Die Europäische Union will sich aus der Abhängigkeit von Russland befreien. Nicht zuletzt, um dessen Angriffskrieg in der Ukraine nicht indirekt mitzufinanzieren, werden ab 1. Juli konkret 6,5 Prozent Zoll auf Stickstoffdünger aus Russland und Belarus fällig. Hinzu kommt bis 2026 ein Festzoll von 40 bis 45 Euro pro Tonne, welcher bis 2028 auf 430 Euro je Tonne steigen wird.
Kaum Importe nach Österreich
„Wenn dieser Zoll mit Juli in Kraft tritt, wird das unmittelbar Auswirkungen in Europa und somit auch in Österreich haben“, ist Andreas Hochgerner überzeugt. Er verantwortet in der Raiffeisen Ware Austria (RWA) die Abteilung Düngemittel und hat in dieser Funktion die Warenströme in der EU genau im Blick. Demnach gelange bisher physisch kaum Dünger nach Österreich. „Die Mengen sind überschaubar“, so der Experte. In Summe seien es 10.000 bis maximal 20.000 Tonnen pro Jahr, die importiert würden, vornehmlich Diammoniumphosphat (DAP), Harnstoff und Volldünger (NPK). Anders ist die Situation bekanntlich in der Europäischen Union als Ganzes, für die Russland bisher ein Viertel der Gesamtimporte stellte. „Billiger russischer Harnstoff und NPK-Düngemittel haben bisher Druck auf die europäischen Produzenten ausgeübt“, weiß der RWA-Abteilungsleiter. Durch die schrittweise Erhöhung der Strafzölle werde der EU-Markt für russische Produzenten in den nächsten Jahren wohl aber uninteressant. Damit werde auch das Preisniveau steigen.
Keine Preisdämpfung durch neue Bezugsquellen
Die Düngemittelhersteller am Binnenmarkt dürfte es freuen. Hochgerner: „Es gibt einige Produzenten in Osteuropa, die in den letzten Jahren aufgrund der hohen Gaspreise kaum produziert haben. Diese könnten natürlich, wenn das Düngemittel-Preisniveau höher ist, ihre Produktion wieder aufnehmen.“ Entsprechend sei die Ankündigung aus Brüssel, dass so die Eigenproduktion steige, „durchaus realistisch“. Selbiges gelte für die neu zu findenden Bezugsquellen. Eine preisdämpfende Wirkung dürfe man sich davon aber nicht erwarten, verlautet es aus der RWA: „Diese werden sich an das höhere Preisniveau in Europa anpassen. Ägyptischer Harnstoff zum Beispiel hat schon seit einiger Zeit einen höheren Großhandelspreis für Europa als für den Rest der Welt.“
Bleibt zu hoffen, dass die im Zollpaket vereinbarten Monitorings der EU-Kommission auch greifen und Mehrkosten für die Landwirte der Europäischen Union rechtzeitig abgegolten werden.
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