Der Drahtwurm gefährdet den Erdäpfelanbau in Österreich

Die heimischen Erdäpfelbauern kämpfen mit Trockenheit und Drahtwurm. Dies hat Einbußen bei Erntemenge und Qualität zur Folge. Maßnahmen, die den nachteiligen Trends entgegensteuern, wären dringend notwendig. Ansonsten ist die Versorgungssicherheit gefährdet.

Unzureichende Bekämpfungsmöglichkeiten machen den Drahtwurm zu einer existenzgefährdenden Bedrohung für den heimischen Erdäpfelanbau.

Hitze- und Trocken­stress haben das Erdäpfel-Anbaujahr 2022 geprägt. Vor allem in den nicht beregenbaren Gebieten des Weinviertels mussten die Landwirte Mindererträge und drahtwurmgeschädigte Partien hinnehmen. Etwas besser war die Situation im Waldviertel und in den Bewässerungsgebieten. Doch auch dort hat Drahtwurmbefall die Qualitäten gedrückt.

Erntemenge um 9 % kleiner als im Vorjahr

Die Erdäpfelanbaufläche ging in Österreich von 2021 auf 2022 um rund fünf Prozent zurück und lag bei 21.441 ha. Davon entfielen 7.847 ha auf Speise- und Frühkartoffeln. Im Vorfeld hatte man noch mit weit größeren Rückgängen gerechnet. Die Erntemenge liegt laut vorläufiger Schätzung der Statistik Austria um beinahe neun Prozent unter dem Vorjahresniveau. Rechnet man Absortierungen, die besonders wegen der Drahtwurmlöcher nötig sind, weg, so reduziert sich die Erntemenge noch weiter.

Hohe Verluste durch Drahtwurmbefall

Der Drahtwurm hat in einzelnen Regionen heuer schon sehr früh in der Saison große Schäden angerichtet. Zur Haupternte im Herbst befürchtete man in der Branche eine Wiederholung des Katastrophenjahres 2018. Aufgrund von Drahtwurmschäden ging soviel Ware verloren, dass die heimische Ernte den Inlandsbedarf nicht mehr decken konnte. So schlimm dürfte es heuer nicht kommen, trotzdem sind die Auswirkungen wieder sehr hoch.
Laut einer aktuellen Befragung unter Erdäpfelanbauern durch die InteressenGemeinschaft Erdäpfelbau (IGE) lagen die Ernteeinbußen durch Drahtwurmbefall in den meisten Betrieben bei 10 bis 20 %. Die „Spitzenwerte“ lagen bei 60 bis 80 % Ernteverlust.
Der Großteil der befragten Landwirte hat versucht, das Drahtwurmproblem mit mehreren Bodenbearbeitungsgängen und verkürztem Begrünungszeitraum in den Griff zu bekommen. Deutliche Wirksamkeit bescheinigte dieser Maßnahme allerdings nur etwa jeder vierte Landwirt. Generell halten 73 % der Befragten die bestehenden Möglichkeiten zur Drahtwurmbekämpfung für „unzureichend“, für weitere 16 % sind sie nur „mäßig ausreichend“.

Weniger Fläche bei 85 % der Landwirte

Schwerwiegend könnten die Folgen sein, wenn die Bekämpfungsmöglichkeiten nicht verbessert werden. Hier gaben 70 % der Landwirte an, dass sie die Erdäpfelfläche auf ihrem Betrieb verkleinern würden, 15 % würden den Anbau mittelfristig ganz aufgeben. Lediglich 15 % würden den Anbauumfang beibehalten.
Dies wirft die Frage auf, wie es mit der Erdäpfelproduktion in Österreich weitergeht. In jenen Regionen, in denen nicht mit Bewässerung auf den Klimawandel reagiert werden kann, werden die Flächen zwangsläufig zurückgehen. Die Erdäpfelproduktion ist eine Sparte mit hohem Betriebsmittel- und Arbeitskrafteinsatz. Auf Dauer können die Erdäpfelanbauer es sich nicht leisten, von ohnehin schon niedrigen Erträgen auch noch hohe Abzüge aufgrund von Schädlingsbefall und anderen hitzebedingten Qualitätsminderungen in Kauf zu nehmen. Das kann in Zukunft zu Engpässen in der Versorgungssicherheit führen.

Anbauregionen im Wandel

Einen Teil der Flächenreduktion in den traditionellen Anbaugebieten kompensieren möglicherweise Landwirte in anderen Gebieten. Bei Frühkartoffeln war diese Entwicklung bereits in den vergangenen Jahren zu beobachten. Bei den ganz frühen Heurigen für den Lebensmitteleinzelhandel erfolgt der Erntestart mittlerweile im burgenländischen Seewinkel und in der Steiermark. Erst anschließend starten das Marchfeld und der Raum Stockerau mit nennenswerten Mengen.
Diese Verschiebung der Fläche ist auch bei den Speiseindustriekartoffeln zu sehen. So sinkt die Fläche um das größte Pommes-Verarbeitungswerk in Hollabrunn, während das Burgenland, begünstigt durch Bewässerungsmöglichkeit, in jüngerer Vergangenheit stark an Bedeutung gewonnen hat. Auch in den niederschlagsstabileren Regionen im Raum St. Pölten und seit kurzem auch im westlichen Oberösterreich wird mittlerweile neben Stärkekartoffeln auch Speiseindustrieware produziert.
Die Speisekartoffelindustrie zeigt sich derzeit aufnahmefähig und bietet Verträge an. Gesucht sind noch Flächen in Gebieten, in denen kontinuierliche Erntemengen erwartbar sind. Die Stärkekartoffelfläche wurde gegenüber dem Höchststand im Jahr 2020 etwas zurückgefahren und soll laut Agrana in nächster Zeit stabil bleiben.
Pflanzgut wird nur verhalten bestellt
Die Flächenrückgänge bei Speise- und Stärkeindustrieware wirken sich auch auf den Absatz an Pflanzgut aus. Zur diesjährigen Aussaat konnte ein beachtlicher Anteil des im Inland produzierten Erdäpfel-Saatgutes nicht entsprechend vermarktet werden. Für den Anbau 2023 wird erneut von verhaltenen Saatgutbestellungen berichtet.

Warnstufe Rot – Der Erdäpfelbau befindet sich in einer Phase mit vielen Herausforderungen. Da davon auszugehen ist, dass die trockenen und heißen Jahre auch künftig eher die Regel als die Ausnahme sind, wird es in den traditionellen Anbaugebieten zusehends schwieriger, wirtschaftlich erfolgreich Erdäpfel zu produzieren.
Dazu kommen laufende Einschränkungen beim Pflanzenschutz, weshalb man auf Schädlings- und künftig wohl auch Krankheitsdruck in anderen Bereichen immer weniger reagieren kann. Auch wenn regionale Verschiebungen Ertragsausfälle kompensieren, besteht betreffend die Versorgungssicherheit bei heimischen Erdäpfeln „Warnstufe Rot“.

| DI Anita Kamptner,
Geschäftsführerin der IG Erdäpfelanbau |

- Bildquellen -

  • 2301 W 220722 Drahtwurm: Kamptner, IG-Erdäpfelanbau
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AUTORH.M.
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