der heimischen Landwirtschaft“ einzustellen und empfindet die Vorgangsweise der NGO als zynisch.

Wie es wirklich um den Zusammenhang zwischen TFA und chemischem Pflanzenschutz steht, zeigt indes ein umfangreicher und mit wissenschaftlichen Quellen untermauerter Faktencheck des Vereins „Wirtschaften am Land“. Die schwer abbaubare, aber in Grundwasser und Boden mobile Ewigkeitschemikalie ist demnach ein Abbauprodukt von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen, kurz PFAS. Dabei handelt es sich um eine heterogene Gruppe chemischer Verbindungen, die in vielen Bereichen des Alltags Verwendung finden. Das Problem: Sie sind schwer abbaubar, hitzebeständig und sowohl wasser- als auch fettabweisend. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ordnet die Gruppe der PFAS dem Begriff „Industriechemikalien“ zu und beziffert die Anzahl der PFAS-Verbindungen auf über 10.000 Substanzen.

Verwendung in vielen Lebensbereichen

Entsprechend vielfältig werden PFAS-Verbindungen auch verwendet. Sie finden in Feuerlöschern, Kühlgeräten, Arzneimitteln, Möbelbezügen, Funktionskleidung, Batterien, Verpackungen und beschichteten Kochutensilien, in Kosmetika, aber auch in der Landwirtschaft Verwendung. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) beziffert den Anteil der Agrochemie an den TFA-Emmissionen mit gerade einmal zwei Prozent. Laut AGES sollen derzeit 28 zugelassene Wirkstoffe PFAS enthalten. 

Waldenberger: “Solche Schuldzuweisungen schaden dem Ansehen der Landwirtschaft.” 

Das Gros des Ausstoßes gehe der ECHA zufolge auf das Konto der Textil- und Papierindustrie und von Kältemitteln. In der EU werden etwa 45.000 bis 80.000 Tonnen PFAS für Textilien, Teppiche, Möbel und Lederwaren verwendet. Besonders die Anwendung in Löschschäumen sei problematisch für die Gewässer- und Bodenverunreinigung und ein möglicher Verursacher für die zuletzt publik gewordenen Testergebnisse.

In die Umwelt gelangen PFAS übrigens aufgrund ihrer hohen Löslichkeit sowohl über die Luft als auch über Niederschlag. Ihre Anreicherung in Wasser und Boden lässt sich laut Wirtschaften am Land mit der langen Abbaudauer erklären. Eine gesundheitsschädliche Wirkung entfalten sie im menschlichen Körper erst durch langfristige Anreicherung und führen laut AGES etwa zu einer verminderten Immunantwort bei Impfungen oder höheren Cholesterinwerten. 

Zuletzt Löschschaum als Verursacher

Der Vorsorgewert zum Schutz des Grundwassers liegt bei PFAS und ihren Abbauprodukten bei einer Konzentration von 0,1 Mikrogramm pro Liter. Hierzulande wurden bisher zwei Überschreitungen dieser Schwellenwerte festgestellt: In den Gemeinden Leibnitz und Lebring in der Steiermark sind erhöhte PFAS-Werte im Trinkwasser in den Jahren 2016, 2017 und 2018 nachgewiesen worden. 

Als Quelle konnte das Umweltbundesamt die Verwendung von PFAS-haltigen Löschschäumen in der dortigen Feuerwehrschule identifizieren.

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  • Kartoffel Fungizid: agrarfoto.com
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AUTORClemens Wieltsch
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